Schon im letzten Sommer kündigt ALDI Nord an, die Einweg-Plastiktüte aus ihren Märkten zu verbannen. Doch mit der blau-weiß gestreiften Einkaufstasche macht der Discounter nicht nur einen Schritt in eine nachhaltigere Zukunft. Mit dem Abschied geht auch ein Kultobjekt in Rente. Nach der Ankündigung haben Kund:inen allerdings lange nichts mehr von ALDIs Plänen gehört. Gespannt wie ein Flitzebogen, was denn passieren wird, versuche ich mich wie viele andere mit Insta-Stories zu beschäftigen. Plötzlich schleicht es sich ein: „Jetzt ist Schluss mit der Tüte!“ ruft ein Nachrichtensprecher durch ein Megafon in die Filiale. „Hier ist die Neue!“ und präsentiert den Kund:innen mit einer Tasche, die zwar gleich aussieht, aber aus recyceltem Material hergestellt wird. „Endlich eine, die bleibt!“
Im dreiteiligen Insta-Story-Format „Tütenschau“ inszeniert die Supermarktkette ihre weltbewegenden News. Wie die Aktion dabei abschneidet, im diesmonatigen Kampagnen-Check.
Dass die Abschaffung einer Tüte eine große Ankündigung in Kampagnenform braucht, ist vielleicht etwas weit hergeholt. Viele Unternehmen adaptieren nachhaltige Arbeits- und Produktionsprozesse, doch nur wenige wählen diesen Weg. Da ALDI Nord allerdings den Kultwert ihrer blau-weißen Einkaufstasche erkennt, die in Teil 2 der Tütenschau-Reihe von den 80ern bis heute erklärt wird, stieß das Unternehmen auf Story-Gold. Über die Jahre wurde die Tasche nämlich allzu oft zweckentfremdet. Viele werden sie kennen als Schlittenersatz, Fahrradschutz oder auch als Fashion Statement. Mit ihrer Mikro-Kampagne zahlt ALDI Nord nun Hommage an etwas, mit dem einige groß geworden sind – interessanterweise auf einem Kanal, der mit über 90% an unter 35-jährigen doch eine jüngere Zielgruppe adressiert.
Damit die Gesellschaft nicht in Trauer verfällt, kündigt ALDI Nord in Episode 3 ihr Sortiment nachhaltiger Einkaufstaschen an. Dieses wird glatt von Oma Ehrlich bewertet – einer weiteren und älteren Werbefigur, die besonders auf ihrem Instagram Kanal bekannt sein sollte. Mit Ruhrpott-Charme deklariert diese auf die Frage, ob sie die neuen Taschen bereits nutzt: „Guck mal, was da hinten steht, ich bin First Moverin.“ Auf diese Art und Weise entsteht ein ironisches Bild der Veränderung, das nicht nur Late Mover hopsnimmt, sondern aufgrund des Formats und des Charakters auch einer jüngeren Zielgruppe gefällt.
Die Aktion von ALDI Nord zeigt, dass nicht nur größere Unternehmensnachrichten ins Licht der Öffentlichkeit gerückt werden dürfen. Oft sind es die kleinen Dinge. Erfahrungen mit dem Produkt und Details, die uns ein Gefühl von Nostalgie mit der Marke geben. Hier besteht besonders bei älteren Firmen, die Veränderungen durchmachen, das Potenzial, diese auf positive Weise zu kommunizieren. Voraussetzung hierbei ist die Fähigkeit, Kundenstorys zu verstehen (Storylistening). Im Falle der Mikro-Kampagne der Supermarktkette ist dies sehr gut gelungen. Wir hoffen auf mehr!
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