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Sich in einer Videothek Titanic auszuleihen, das Gefühl von Esspapier auf der Zunge oder mit ein paar Plateau-Sneakers durch die Straße zu laufen. Das sind einige der vielen Erinnerungen, die wir mit den 90ern verbinden. Doch wie lässt sich dieser Hang zur Nostalgie erklären? Warum findet gerade die Gen Z das so faszinierend? Wie können Marken von dem Retro-Trend profitieren und woran lässt sich dieser Erfolg auf Social-Media-Plattformen messen? Um diese Fragen auf den Grund zu gehen, hat Miriam den Gründer des Nostalgie-Portals „Wisst ihr noch?“, Thomas Weigel, als Gast in unseren Podcast „Praxis-Talk Brand Storytelling“ eingeladen.
Auch zu hören auf Spotify und Apple iTunes.
Miriam: Herzlich Willkommen zu der neuesten Ausgabe von Praxis-Talk Brand Storytelling im neuen Jahr 2020. Und es ist nicht nur ein neues Jahr, sondern auch ein neues Jahrzehnt. Spätestens jetzt wird den Kindern der 90er Jahre klar, dass es gar nicht gefühlt erst 13 Jahre her ist, sondern schon 30 Jahre, seitdem die 90er begonnen haben. Und deswegen habe ich den perfekten Gesprächspartner für das heutige Thema bei mir, nämlich Thomas Weigel von „Wisst ihr noch?“, der mit 90er-Jahre-Nostalgie-Content die Social-Media-Welt begeistert. Hallo Thomas!
Thomas: Hallo Miriam! Danke für das nette Intro.
Miriam: Gerne! Das bietet sich ja an. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber man fühlt sich definitiv nicht jünger, wenn man merkt, dass es jetzt schon 25 bis 30 Jahre her ist, seitdem die Backstreet Boys und die Spice Girls die Welt regiert haben. Aber schön zu sehen, dass auch das alles wiederkommt, genauso wie die Mode. Mittlerweile haben auch fünfzehnjährige Teenies wieder Nirvana-Shirts an und tragen Stoffhaargummis.
Thomas: Und die Adidas-Knopfhose nicht vergessen! Und Buffalos.
Miriam: Und bunte Sonnenbrillen wie zu Love-Parade-Zeiten! Genau. Vielleicht kannst du uns ein bisschen erzählen, wie du mit den 90er Jahren jetzt ein Medienimperium aufgebaut hast, was ihr mit „Wisst ihr noch?“ anstellt und was ihr noch vorhabt. Um unseren Zuhörern mal einen Überblick zu geben wie du „Wisst ihr noch?“ gestaltest.
Thomas: Ja, herzlichen Dank für dein liebes Intro. Ich bin Thomas und bin hier bei cormes Chief Content Officer bei „Wisst ihr noch?“. Wie du gerade schon angesprochen hast, habe ich mit dem ganzen 90er-Jahre-Thema und der „Wisst ihr noch?“-Seite vor etwa zehn Jahren als Hobby begonnen. Die Idee dahinter war eigentlich total einfach und banal. Ich wollte eigentlich Social Media verstehen, neben dem Beruf. Ich habe mir dann ein Thema gesucht, das leicht zugänglich ist für viele Leute, und habe festgestellt, dass sowas wie gemeinsames Erinnern an alte Zeiten extrem gut in meinem Freundeskreis funktioniert hat, besonders auf Facebook. Deswegen habe ich damit angefangen Content wie Buffalo Shoes zu teilen, Backstreet-Boys-Bilder und einfach so lustige, absurde Sachen.
