Startups, Entrepreneure, Big Brands – die Begriffe klingen agil, spannend und nach interessanten Geschichten. KMU dagegen – klein und mittelständisches Unternehmen – ist ein Begriff der so sperrig ist wie das Image der Branche. Dabei haben die gewachsenen Familienunternehmen, Handwerksbetriebe mit Erfahrungen oder kleine Restaurants interessante Geschichten zu erzählen. Geschichten, die sie geprägt haben, zu der Marke geformt, die sie heute sind und verkörpern. Anders als KMUs haben es Marken wie Zalando, Coca Cola, Apple und Co. auf den ersten Blick natürlich etwas einfacher, ihr Produkt in Geschichten zu bewerben. Trotzdem können kleine und mittelständische Unternehmen ihr Branding gestalten und erzählen. Content Marketing nach Maß heißt hier die Devise.
FritzGlock Fenster.Türen.Speziallösungen. – klingt zunächst nach täglichem Spachtel, Leim und Filiale im Industriegewerbepark. Doch die Geschichte hinter dem Familienbetrieb beginnt 1929 mit dem Urgroßvater im Thüringischen Kraftsdorf und einer kleinen Tischlerei, Sie erzählt von dem Großvater, dessen Namen der Betrieb bis heute trägt. Von dem Wohnzimmer der Familie, das als Besprechungsraum und Büro dient. Gewachsen mit technologischem Fortschritt ist es heute die Enkelin, die seit 17 Jahren zusammen mit ihrem Ehemann das Unternehmen mit 30 Mitarbeitern führt. Der Weg von der kleinen Tischlerei bis heute ist ein steiniger und spannender, von Ups und Downs einer Unternehmerexistenz mit historisch interessanten Einlassungen etwa zum schweren Stand des Handwerks in der DDR. Doch all das hätte kein Kunde, kein Leser erfahren, hätte die Enkelin und heutige Chefin Katrin Höfer geb. Glock die kurzweiligen Storys der vier Generationen nicht in ihrem Buch „Fenstergeschichten“ zusammengetragen.
Warum Storytelling für das Unternehmen funktioniert: Anekdoten von heute, Erinnerungen an die Anfangsjahre, an erste Verbandstreffen nach der Wende sind in persönlichen Kurzgeschichten aufgeschrieben. Charakterisierungen des Gründers wie
„Er hatte für jeden ein Wort übrig, jedoch nicht unbedingt ein freundliches“
sowie Eingeständnisse über eine fehlerhafte Buchhaltung, die rote Zahlen zur Folge hatten, aber auch die Freude über erste Erfolge sind Storytelling pur. Sie geben dem kleinen Unternehmen ein Gesicht. Sie transportieren Werte.
Das Buch mit der Unternehmergeschichte ist ein Beispiel dafür, wie aus dem KMU FritzGlock Fenster.Türen.Speziallösungen ein Gesicht wird. Und Gesichter bleiben im Gedächtnis.
Die Schweizer haben das Storytelling zwar nicht erfunden, trotzdem kommt das zweite Best-Practice Beispiel aus dem Alpenland: Heidi & Tell Burgers. Ein kleines Unternehmen mit Burger-Laden am Zürcher Bahnhof Enge und zusätzlichen Foodtrucks hat es sich zur Aufgabe gemacht, der in Verruf geratenen Fastfood-Branche einen Stempel der Nachhaltigkeit aufzudrücken. Wie sie ihre Botschaft in Storytelling verpacken? Zunächst ist ihre Geschichte unter dem Punkt „Prinzipien und Werte“ auf der Webseite zu finden: Ohne künstliche Farbstoffe, Konservierungsmittel, verpackt in vollständig biologisch abbaubare Verpackungen bzw. kompostierbar ist das Produkt des kleinen Unternehmens. Das stellt das Unternehmen Heidi & Tell als Mentor seinen Kunden zur Verfügung, die durch den Verzehr als Helden glänzen können:
„Indem Du bei uns isst und trinkst, hilfst Du nicht nur Dir groß und stark zu werden, sondern auch unserem Planeten und unserer lokalen Wirtschaft, da wir hier unsere Steuern bezahlen, mit hiesigen Lieferanten arbeiten und unseren Mitarbeitern ein anständiges Salär ausrichten. Letzten Endes sollten wir uns ja alle beim – verantwortungsvollen – Essen und Trinken gut fühlen.“
Zusätzlich hat Heidi & Tell als KMU die Kampagne „SOMETIMES YOU HAVE TO GET YOUR HANDS DIRTY“ ausgerufen. Frauen werden abgebildet, die auch in ihrem Job die Hände schmutzig machen müssen und für etwas kämpfen – so wie der Gast mit dem Burger in der Hand. Ein Beweis dafür, dass Storytelling für KMUs kein riesiges Budget braucht und auch nicht nur bei großen Brands gelingt.
Doch wie findet ein kleines oder mittelständisches Unternehmen seine eigene Unternehmensgeschichte? So wie alle anderen großen Brands auch – indem es sich zunächst durch Fragen auf die Suche begibt. In dem Buch „Storytelling für Unternehmen“ sind dafür Fragen aufgelistet, die eine Hilfestellung sind. Hier ein kleiner Auszug:
Das Unternehmen als Mentor
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