Ein Raum gefüllt mit Menschen. Auf weißen Stühlen sitzen sie aufgereiht und warten. Vor ihnen erstreckt sich ein großes Podium. Es ist leer und einzig ein schwarzglänzendes Mikrofon bietet einen Ausblick darauf, was bevorsteht. Aus dem Publikum wandern vereinzelt verstohlene Blicke gen Bühne und es liegt etwas in der Luft – Erwartungen. All diese Menschen mit ihren diversen Hintergründen haben verschiedene Motivationen für ihren Besuch. Doch eines haben sie gemein – sie wollen inspiriert und unterhalten werden, sie möchten etwas Neues lernen. Jeder Redner ist mit diesen hohen Ansprüchen konfrontiert. Genau das ist das Ziel eines guten Vortrags: Nachhaltig in den Köpfen der Zuschauer haften zu bleiben. Denn sobald die Menschen den Saal verlassen, sollte die Rede nachhallen. Doch wie erreicht ein Redner das?
Das menschliche Gehirn ist ein neuronales Datenverarbeitungssystem. Zwar ist es ausgesprochen effizient, doch aufgrund unserer heutigen Gesellschaft und ihres überfüllten Alltags überreizt. Morgens stehen wir auf, begleitet von dem Monolog, der aus den Lautsprechern unseres Radios schrillt. Auf dem Weg zur Bahn lesen wir Zeitung oder checken News auf unserem Smartphone, unterhalten uns mit Kollegen, wir scrollen durch unseren Facebook-Stream, wir arbeiten, lesen Online-Nachrichten…die Liste könnte ewig weitergehen. Täglich konsumieren wir eine unerschöpfliche Menge an Informationen. Wie schafft der Redner es also, sich von anderen Impulsen abzuheben und wirklich in Erinnerung zu bleiben? Indem er sich des traditionsreichsten Prinzips bedient: er erzählt seine Geschichte.
Die Hirnforschung bestätigt: Das menschliche Gehirn speichert die Daten der Außenwelt in Form von Geschichten. Allerdings gibt es unendlich viele Stories, wie Michael Ende bereits in seiner Unendlichen Geschichte nach jedem Kapitel mit dem Satz demonstrierte: „Aber das ist eine andere Geschichte…“. Welche Story wirklich zur Rede, dem Anlass und dem Publikum passt, ist diejenige, die zum Redner passt. Denn erst wenn sich der Vortragende in der Geschichte wiedererkennt, kann er diese auch authentisch wiedergegeben. Vor allem die persönlichen Erfahrungen, die er gesammelt hat, geben jeder Erzählung die nötige individuelle Note, wie beispielsweise die berühmte Rede von Steve Jobs an der Stanford University beweist. Was die Menschen berührt, bleibt auch langfristig in ihrem Kopf. Emotionen unterstützen das Gehirn beim Memorieren. Somit macht die Geschichte alleine den Vortrag nicht aus, sondern die Art wie sie übermittelt wird. Erst wenn der Redner selbst seinen Vortrag fühlt, kann er dessen Botschaft auch transportieren. Auf diese Weise bleibt die Rede im Kopf.
Jede Geschichte hat einen klaren roten Faden. Sie beginnt mit einem mitreißenden Aufhänger, der Hook. Dabei sollte nicht unbedingt der Klassiker „Es war einmal“ von Gebrüder Grimm herhalten. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, allerdings ist es wichtig, dass der Einstieg Lust auf mehr macht. Dies kann beispielsweise mit einer Frage gelingen: „Was passiert eigentlich mit Ihrem Elektronikmüll?“. Viele Redner unterschätzen die Intelligenz ihrer Zuhörer. Häufig sind es all jene offengelassene Aspekte, die rhetorischen Fragen, die im Publikum wiederhallen und die sie beantwortet haben möchten.
Wenn der Start geglückt und das Interesse geweckt ist, heißt es, die Leute bei der Stange zu halten, das Hold. Da viele Redner sich eher auf den Einstieg und das Ende konzentrieren, wird dieser Teil häufig vernachlässigt. Gerade die Konflikte und Hindernisse der Erzählenden führen zum Spannungsaufbau. Eine gute Alternative: eben nicht die klare und voraussehbare Struktur einzuhalten. Manchmal ist es hilfreich, einfach aus dem Gewohnten zu brechen und neue Rätsel zu eröffnen.
Vor der Wahl der Geschichte sollte klar sein, warum es gerade DIESE Geschichte sein sollte. Was ist die genaue Botschaft? Die Key Message ist der Höhepunkt der Story und das, woran sich die Zuhörer bis zum Ende erinnern sollen – das Payoff. Wenn diese dem Redner nicht bewusst ist, wird auch das Publikum sie nicht ergründen können und die Rede wird als Zeitverschwendung wahrgenommen.
Während der Gestaltung des Vortrags sollte sich der Redner in die Zuschauer hineinversetzen. Das Publikum hat nur die Stimme und das Gesagte vom Sprecher. Daher sollte der Inhalt nicht mit komplizierten Formulierungen angereichert sein, sondern eine eindeutige und klare Leitidee transportieren. Diese hilft dem Publikum, der Rede folgen zu können. Da sich das Gehirn leichter an bildhafte Beschreibungen erinnert, braucht das Publikum keine abstrakten Darstellungen, sondern klare Bilder. Statt eines Baumes, kann es ruhig genauer sein, z.B. ein, von der schweren Last der saftigen, gelbleuchtenden, reifen Zitronen, sich beugender Baum. Das Bild im Kopf begünstigt die Hirnareale dabei, die Geschichte zu speichern. Wenn diese Tipps bei der Ausarbeitung beachtet werden, steht einem gelungen Vortrag nichts im Weg. Das Wichtigste ist: Wenn der Sprecher Lust und Freude an der Rede hat, überträgt sich dies auch aufs Publikum.
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