Dann ist das neben dem Beruf und neben dem Studium immer Schritt für Schritt größer geworden und vor zweieinhalb Jahren bin ich dann zu Christof und zu Martin gegangen, die kannte ich beide von ProSiebenSat.1, und habe gesagt: „Passt auf Jungs, das Thema hat ordentlich Potential. Lasst uns mal was draus machen!“ Wir sind uns dann einig geworden und haben uns gedacht, wir gehen erst einmal den klassischen Weg und fangen mit einer Website an. Dann haben wir letztendlich hinter die Facebook-Seite eine Website gelegt. Da waren dann Quizzes drauf und Berichte mit dem Aufhänger: „Weißt du noch früher?“ Mit der Zeit hat sich natürlich auch die Social-Media-Landschaft verändert. Neben dem Veröffentlichen der Website-Artikel und der Bilder haben wir dann angefangen, auch viel mehr Video-Content zu veröffentlichen. Und anschließend haben wir uns vor eineinhalb Jahren dazu entschieden in den Videobereich bei uns zu investieren.
Wir haben jetzt ein Studio bei uns in Kreuzberg im cormes Büro und sind mittlerweile dabei, eigene Videos zu produzieren für alle Social-Media-Kanäle, auf denen Videos veröffentlicht werden können. Wir sind aktuell am größten auf Facebook. Das ist ganz einfach der Historie geschuldet. Ich war früher auf Facebook stark und das haben wir dann ausgebaut. Da sind wir mittlerweile bei vier Millionen Fans. Wir sind jetzt gerade auch dabei, sehr stark und schnell bei den neuen Videoplattform, wie TikTok und Snapchat, zu wachsen. Wir haben auch einen Instagram-Account und natürlich auch einen YouTube-Kanal.
Und für diese ganzen Plattformen produzieren wir jetzt mehr und mehr eigenen Inhalt. Da sind wir am Ende des Tages kreativ unterwegs und überlegen uns beispielsweise mit Promis und Influencern, aber auch mit Jedermännern, lustige Unterhaltungs-Videos. Wir sind da ganz klar im Unterhaltungsbereich unterwegs und machen z.B. Quizzes. Und was wirklich eine Überraschung für mich persönlich war ist, dass sich Menschen ziemlich gerne ansehen wie Prominente Süßigkeiten von früher probieren. Das sind ziemlich erfolgreiche Videos bei uns mit einer sehr hohen Verweildauer. In dem Rahmen bewegen wir uns und das bauen wir jetzt weiter aus.
Wir werden in Zukunft letztendlich die Content-Strategie von der Aggregation, die wir teilweise noch dabeihaben, hin zu eigenen Inhalten auf unseren Plattformen verändern. „Video, Video, Video“ ist sozusagen unser Weg in die Zukunft.
Miriam: Ich habe das ja gerade schon einmal angesprochen: Irgendwie scheint das alles wieder zu kommen. Die Backstreet Boys und die Spice Girls haben ausverkaufte Konzerte, genau wie New Kids on the Block. Die Mode kommt auch wieder. Du hast dich ja jetzt schon eine Weile mit dem Thema beschäftigt: Kannst du dir diesen Hang zur 90er-Jahre-Nostalgie erklären?
Thomas: Ich glaube tatsächlich, das war schon immer ein wiederkehrendes Phänomen, dass man sich in den Generationen an die guten alten Zeiten zurückerinnert. Beispielsweise im Fall unserer Eltern. Ich glaube du kennst das auch von deinen Eltern, ich kenne das von meinen Eltern. Die haben auch ihre CDs von früher, ihre Mucke die sie feiern, von Partys, Discos und so weiter. Und ich glaube die 90er haben jetzt einen riesigen Hype erlebt, weil mit den 90ern und mit den Millennials die erste Generation digital so stark vernetzt war. Und zum anderen sind die ganzen sozialen Medien dahinter alle sehr visuell. Das heißt, ich kann ein Bild teilen oder ein Video und erreiche damit ganz viele Leute. Die wiederum teilen das, genauso wie man es eigentlich früher im kleinen Kreis gemacht hat, dann im großen Social-Media-Kosmos.
Das heißt unsere Marke „Wisst ihr noch?“ ist eigentlich immer Teil jeder Konversation. Das kennt jeder, egal ob im Freundes-, Familien- oder Kollegenkreis. Man sitzt zusammen und irgendwann kommen immer die Themen „Weißt du noch früher?“ oder „Früher fand ich die Backstreet Boys gut.“, „Früher fand ich Spice Girls gut.“, „Ich habe früher Buffalos getragen.“ Jeder kennt die Themen, jeder hat dazu eine Meinung. Die muss nicht immer sein, dass man alles gut findet, aber das ist glaube ich tatsächlich der große Unterschied zu den 70ern, 80ern und auch den 60ern. Dass wir uns jetzt digital gemeinsam daran erinnern können.
