Die Welt stand für eine Sekunde still, als der Tweet am 21. Februar um 23:50 Uhr (GMT-7) die Massen erreichte. Er versetzte einen riesigen Bürokomplex in Los Angeles in Panik, bedroht bis heute die Existenz von über 3.000 Mitarbeitern und dürfte Mark Zuckerberg ein kleines Lächeln ins Gesicht gezaubert haben: Kylie Jenner findet das neue Design von Snapchat blöd! Die eigentlich belanglose Aussage einer jedoch sehr einflussreichen Frau markiert einen neuen Tiefpunkt des 2011 von Evan Spiegel gegründeten Foto-Messengers. Acht Prozentpunkte, übersetzt 1.5 Milliarden Dollar, verliert die Mobile-App an Börsenwert nach Jenners Twitter-Rufmord-Angriff und muss nun schnell für Anleger und Werbetreibende attraktiver werden. Buchbare Story Ads, nicht überspringbare Kurzwerbung und gebrandete Gesichtsfilter – wie funktioniert Marketing und Storytelling für Unternehmen auf Snapchat und was werden die Kardashians und die übrigen 200 Millionen Nutzer davon halten?
Bei der Zahl an sozialen Medien, deren Apps unsere Homescreens mehr und mehr füllen, sei es verziehen, die Besonderheiten eines weiteren Messengers nicht so genau zu kennen. Stellen wir Snapchat also eben kurz vor: Gestartet ist die App, die ausschließlich fürs Smartphone verfügbar ist, vor sieben Jahren mit einer revolutionären Idee. Fotos, die sich User zusenden, werden nach einmaligen Anschauen gelöscht! Als „The Zen of Social Media“ wurde die Applikation gefeiert – gegen Datenspeicherung, gegen die für die Ewigkeit bleibende Selbstdarstellung. Die Funktion, mit den Schnappschüssen („Snaps“) eine eigene Storyline zu erstellen, wurde fünf Jahre später vom Konkurrenten Instagram mit den Instagram-Stories übernommen (ähnlich bei Gif-Stickern). Nach und nach erweiterten die Entwickler von Snap Inc. das Angebot. Heute ist Snapchat dank lustiger Filter und Lenses vor allem bei Teenagern beliebt. Passend dazu launchte die App mit den Snappables nun kleine Augumented-Reality-Spiele.
Das Format der aus Snaps zusammengesetzten Storyline überzeugt nach wie vor und bleibt, wie Instagram etwas später erkannte, prädestiniert für jede Form des Geschichtenerzählens. Man kann durchaus behaupten, dass Snapchat mit der Idee von vergänglichen Posts eine neue Form des Storytellings erfand oder zumindest die Türen für sie öffnete. Kein anderer Messenger gelangte mit seinem Konzept so nah an die Lebenswirklichkeit seiner User. Es gibt keinen dritten Versuch für ein Foto, kein lästiges Finden von Hashtags – die Gestaltung der Posts mit Special Effects ist spielerisch, fast genial an die organische Kommunikation zwischen den Usern angepasst. Schalten Unternehmen „Snap Ads“, die zwischen den Stories der User gezeigt werden, sollten sie diese dem authentischen Stil anpassen, sonst droht der Bruch zum Persönlichen sehr markant zu wirken. Unternehmen haben dennoch die Möglichkeit, Gesicht zu zeigen, hinter die Kulissen schauen zu lassen, Personen vorzustellen; und das Ganze in einer unbeschwert witzigen Atmosphäre. Bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die App nicht für alle Branchen geeignet ist, und auch, dass schlechtes Content-Marketing sofort ins Auge springt. Snapchat öffnete erst vor kurzer Zeit seine Plattform für Programmatic Advertising. Doch das bleibt nicht die einzige Veränderung, die dem amerikanischen Unternehmen wieder mehr Einnahmen bringen soll.
Nein, Snap Ads scheinen wenig charmant in der jahrelang werbefreien Welt von Snap. Neue Werbeformate kamen und kommen. Sie überzeugen durch clevere Integration ins Produkt. So können Unternehmen nun auch selbst drei- bis zehnteilige Stories wie User produzieren und sogar programmatisch buchen. Ein bislang einzigartiges Modell bietet Snapchat mit den Sponsored Lenses. Ob Dove oder Barcardi – Unternehmen platzieren gebrandete Gesichtsfilter für 24 Stunden auf der App und messen dann eine ganz neue KPI: Die „Average Unique Play Time“ gibt Aufschluss, wie lange User mit den angebotenen Lenses gespielt haben, unabhängig davon, ob ein Bild hochgeladen wurde.
Dass User interaktiv mit einem Unternehmen Zeit verbringen und im besten Fall das Ergebnis in ihre private Storyline übernehmen, ist ein innovatives Storytelling-Tool. Das Unternehmen präsentiert sich als Mentor, der dabei hilft, lustig, schön oder einfach nur cool zu sein. Gleiches bietet die App auch für Filter zu großen Veranstaltungen oder Ereignissen an und schafft damit viele kleine Influencer für Businesspartner. In Kooperation mit Adidas zeigt Snapchat in den Vereinigten Staaten dann schon, wohin der Weg auch in Deutschland führen kann. „Shoppable AR“ nennt sich das Modell und kombiniert die Lenses mit E-Commerce.
Taucht man in die Welt der Snap Inc. ein, stolpert man nicht selten über Innovationen. Und das nicht nur im AR- oder Marketingbereich. Das Unternehmen, dessen Grundgedanke der eines Storytellers war, hebt sich immer weiter von Konkurrenten wie Facebook oder Instagram ab. Was ist also der Grund, wieso nur Konzerne auf Snapchat werben? Es ist leider nicht ganz billig. Ein mittleres fünfstelliges Budget muss vorhanden sein, um die neuen Tools zu nutzen. Nichtsdestotrotz eignet sich die App für Marken, die sich kommunikativ und offen zeigen möchten. Und übrigens: Kylie Jenner nutzt es auch wieder.
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