Gute Besserung!? Storytelling in der Pharmabranche
Denkt man an die Pharmabranche fallen einem eher Skandale, unangenehme Krankheitsbilder, trockene Fakten und natürlich Risiken und Nebenwirkungen ein. Dabei bietet der Bereich den perfekten Nährboden für gutes Storytelling. Geht es im Kern doch immer um eines: die Gesundheit des Menschen. Ein emotionalerer Aufhänger lässt sich quasi kaum finden.
Von bitteren Pillen zu echten Geschichten: Wie Pharmafirmen mit Storytelling punkten können
„Gibt es da auch etwas von Ratiopharm?“ Leider nicht. Bisher wird der Bereich Storytelling in der Branche besonders in Deutschland eher stiefmütterlich behandelt. Selbst die größten Unternehmen erzählen in ihren Kampagnen selten mehr als gedächtnisträchtige Slogans. Wir finden das schade und zeigen, was Storytelling im Pharmabereich leisten kann und welche Konzerne mit gutem Beispiel voran gehen.
Die Branche bewegt sich in einem sehr sensiblen Gefüge zwischen forschender Pharmaindustrie, Patient:innen und Mediziner:innen. Objektiv steht die Behandlung von Krankheiten mit höchstwissenschaftlichen Mitteln und auf komplexer Forschung basierender Medikamente im Fokus der Arbeit.
Menschen statt Krankheiten: Echte Geschichten erzählen
Auf emotionaler Ebene geht es aber immer um Menschen und ihr Wohlbefinden. Genau das sollte also auch in der Kommunikation mit den Zielgruppen im Vordergrund stehen. Es geht nicht um die Krankheit. Es geht um den oder die Betroffene:n, der oder die durch die Therapie mit den richtigen Präparaten geheilt wird. Oder zumindest ein großes Stück Lebensqualität zurückgewinnt.
Das wiederum ist nicht nur spannend für die Patient:innen. Auch in der Arbeit mit Mediziner:innen, die zeitlich sehr eingebunden sind, hilft die Kommunikation über Geschichten. Anstatt reine anonyme Fallstudien, Wirkweisen und Statistiken zu präsentieren, können auch sie mit echten Fällen, Namen und Gesichtern angesprochen werden. Die Vorzüge der Therapie für die eigenen Patient:innen werden so auf einen Blick ersichtlich.
Ein schönes Beispiel liefert die Kampagne „Ich bleibe ich. Trotz MS.„, die Pharmaunternehmen Roche auf die Beine gestellt hat. Bei der Autoimmunerkrankung, die meist in Schüben verläuft und sich von Patient:in zu Patien:in sehr unterschiedlich zeigen kann, liegt ein großer Fokus der Behandlung darauf, gemeinsam mit Neurolog:innen die besten Therapieoptionen für den individuellen Alltag zu finden.
Gerade weil der Weg dabei so vielfältig sein kann, berichten auf der Kampagnenseite ganz unterschiedliche Protagonist:innen über ihr Leben mit der chronischen Erkrankung. Das macht nicht nur Hoffnung für Betroffene, die ihre Diagnose vielleicht gerade erst bekommen haben, sondern stärkt auch das Vertrauen darin, dass die Lebensqualität mithilfe der richtigen Therapie sehr hoch bleiben kann.
Gesellschaftliche Phänomene als Aufhänger: Altwerden mit Bayer
Doch es muss nicht immer nur um einzelne Krankheitsbilder gehen. Wie Pharma-Riese Bayer auf seiner speziell dafür eingerichteten Content-Page „Gesundes Altern #voranbringen“ zeigt, können sich Pharmaunternehmen auch gesellschaftlichen Herausforderungen stellen. So positionieren sie sich als Mentor:innen für ganze Generationen. Oder habt ihr schon mal darüber nachgedacht, was es alles mit sich bringt alt zu werden? Bayer hat da etwas für uns! Sei es für ein gesundes Herz oder einfach für ein bisschen Inspiration. Mit schön aufbereiteten Storys, Ratgebern und inspirierenden Zitaten auch abseits von Wehwehchen und Krankheiten stärkt die Firma die Markenbindung. Und damit kümmert sich schon jetzt um die Kund:innen von morgen.
Komplexe Forschung verständlich erklärt: Storytelling als Wissensvermittler
In der Pharmabranche geht es nicht nur um sehr sensible und teils private Themen. Viele Inhalte sind für Laien schlichtweg auch schwer zu verstehen. Storytelling kann also auch eine Chance sein, um komplexe Inhalte für die Zielgruppen verständlich zu machen. Warum immer nur medizinisch und steril über die Wirkweise von Medikamenten sprechen? Stattdessen kann man den Vorteil über simple Geschichten, Vergleiche oder auch Grafiken für Jedermann oder -frau nachvollziehbar machen.