Miriam: Du meintest ja gerade selbst, ihr seid jetzt auch auf Snapchat und TikTok präsent und auch gar nicht mal unerfolgreich. Ihr habt über 100.000 Follower auf den beiden Kanälen. Aber da ist ja jetzt eine ganz andere Generation aktiv, die 14- bis 18-Jährigen, die Generation Z, oder Gen Z, die euch da folgt. Wie kannst du dir das erklären, dass Teenies aus der heutigen Generation sich Videos anschauen, wo Leute wie du und ich über Nirvana philosophieren oder Bands, die heute gar keine Rolle mehr spielen?
Thomas: Das eine Phänomen, das sehr interessant ist, dass die Plattformen, wie TikTok und Snapchat beispielsweise, auch älter werden. Also die Zahl der Millennials, der 18- bis 24-Jährigen und der 24- bis 35-Jährigen, wächst dort stark. Das heißt, da ist unsere Audience mittlerweile auch auf den Plattformen unterwegs. Zum anderen ist es so, dass wir die Video-Inhalte, die wir für Snapchat und TikTok produzieren, sehr zeitgemäß produzieren. Das bedeutet, wir benutzen zeitgemäße Narrative. Ein einfaches Beispiel sind die Quizzes über Songs, die jeder kennt. Den Song „Hit me Baby one more time“ von Britney Spears kennt wahrscheinlich jeder, außer meiner Oma. Das würde ich jetzt aus dem Bauch heraus so sagen. Und wir nutzen halt diese ganz großen Themen, um daraus moderne Inhalte zu bauen. Die Audience steuern wir z.B. darüber, dass wir im Cast überlegen, wen wir vor die Kamera stellen. Wir haben bei uns 34-jährige Mitarbeiter, wir haben aber auch 25-jährige KollegInnen, die an Song-Quizzes der Neunziger teilnehmen. Die kennen die Sachen natürlich, die hören das und haben an den Inhalten genauso viel Spaß wie wir. Weil sie das natürlich auch mit ihrer Kindheitserinnerung verbinden. Das ist ein bisschen der Trick, den wir anwenden.
Ein anderes Beispiel: Wir hatten auch schon den Rapper Finch Asozial bei uns, der ja tatsächlich auch ein ganz krasses Zeitgeist-Thema ist. Mit dem haben wir ein Format gemacht, das heißt „Playlist meiner Jugend“. Da haben wir ihn seine Top 6 Songs vorstellen lassen, die seine Jugend geprägt haben. Und da kommen natürlich auch so Songs wie Eiffel 65 zu Vorschein. Das funktioniert tatsächlich mit allen Künstlern, die gerade zum Zeitgeist passen und extrem angesagt sind. Wenn man um diese herum schlaue Formate entwickelt. Weil die das sozusagen auch abfangen können und man so auch eine andere, junge Audience erreicht mit den Videos.
Auf der anderen Seite, vielleicht ein gutes Beispiel, hatten wir bei uns auch einen krassen Flop auf Snapchat. Bei Facebook wiederum war das super erfolgreich. Da haben wir ein Werbe-Jingle-Quiz gemacht, bei dem wir Werbesongs aus den alten TV-Werbespots abgespielt haben. Die beiden Protagonisten, die mitgemacht haben, waren um die 30 und kannten die ganzen Sachen. Die Audience auf Snapchat, weil die natürlich kein Fernsehen mehr guckt, kannte aber diese ganzen klassischen Werbe-Jingles nicht mehr. So etwas wie die „Mini-Wini-Würstchenkette“ und so weiter. Das Video ist also gefloppt und wir haben uns das noch einmal genauer angesehen. Das war natürlich auch ein bisschen kalkuliert, ganz klar, aber da war es ganz eindeutig zu sehen. Nämlich, dass die Zuschauer auf den Plattformen diese Inhalte gar nicht kennen und deswegen auch mit diesem Video gar nichts anfangen können. Und so müssen wir immer die Balance finden zwischen den Inhalten, die für alle Generation funktionieren, und denen, die quasi nur für eine abgesteckte Generation, z.B. die 90er, 2000er, oder 80er, funktionieren. So entwickeln wir das.
