Das Ding des Jahres, die heiß diskutierte Höhle der Löwen, vielfältige Inkubator- und Accelerator-Programme – in Deutschland gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten für Gründer und Startups, sich Unterstützung und finanzielle Hilfe zu suchen. Doch wie sieht es eigentlich mit sozialem Unternehmertum aus? Wer unterstützt Projekte, die einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten möchten, aber nicht in erster Linie auf Umsatz und Gewinnmaximierung abzielen? Nils Dreyer, Gründer und Geschäftsführer der Hilfswerft, ist in See gestochen und hat sich brechenden Wellen und turbulenten Stürmen trotzend genau dies zum Ziel gesetzt. Mit seiner Organisation in Bremen fördert er soziales Unternehmertum und aktiviert in erster Linie Studenten, sich zu engagieren und mit eigenen Ideen einen nachhaltigen Kurs anzusteuern.
Fünf Jahre ist es nun schon her, dass Nils Dreyer sich dazu entschloss, in neue Gefilde aufzubrechen und das Steuer seines eigenen Bootes zu übernehmen. Seitdem führt er zusammen mit Sönke Burkert und Carsten Lessmann die Hilfswerft als Kapitän an. Von stillen Bächen, über mitreißende Kanäle, bis zu aufbrausenden Meeren waren die Routen seitdem sehr vielseitig. Es gab stürmische Zeiten, in denen jede Welle eine Hürde war. So zum Beispiel finanzielle Herausforderungen, die fast bei jedem Start-up – auch der Hilfswerft – auf der Tagesordnung stehen.
Die Hilfswerft-Crew lebt Social Entrepreneurship vor. Das bedeutet: auf die Unterstützung von Spendern wird verzichtet, jedes Projekt muss sich perspektivisch selbst finanzieren. Langfristige Planungssicherheit gibt es dabei selten. Trotzdem ein bestehendes Geschäft daraus zu machen, hat sie viele Testläufe gekostet. „Ein Produkt ist nicht das gleiche wie ein Geschäftsmodell, wir mussten lange durchhalten, bis wir das richtige Modell ausgetüftelt hatten“, so der Bremer.
Die Schwierigkeiten zu überwinden und das Schiff vor dem Kentern zu bewahren, hat Nils Dreyer nur noch mehr in Schwung gebracht. Gerade die Fahrt gegen den rein gewinnorientierten Strom ließ die Kapitäne und ihr vierköpfiges Team viel lernen. Die Startup-Szene bringt immer wieder aufregende Erfahrungen und manchmal auch spannende Wendungen mit sich. Beim Ausprobieren von Aktionen, wie Beratungsprojekte für Stiftungen oder dem Wechsel zu Speaker-Vermittlungen, kamen sie beim Navigieren durch Umwege jedoch nie vom Kurs ab. Durch flache Hierarchien im Team, regelmäßigen Austausch und Reflektion auf Augenhöhe, gibt es mittlerweile auch mal friedliche Abschnitte mit Rückenwind. Nils Dreyer und seine Mannschaft sind also auf dem richtigen Weg. Ihr oberstes Ziel: Menschen aktivieren.
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Die Hilfswerft hat sich drei Leuchttürme als Orientierung gesetzt. Dazu gehören die „Social Entrepreneurship Camps“, bei denen Studenten aktiviert werden, auch zu neuen Ufern aufzubrechen und sich für Nachhaltigkeit einzusetzen. Finanziert werden die Camps von Unternehmen, die ihre eigene Organisation wirksamer machen wollen und dafür Inspiration und Personal suchen. Die Bremer möchten das Hochschulsystem schrittweise umkrempeln und einen Systemwechsel bewirken. „Es wäre schön, wenn im Lehrplan aller Wirtschaftsstudiengänge die Gemeinwohltheorie ein fester Bestandteil der akademischen Ausbildung wird. Nur so werden die Menschen verstehen, dass sie mit Konsumentscheidungen einen sehr großen Hebel haben“, so Nils Dreyer.
Das zweite Licht am Hafen ist das von der Hilfswerft erstellte Poster für nachhaltigen Konsum „Die Nachhaltigen 222“. Es ist eine leicht zugängliche Anleitung, um das eigene Konsumverhalten nachhaltiger zu gestalten. Zudem trägt es zur Bekanntheit der Hilfswerft, aber auch von nachhaltigen Unternehmen in Deutschland bei. Im Idealfall sollte dieses Poster in jedem Haushalt und jeder Firma hängen, um so Bewusstsein zu schaffen.