Content Marketing ist hier die perfekte Basis, um die Masse an möglichen Themen übersichtlich zu gliedern und aufzubereiten. Auch hier liefert Bayer mit seinem offiziellen Online-Magazin ein wunderbares Beispiel. Neben allgemeinen Gesundheitsratgebern finden sich hier auch persönliche Storys zu Bayer-Mitarbeiter:innen oder Insights in verschiedene Fachgebiete, wie z.B. die Krebsforschung. Alle Inhalte sind dabei stets mit Bezug zum Menschen und verständlich aufbereitet. So machen sie den anonymen Großkonzern nahbarer.
Aufklärung als Chance: Mit Storytelling Awareness für seltene Krankheitsbilder schaffen
Eine weitere enorm große Chance von Storytelling in der Pharmaindustrie ist die Aufklärung über kaum bekannte oder unterschätze Krankheitsbilder. Es gibt immer noch eine Reihe seltener Erkrankungen, die in der Gesellschaft wenig bis keine Beachtung erfahren. Betroffene haben es damit auf mehreren Ebenen schwer. Zum einen durchlaufen sie häufig einen teils jahrzehntelangen Leidensweg, bis ein Arzt die Symptome richtig deutet und durch die Diagnose eine erfolgreiche Therapie anstößt. Andererseits werden sie und ihre gesundheitlichen Probleme von Mitmenschen oft nicht ernst genommen, solange diese die Beschwerden nicht einer existierenden Krankheit zuordnen können. Die Pharmaindustrie hat hier die Aufgabe, über diese so genannten Orphan Diseases aufzuklären. Gute Storys helfen ihnen dabei auf die Sprünge.
Ein spannendes Beispiel bietet die Kampagne #wiedu der Community LoudRare. Von Betroffenen entwickelt und umgesetzt sowie von diversen Pharmaunternehmen unterstützt, berichten die Macher auf Social Media nicht nur über ein seltenes Krankheitsbild, sondern indikationsübergreifend gleich über alle! Denn zu erzählen gibt es in diesem Bereich viel, sind doch allein in Deutschland über 4 Millionen Menschen an einer Orphan Disease erkrankt!
Auf den Kanälen geht es aber nicht (nur) um Symptome und Fallakten, sondern die ganz persönlichen Storys von Erkrankten und ihrem Leben (inzwischen sogar mit prominenter Unterstützung). Die Community gibt Einblicke, erklärt in ihren ganz eigenen Worten und stellt ihre Herzensthemen und -projekte vor. So geben sie den oft unsichtbaren oder unbeachteten Krankheitsbildern eine Bühne und vor allem ein Gesicht und zeigen: Betroffene sind mehr als ihre Krankheit – sie sind Mensch #wiedu!
Held:innen in den eigenen Reihen: Storytelling fürs Employer Branding
Da die Branche mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat, kommt für zahlreiche Menschen eine Karriere im Pharmabereich aus moralischen Gründen gar nicht in Frage. Pharmaunternehmen müssen deshalb natürlich auch die Markenbindung zu bestehenden und potenziellen Mitarbeiter:innen durch aktives Employer Branding stärken. Nur so lassen sich qualifizierte Teammitglieder gewinnen.
Ein schönes Beispiel hierfür liefert der Konzern Merck mit seiner Karriereseite. Unter dem Motto „Entfalte das Besondere mit uns“ setzen sie die Arbeit im Konzern in einen neuen Kontext und sprechen Talente auf allen Ebenen an. Mit einer emotionalen Bilderwelt und schönen Vergleichen erzählt das Unternehmen seine Geschichte und zeigt dabei das breite Spektrum seiner Forschung.
Wertekommunikation als Stützpfeiler im Pharma-Storytelling
Auch eine gute Werte-Kommunikation ist für das Employer Branding in einem so sensiblen Bereich wie der Pharmabranche unerlässlich. So wird Identifikationspotenzial zwischen Unternehmen und (potenziellen) Mitarbeiter:innen geschaffen. Ein schönes Beispiel hierfür liefert die good healthcare group, die ihren Werten einen eigenen Bereich ihrer Webseite einräumt.
Der Pharmakommunikation eröffnen sich durch Storytelling zahlreiche Chancen, ihre Zielgruppen besser und nachhaltiger zu erreichen. Dabei beschränkt sich das nicht nur auf die Ansprache der Patient:innen. Auch Mediziner:innen und Apotheker:innen wollen im stressigen Alltag nicht mehr über bloße Fakten angesprochen werden. Menschliche Geschichten statt Fallakten schaffen es, die Gesundheitsexpert:innen zu involvieren. Das ist gerade im Bereich der Aufklärung über komplizierte und seltene Krankheitsbilder unabdingbar, um die Diagnoserate zu erhöhen und Betroffenen zu helfen.
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