Miriam: Okay, das beruhigt mich auf jeden Fall ziemlich stark, dass du sagst, dass auch TikTok schon älter wird. Denn das ist auch meine Problematik, und ich glaube viele Marketer da draußen kennen das auch, dass man mit Mitte 30 schon denkt: „Jetzt bin ich zu alt für TikTok.“ Und dass man seine 19-jährigen PraktikantInnen braucht, die das viel besser bedienen und mit der Community interagieren können. Aber ihr sagt die Plattform „altert“ auch? Und man kann sich auch da mit Content positionieren, der die Millennials anspricht?
Thomas: Ja, total! Die verrückte Welt der TikTok-Community besteht ja aktuell auch darin, dass man nur ganz kurze Videos hochladen kann. Und die finden ihr Publikum aufgrund des Algorithmus. Der entscheidet dann, wie es ausgespielt wird. Da sucht sich das Video sozusagen sein Publikum. Von daher hat man immer auch Platz mit Themen zu punkten, die man zuerst bei TikTok nicht verorten würde, wie beispielsweise 90er-Themen. Das muss man letztendlich einfach ausprobieren. TikTok bietet so viele einfache Möglichkeiten auszuprobieren, welcher Content funktioniert. Das macht es für uns super spannend. Da ist auch der Wettbewerb noch nicht so extrem wie auf YouTube beispielsweise oder auf Facebook.
Miriam: Mit Facebook sprichst du auch das richtige Stichwort an, das ich jetzt aufgegriffen hätte. Wenn du sagst, bei TikTok wird die Masse auch schon breiter. Für Facebook sagen dagegen einige Leute schon den Marketing-Tod vorher. Da habt ihr aber eure mit Abstand größte Community, über vier Millionen Fans und auch Facebook-Gruppen zu speziellen Themen mit über 400.000 Mitgliedern. Ich nehme mal an, ihr macht da aber nicht „Wisst ihr noch, die Siebziger?“ für die alternde Facebook-Gemeinschaft, sondern auch 90er-Jahre-Content. Vielleicht kannst du uns da mal deine Einschätzung geben, wie du die Entwicklung von Facebook siehst. Und vielleicht hast du auch ein kleines Plädoyer oder Motivation für Leute, die doch noch daran glauben über Facebook mit gutem Content eine gute Reichweite aufbauen zu können, auch organisch zum Beispiel.
Thomas: Ja, auf jeden Fall. Man muss bei Facebook sagen, was den Reifegrad der Plattform betrifft, dass die halt Mainstream sind. Das ist jetzt ein Portal, wo irgendwie jeder mehr oder weniger aktiv ist. Da hat man natürlich immer das Gefühl, dass dann die jungen Nutzer zu anderen Plattformen abwandern. Das ist ja ein normaler Effekt. Die gehen natürlich beispielsweise auf Snapchat oder auf TikTok, weil dort nicht ihre Eltern sind. Ich weiß gar nicht, wie es bei uns ist, oder bei dir, Miriam, wahrscheinlich sind deine Eltern auch bei Facebook? Meine Mutter ist bei Facebook, aber ich hatte sie nicht angenommen, weil ich nicht möchte, dass sie alles sieht, was ich da so mache. Aber das zeigt nur, dass die Marktdurchdringung von Facebook einfach gigantisch groß ist. Da macht es natürlich total Sinn, dafür Video-Inhalte zu produzieren.
