Der Held der eigenen Geschichte – Mit Storytelling zum Praktikum
Seit einer Weile bin ich bei Mashup Communications für die Auswahl der Praktikanten zuständig. Dazu gehört, dass ich fast täglich Bewerbungen lese, viele Gespräche führe und eine Menge Menschen kennenlerne. Allen ist gemein, dass sie das Gleiche wollen, aber dennoch unterscheiden sich vor allem die Anschreiben. Jeder kennt es: Wenn ein Buch, das man liest, einen nicht nach den ersten Seiten packt, liest es sich zäher. So ist es auch bei Bewerbungen. Ebenso sind spannende Geschichten und Erlebnisse oft gute Hinweise darauf, wie jemand Herausforderungen meistert oder mit Niederlagen umgeht. Anhand eines besonderen Beispiels zeige ich, dass eine packende Story manchmal wichtiger ist als ein perfekter Lebenslauf.
Von Herausforderungen und Niederlagen – Spannung erzeugen
„Liebes Mashup-Team, mein Name ist Isra. Ich bin 20 Jahre alt und brauche euch! Vor kurzem habe ich einen gewaltigen Schritt gesetzt, um meinem Ziel, ein zufriedenes Leben mit erfüllendem Job zu haben, einen Schritt näher zu kommen: Ich habe mein Studium abgebrochen.“
(Auszug aus einer Bewerbung)
Cliffhanger! Und Isra hat meine volle Aufmerksamkeit, denn ich möchte unbedingt wissen, warum sie ihr Studium abgebrochen hat. Bewerbungen funktionieren ähnlich wie eine gute Geschichten. Ist sie spannend, wird sie bis zum Ende gelesen und die Chance, eingeladen zu werden, steigt. Isra hatte damals übrigens ihr Architekturstudium abgebrochen und wusste nur, dass sie gern schreibt, viel redet und kreativ ist. Sie schrieb über ihre bisher größte Niederlage und bewies damit Mut. Ihre Ehrlichkeit und der Wortwitz wogen daher mehr als ihr fast blütenweißer Lebenslauf.
Heldenreise statt Zeugnisse – Persönlichkeit vor Lebenslauf
Praktikanten sollen bei uns so viel wie möglich mitnehmen und/oder herausfinden, ob der Job etwas für sie wäre. Wir suchen keine perfekten Kommunikationsmanager, PR-Berater oder Super-Texter für diese Stelle. Dennoch bin ich immer wieder überrascht, wie lang der Lebenslauf vieler Anfang 20-Jähriger bereits ist. Statt nun alle Stationen chronologisch aneinanderzureihen, lohnt es sich jedoch, eine Geschichte darum zu entwickeln. Wer sich bei einer Storytelling-Agentur bewirbt, der kann also in der Bewerbung schon zeigen, ob ein kleiner Geschichtenerzähler in ihm steckt. Eine Bewerberin erzählte mir zum Beispiel, ihre größte Herausforderung im Leben war, als sie allein mit 18 Jahren ins Ausland ging, dort ein starkes Erdbeben war und sie völlig auf sich allein gestellt, ohne Gepäck klarkommen musste. Sie hat kurz überlegt, abzubrechen, aber zog es dann doch durch und ist gestärkt aus der Geschichte herausgekommen. Diese Story aus ihrem Leben zeigt, dass sie sich auf neue Situationen einlassen kann und ihnen mutig entgegentritt.
Happy End oder: Die Moral von der Geschichte
Die eigene Story muss keine Tragikomödie sein, wie in Isras Bewerbung. Auch Thriller, Krimis oder andere Genres sind nicht nötig – vor allem sollte es kein Märchen sein. Wichtig ist allerdings, dass wir erkennen, warum sich jemand bewirbt und wir uns ein Bild der Person machen können.
Isra hat nach einem Kennenlerngespräch ein Praktikum bei uns gemacht. In dieser Zeit hat sie gemerkt, dass sie Lehrerin werden möchte und nicht beruflich, sondern lieber privat schreibt. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis und sorgt für eine weitere Station auf der eigenen Heldenreise.
Und hoffentlich hat Isra dennoch etwas Storytelling-Elixier mitgenommen und vermittelt unseren zukünftigen Praktikanten bald mithilfe von Geschichten den Lehrplan.
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25. November 2024