Mit wachsenden Herausforderungen wurden auch neue Matrosen angeheuert. So brachte die Organisation Fabian Oestreicher vor zwei Jahren als Werkstudent an Bord. Seitdem hat er mit der Hilfswerft schon viele neue Gewässer bereist und vor allem auch neue Leuchttürme entdeckt. Denn er ist es, der das dritte Projekt, die Helden der Heimat-Engagement-Wettbewerbe, schon seit seiner Studentenzeit stark vorangetrieben und kontinuierlich weiterentwickelt hat. Er ist jedes Mal aufs Neue begeistert von den zahlreichen Ideen aus den lokalen Gemeinschaften.
Mit dem Projekt fördern sie das bürgerliche Engagement in ländlichen Regionen und geben somit Hilfe zur Selbsthilfe. Oberschwaben, Oberfranken und das südliche Friesland bilden hierbei die Vorreiter. Gemeinsam haben sie lokale Helden und neue Ideen gefunden, um den jungen Generationen auch hier eine attraktive Zukunft in der Heimat zu ermöglichen. Unter dem Motto „Lüchow-Dannenberg im Aufbruch“ wird aktuell Wirtschaftsförderung neu gedacht: Es geht nicht mehr nur um Arbeitsplätze und Unternehmensansiedlungen, sondern um Lebensqualität und die Schaffung eines Ökosystems für soziale Innovationen. Erstmalig arbeitet die Hilfswerft hierfür mit einem Landkreis zusammen.
Genau wie Greta Thunberg, die sich mit dem Segelboot auf die Reise machte, den Atlantik zu überqueren, hat auch die soziale Organisation immer wieder frischen Mut gefasst, Neues zu entdecken und sich in unbequeme Gewässer gewagt, um auf soziales Unternehmertum zu setzen. Bei der Crew von Hilfswerft geht es stets nach der Devise, Ideen sprudeln zu lassen, Freude und Begeisterung zu wecken und erst danach das Fahrtwasser zu analysieren. Oft werden gute Ideen schon im Keim erstickt, wenn sich Gedanken über die Umsetzung und vor allem die Finanzierung gemacht werden.
Bei der Hilfswerft ist es umgekehrt. Wenn die Mitarbeiter für ein Projekt brennen, viel Energie und positive Strahlen den Rücken stärken und wärmen, wird erst mal Fahrt aufgenommen und alles ausprobiert. Möglichkeiten der Finanzierung werden dann im zweiten Schritt mit umso mehr Elan und Einsatz gesucht. Bis jetzt wurde immer ein Weg gefunden, mit frischem Wind in den Segeln weiterzumachen.
Ganz nach dem Motto „Etwas Größenwahnsinn gehört zum Unternehmerdasein dazu“, geht Nils Dreyer stets mit Mut und vielen Ambitionen an die Projekte heran. So ist eines der Ziele des Nordlichts, deutschlandweit eine Grundausbildung in Bezug auf Nachhaltigkeit zu etablieren. „Es kommt schließlich nicht nur auf die Rendite an. Wir alle sollten uns den Auswirkungen unseres eigenen Handelns bewusst sein. Letztlich ist es einfach, auf mehr Umsatz zu optimieren. Aber es braucht nicht nur Geld, um das Leben zu leben, was uns auch langfristig glücklich macht“, so Nils Dreyer. Er wollte mit seiner Organisation Teil einer Bewegung sein. Das hat er geschafft. Die Fridays for Future Bewegung zahlt sich ebenfalls aus. Auch in Bremen wird der Wandel in der Gesellschaft spürbar.
Wissen weitertragen und damit aktivieren gehört somit zu den wichtigsten Aufgaben der Hilfswerft, um soziales Unternehmertum zu fördern. Aus diesem Grund ist für die nahe Zukunft ein Kursangebot geplant, welches über die Volkshochschulen eine Ausbildung zum Nachhaltigkeits-Coach ermöglicht. Erste Pilotformate werden bereits als einwöchiger Bildungsurlaub angeboten. Wenn diese funktionieren, soll im nächsten Jahr die Schulung weiterer Ausbilder beginnen und das Thema Nachhaltigkeit so exponentiell ausgeweitet werden. Vom Studium bis zu einer freiwilligen Weiterbildung wird das Angebot also weiterwachsen. Ein toller Ansatz mit großartigem Multiplikatoreffekt.
Was das Poster angeht, sind die Ziele ebenfalls hochgesteckt. 100.000 Poster sollen bis Ende 2020 im Umlauf sein. Die Segel sind somit gesetzt, das Schiff startklar und mit dem nächsten Wind geht es weiter voran. Es warten immer wieder neue, unbekannte Gewässer in der Ferne. Und bis der Wind wieder umschlägt und die Hilfswerft eventuell in eine neue Richtung führt, folgt der Kapitän auf dem Bug dem Wasserlauf und lässt sich nicht beirren. Na dann, volle Fahrt voraus!
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