Und die Good News sind bei Facebook, dass die Plattform im Wandel ist. Sie kommt ja letztendlich auch klassisch vom Teilen von Fotos, Standorten und des eigenen Status, Text und Bild war die alte Facebook-Welt. Jetzt sind sie gerade in der Transformation hin zu einem Video-Player. Letztendlich ist es so, dass sich die Nutzer natürlich auch umgewöhnen müssen. Sie müssen sich daran gewöhnen, und das dauert seine Zeit, dass man auf Facebook auch hochwertigen sogenannten Longform-Content gucken kann. Und da sind wir mit an der Speerspitze in Deutschland und produzieren für die Plattform. Da gibt’s auch immer wieder, weil das ja Newsfeed-basiert ist, gewisse Regeln, die man beachten muss in der Content-Produktion.
Das ist ein bisschen anders als die klassische lineare Produktion für TV beispielsweise, wobei mittlerweile die klassische lineare Funktion eher Netflix ist, gar nicht mehr so sehr TV, wo man „Einleitung – Hauptteil – Schluss“ hat. In der Facebook-Welt oder bei den neuen Video-Playern muss man dagegen immer alles, was gut ist, also den gesamten Hauptteil mit den Highlights, direkt an den Anfang stellen, um die Zuschauer überhaupt über die ersten 30 bis 60 Sekunden zu bringen. Wenn man sich zu lange mit dem Intro eines Videos aufhält, also z.B. mit der Einleitung der Geschichte und mit ein bisschen Dialog, mit ein paar Bildern, dann ist die Geschwindigkeit auf der Plattform so krass, dass man die meisten Zuschauer aktuell noch verliert.
Und auf der anderen Seite bauen sie gerade das Watch-Produkt aus und das ist ja am Ende des Tages ein Video-Feed. In diesem Video-Feed selber sind gerade die Nutzer unterwegs, die sich auch Longform-Content angucken. Also jemand der im Watch-Feed unterwegs ist und das kennt, sucht aktuell auch nach längeren Videos. Die Zahl der Nutzer, die dieses Produkt von Facebook nutzen, wächst global und von Quartal zu Quartal immer mehr. Da wird es in Zukunft noch viel mehr Möglichkeiten geben dort auch Zuschauer zu erreichen.
Miriam: Jetzt sind wir ja alle nicht nur zum Spaß auf Facebook und TikTok unterwegs, sondern auch um Geld zu verdienen. Kannst du uns mal einen Einblick geben, wie ihr am Ende Geld verdient? Und wie am Ende auch Marken Nostalgie-Storytelling und den 90er-Jahre-Trend nutzen können, um sich bei der Gen Z beliebt zu machen?
Thomas: Tatsächlich gibt es da drei Wege. Der Weg, der für uns am spannendsten ist, sind natürlich die Ad Break Revenues. Das bedeutet, dass in den Videos von Facebook Werbung läuft. Meist kommt nach 60 Sekunden der erste Werbeblock. Klassisch, wie man es beispielsweise von YouTube kennt. Dahingehend optimieren wir dann unsere eigenen Inhalte, die wir veröffentlichen, um über die Ad Breaks Geld zu verdienen.
Die anderen zwei Wege sind, dass wir mit Marken wie Fisherman’s Friend, Runners Point oder Thomas Sabo Content-Marketing-Kampagnen machen. Das heißt, wir entwickeln gemeinsam mit den Marken Asset-Linien, wie wir sie nennen. Wir haben also eine Idee, wie bei Runners Point zum Beispiel. Die Idee zielte auf die Millennials ab und das Konzept war die Überlegung, wenn ich heute Sneaker kaufen gehe, ist das so, als hätte man sich früher für 50 Mark Süßigkeiten gekauft. Solche Ideen sind das, wo wir diese positiven Erinnerungen mit dem Zeitgeist der Kampagne, den Produkten und der Marke verknüpfen.
Und der dritte Weg sind Video-Auftragsproduktionen. Da haben wir zum Beispiel für Sony Music diverse Sachen gemacht, beispielsweise Song-Quizzes. Wir haben jetzt gerade ein aktuelles Projekt in der Pipeline, wo es um Elvis Presley geht. Er hat bald seinen 85. Geburtstag und dafür haben wir ein Elvis-Song-Quiz gemacht.
