„Al Gore is so boring. His secret service code name is Al Bore.“ Damit startete Mark Katz seine Rede 1993 auf das Weiße Haus. War also von vornherein klar, dass er die Wahl zum vermeintlich wichtigsten Job der Welt nicht gewinnen konnte? Präsident der Vereinigten Staaten – ein Traum, der im Jahr 2000 für Al Gore zum Greifen nah schien. Doch dann verwies ihm die Stimmauszählung in Florida auf den zweiten Platz und damit in seine größte Niederlage. Der über Monate andauernde, kräftezehrende Wahlkampf endete mit Schlagzeilen wie „schlechter Verlierer“, „Girlie Man“ oder „Langweiler“.
Es haben schon weitaus weniger prominente Anlässe genügt, um Personen heimlich von der öffentlichen Bildfläche verschwinden zu lassen und so schien die Zukunft für Gore vorprogrammiert Doch kaum einer hat die Gemüter und Meinungen der letzten Jahre so bewegt, wie eben dieser Verlierer der 2000er Präsidentschaftswahlen.
Über zehn Jahre, einen Oscar und Friedensnobelpreis später: Der gleiche Mann ist nun omnipräsent auf den Bühnen der Welt, begeistert Massen mit seinen Reden und Büchern, organisiert Konzerte und Panels. Wer hätte das jemals vernutet?
Manchmal muss man erst fallen, um seine ganz persönliche Mission zu erkennen. 950 Stimmen entschieden über Gores neuen Weg. Was sich im Wahlkampf noch nicht deutlich abzeichnete, holte ihn mit dem finalen Ergebnis umso stärker ein: Alle, auch er selbst, hatten sich des Sieges sicher gewähnt. Doch sein sprödes Auftreten, seine einfallslosen Themen, die keine Authentizität erkennen ließen, und ein fehlendes Profil forderten ihren Tribut in der Gunst der Wähler. Mit Sicherheit setzte Gore auf die falschen Pferde in seinem Beraterstab. Anders lässt sich sein Wahlkampf nicht erklären:
Anstatt auf echte Herzprojekte zu gehen und die Wähler für Zukunftsprobleme zu sensibilisieren, bewegte er sich – wie viele andere zuvor – auf den ausgetretenen Pfaden der Politik, seriös und glatt. Sicher ist eben sicher. Und die Vergangenheit zeigte, dass die Zeit für umweltpolitische Themen noch nicht reif war. Der Fall und damit die öffentliche Häme waren also das Beste, was ihm und letztlich den Menschen rund um den Erdball passieren konnte.
Was wünscht man sich am meisten von Politikern? Das, was gerade Kevin Kühnert in seiner bundesweiten NoGroko-Kampagne vormachte: konstruktiver Diskurs, bei dem es um mehr geht als bloßer Stimmenfang. Was lang in Gore brodelte, kämpfte sich mit den Anschlägen des 11. September und Bushs geplantem Irak-Krieg 2002 langsam an die Oberfläche. Seine ganz eigene Mission stand in den Startlöchern. Wie sehr Gore in dieser aufgeht, spürt der Zuschauer sogar hinter seinem TV-Gerät. Charismatisch nimmt er seinen Zuhörer und Leser mit auf eine Reise, der man sich schwer entziehen kann.
„The planet has a fever. If your baby has a fever you go to the doctor, if the doctor says you need to intervene here, you don’t say, ‚Well, I read a science fiction novel that told me it’s not a problem.‘ If the crib’s on fire, you don’t speculate that the baby is flame retardant. You take action.“
Mit einfacher, aber gewaltiger Bildsprache macht er die heraufziehende Klima-Katastrophe für jeden greifbar. Natürlich nicht ohne den obligatorischen Moral-Zeigefinger. Dafür aber mit Lösungsideen und Konzepten, die nichts mehr mit seinem schwammigen Auftreten im Wahlkampf zu tun haben. In seinen Talks arbeitet er zwar mit wissenschaftlichen Grafiken und vielen statistischen Zahlen, um die Dringlichkeit des Wandels zu signalisieren. Er „übersetzt“ diese aber in verständliche Beispiele und Vergleiche, mit denen sich jeder Zuhörer in seinem Alltag identifizieren kann. Besonders greifbar war dies in seinem Ted Talk über die Entwicklung der Eisdecke in Grönland. Eindrücklich verglich er das Eis mit einem pulsierenden Herzen, während die Animation über die saisonale Bewegung der Gletscher tatsächlich an ein menschliches Herz und Blutbahnen erinnern. So baut er die emotionale Distanz zum Publikum ab.
Aber auch der offene Umgang mit Gegenstimmen, die ihm aus den Lobbys entgegenschlagen, unterstreicht seine Authentizität und zeigt, wie sehr er sich in seiner Mission auseinandersetzt, ohne dabei polemisch zu wirken.
Der Erfolg gibt ihm Recht, und man merkt, dass Gore in seiner Rolle endlich angekommen ist und sein Publikum zielsicher lotst.
Aus dem behüteten Baptistensohn aus Tennessee, einst gelehrigen Musterschüler und Harvard-Absolventen ist jemand geworden, der mit Rappern und Rockern per Du ist und anderen Politikern auf der Welt Paroli bietet. Nicht nur Millionen Amerikaner, sondern gleich Milliarden Menschen auf der Welt möchte er ansprechen. Und was motiviert am meisten? Gute Nachrichten, die trotz der vielen globalen Baustellen bereits erreicht wurden. Genau diese Meilensteine machen angesichts der großen Aufgabe Mut, weiterzugehen und die Challenge anzunehmen.
Inzwischen gilt er deshalb als Prophet. Seriös ist Gore allerdings immer noch, denn es gilt ja nicht nur die Massen zu begeistern, sondern auch mit gutem Beispiel voranzugehen, wie etwa einen Hybrid zu fahren oder möglichst ökologisch zu reisen (was bei Gores Terminkalender tatsächlich eine Challenge ist). „Die Politik liegt hinter mir“, so Gore, aber so ganz verabschieden kann er sich dennoch nicht. Denn auf seiner Mission sind noch einige Meilensteine zu erreichen auf den entscheidungstragenden Parketten dieser Welt.
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