In der Vergangenheit haben wir auch für den „Kleinen Feigling“ – der wird vielleicht noch für einige Leute ein Begriff sein – ein Old-School-Getränk. Dabei handelt es sich um Wodka mit verschiedenen Geschmacksrichtungen von ok bis absurd. Dazu haben wir ein Unterhaltungsvideo gedreht. Der „Kleiner Feigling“ hat dieses ganze Thema Retro schon in seiner DNA. Wenn man es von früher kennt, ist ja nicht mehr so richtig präsent und da haben wir ein kleines Video Game gemacht zu Zehn Euro oder Shot. Es war ziemlich witzig, da wir verschiedene Protagonisten hingesetzt haben und die sollten mit Zehneuroscheinen eine Brücke bauen. Und zwar mussten sie dabei zwei Shot Gläser an die Seite stellen und dann den Zehneuroschein so falten, dass das dritte Glas oben auf dem Zehneuroschein hält, wenn er die Brücke sozusagen bildet. Das hat auch ziemlich gut funktioniert in der Community.
Die Idee dahinter ist auch natürlich, den Marken ein interessantes Angebot zu machen. Jetzt geht es glaube ich mehr in die Richtung guten Content, gute Umfelder, wo man sich als Marke präsentieren kann. Und da wollen wir natürlich ein Angebot schaffen. Da, wo man sich mit leichten witzigen Inhalten auch als Marke präsentieren kann. In den Content integriert. Und im besten Fall dann noch mit authentischen Leuten aus der Community. Das war z.B. bei dem Feigling-Video auch so. Da haben wir einfach Leute gefragt: „Habt ihr Bock da mitzumachen?“ „Ja wir wollen dabei sein.“ Der Kunde wird Teil der Werbung.
Miriam: Spannend! Und wenn man jetzt mal so an den Content selbst denkt, die 90er Jahre. Das ist ja gerade die Zeit, wo das Internet seinen Durchbruch hatte bzw. es gibt ja ganz viele Sachen, die jetzt gerade wieder aus der Versenkung hervorgeholt werden, die noch nicht 500.000 mal auf Instagram gepostet wurden, weil eben zur Zeit, wo die erste Nintendo-Konsole rauskam, gab es das ja noch gar nicht. Wie kommt ihr eigentlich an diesen ganzen Content ran? Wie kommt ihr auf die Themen und auch Content-Formate, die am Ende funktionieren oder wie du auch schon selbst angesprochen hast auch mal nicht funktionieren? Also wie seid ihr aufgestellt, was die Recherche angeht, was die Inhalte angeht und auch dann die Formate, die sich jetzt auch schon etabliert haben?
Thomas: Also wir sagen eigentlich immer so zwei planbare Ansätze, die auch einen strategischen Approach haben. Das ist einmal natürlich die Auswertung der eigenen Daten. Dadurch dass wir so viele Inhalte veröffentlichen, kriegen wir natürlich ein konkretes Gefühl dafür, was bei den Leuten funktioniert. Das heißt konkret: ich kann einen Buffalo-Schuh z.B. testen gegen irgendeinen Adidas-Schuh. Dann werde ich feststellen wahrscheinlich, dass der Buffalo-Schuh viel erfolgreicher ist, also viel mehr Resonanz erzeugt. Dann habe ich damit schon mal ein Thema identifiziert, um das ich eine Geschichte erzählen kann. Das gleiche bei Musik, bei Filmen, bei Süßigkeiten etc. pp. Und das werten wir natürlich aus und lassen das in unsere Formatentwicklung einfließen. Das Thema z.B., wo wir Süßigkeiten von früher von Prominenten probieren lassen, ist auf dieser Basis auch entstanden, aus diesem Wissen. Denn normalerweise hätten wir auch gesagt, einfach aus dem Gefühl heraus, wer würde es sich denn ansehen, wenn jemand Süßigkeiten probiert und erzählt, was er darüber denkt? Eigentlich ist es doch nicht so spannend. Aber wir haben es trotzdem gemacht und festgestellt, dass die Leute es sich super gerne reinziehen.
Und das andere Thema z.B. bei uns sind die Quizzes. Wir hatten auf der Website schon ganz viele Quizzes, wo Leute Disney-Filme erraten mussten, Songs, Lyrics und so weiter. Das haben wir einfach genommen, weil die super erfolgreich waren und haben das in Video übersetzt. Wir haben uns gesagt, lass uns doch mal ein Video-Quiz machen, weil wir wissen, dass die Leute gerne quizzen und sich gerne ansehen, wie andere quizzen. Und das andere Thema, wie wir sozusagen Inspiration bekommen.
Der zweite Block – das ist das so genannte „sourcing“, so nennen wir das. „Sourcing“ heißt, dass wir eine passive Recherche machen. Der klassische Begriff der Recherche ist ja immer aktiv. Ich muss irgendwo suchen, ich muss eine Idee haben und etwas dazu finden. Beim „sourcing“ ist das so, dass man alle Plattformen und Tools, die man so hat, also wir benutzen z.B. „Storyclash“, wir wollen bald auch „Tubular Labs“ benutzen, dass wir die so einstellen, dass sie uns Inhalte aus dem gesamten Social-MediaKontext, die für uns relevant sind, vorschlagen. Das kann man auch mit Pinterest z.B. machen. Da kann man sich Alerts einstellen. Das kann man mit diversen verschiedenen Plattformen und Tools machen. Und somit schlägt dir das Internet permanent neue Ideen vor, die schon von anderen als relevant beurteilt wurden. Und die müssen wir uns einfach nehmen im besten Falle und die dann in unser Programm integrieren.
Dazu kriegen wir teilweise auch durch Aufrufe Inhalte von unserer Community zugesendet. Wir hatten z.B. ein super erfolgreiches Video. Da hat eine Dame auf dem Dachboden bei ihren Eltern zu Hause alte Diddl-Sachen gefunden. Kalender, Poesiealben und sowas. Das hat sie uns geschickt, sie hat das einfach nur abgefilmt mit dem Telefon, that’s it. Das haben wir hergenommen und veröffentlicht. Das war natürlich so authentisch. Das hat so krass den Zeitgeist oder eher den Nerv getroffen, so rum. Das ist natürlich auch super viral gegangen. Und so ungefähr nähern wir uns sozusagen der Content-Entwicklung an. Dahinter gibt es natürlich noch ganz viele Prozesse des Brainstorms, der Überführung und das Challengen der ersten Ideen dann wirklich in ein tragbares Konzept und so weiter. Aber das ergibt sich dann automatisch.
Miriam: Ja, was du erzählst ist eigentlich total spannend, weil meine nächste Frage wäre eigentlich gewesen, ob euch nicht irgendwann der Content ausgeht? Ob da nicht irgendwann zwischen Blümchen und Buffalos alles erzählt ist über die 90er bzw. alles ausgegraben wurde? Aber offensichtlich ist da auch auf eure Community Verlass, die euch immer wieder mit neuem Material versorgt. Oder was macht ihr sonst noch so, um auch in den nächsten 2-3, 15 Jahren, was erzählen zu können?
Thomas: Das ist auf jeden Fall eine Never Ending Story. Die Herausforderung besteht darin mit den Themen, die sehr beliebt sind, immer wieder neue Geschichten zu bauen. Also ich kann mir ein Thema her nehmen; machen wir mal ein ganz einfaches Beispiel: Buffalo-Schuhe. Um Buffalo-Schuhe könnten wir wahrscheinlich den ganzen Tag nur Inhalte drum kreiieren: Videos, Fotos, Website-Beiträge, Interviews, was weiß ich nicht alles. Es ist unsere kreative Leistung, immer etwas zu entwickeln, was auch zeitgemäß funktioniert.
Zum anderen ist es natürlich auch in der Themenbreite extrem vielfältig. Wir haben jetzt viel über Süßigkeiten, Klamotten und so weitergesprochen. Wir haben noch gar nicht über das ganze Thema Fernsehen gesprochen und Filme, TV, Sportereignisse wie Fußball-WM und so. Also bei uns kann man eigentlich alle großen Mainstream-Themen auch unter der Klammer „Wisst ihr noch?“ betrachten. Eine Kollegin von uns sagt immer: „Das, was bei mir auf der Website gerade aktuell ist, ist bei euch dann in zehn Jahren aktuell.“
Zum Beispiel können wir uns in zehn Jahren über die ganzen Influencer lustig machen. Ist doch voll geil! Wenn wir Quizzes machen auf den ganzen Plattformen und dann die ganzen Leute darüber raten lassen, welcher Influencer war denn der Belastendste von allen. Nein, Spaß! Aber ihr wisst, was ich meine. Da hat man quasi auch so diese ganzen Boulevard-Themen, diese kleinen Skandälchen, diese ganzen Themen, die jeder kannte. Da hat man wahrscheinlich dann diese Themen, die Dagi Bee, die hat doch immer irgendwelche Cremes und so rausgebracht, die ausverkauft sind. Das ist quasi in zehn Jahren unser Content. Weißt du noch diese komische Creme, hast du die auch gehabt? Deswegen Never Ending Story.
Miriam: Ja, ich musste da tatsächlich auch daran denken jetzt zum Jahreswechsel, ab wann der richtige Zeitpunkt ist, über die 2010er Nostalgie zu schwelgen? Also wann wir dann anfangen über Cardi B und Bruno Mars als „Wisst ihr noch?“ Content zu sprechen?
Thomas: Wir sagen immer so ganz pauschal, um es einfach zu halten: alles, was älter ist als zehn Jahre. Das heißt, die 2010er müssen erst noch ein paar Jahre abwarten. Aber wir haben mit den 2000er dann richtig viele gute geile Geschichten. Ich meine, wir denken nur an den iPod. In den 90ern war ja bei uns das Thema immer ganz groß Gameboy natürlich, aber in den 2000er hat man MP3-Player und iPod. Und da muss man ja echt nur die Wörter sagen und dann gehen einem schon die Augen auf. Hier fangen auch schon alle an zu lächeln.
Miriam: Ja super! Also wie gesagt der Appell an Marken, der von dir auf jeden Fall kommt, und ich bin auch ganz angesteckt, ist neben all der Schnelllebigkeit heutzutage auch mal sich ein bisschen Zeit zu nehmen, Nostalgie zu schwelgen, ein bisschen zurückzuschauen. Offensichtlich kommt das gut an.
Thomas: Wir leben heutzutage natürlich alle in dieser extrem vertikalisierten Welt. Für jede Nische gibt es einen Channel auf irgendeiner Plattform oder 30 Channels. Wir haben bei uns ein Thema, was plattformübergreifend funktioniert. Das sehen wir auch gerade, wir haben einen Podcast veröffentlicht, es gibt tatsächlich keine Einschränkungen. Unser Thema funktioniert in den richtigen Aufbereitungen überall und das ist glaube ich auch für Marken ganz spannend, über mehrere Plattformen auch die Zielgruppe zu erreichen. Nicht immer nur vertical in einen Kanal rein zu gehen, sondern einfach mal zu sagen: Hey, ich habe hier einen großen Blumenstrauß an Möglichkeiten.
Miriam: Da bin ich mal gespannt, was da noch von euch kommt und wie dann die Nullerjahre von „Wisst ihr noch?“ auf allen Kanälen verarbeitet werden.
Thomas: Es wird richtig geil. Was gab es da noch alles? Da gab es Big Brother und Germanys Next Topmodel. Allein was man alles zu Germanys Next Topmodel machen kann.
Miriam: Ja, Tokio Hotel.
Thomas: Tokio Hotel genau richtig, exakt!
Miriam: Ist auf jeden Fall noch ein bisschen frischer in Erinnerung. Es fühlt sich noch nicht so lange her an, um ehrlich zu sein. Das ist das Erschreckende!
Thomas: Das ist immer das Verrückte. Man denkt das ist schon ewig bzw. man denkt immer, das ist noch gar nicht so lange her und dann ist es doch ganz schönes Weilchen her.
Miriam: Ja, modisch gibt’s da bestimmt auch ein paar Highlights.
Thomas: Ja, ja voll!
Miriam: Ja okay, sehr schön! Also vielen Dank noch mal! Um vielleicht auch noch mal ein bisschen mehr über dich zu erfahren, gibt’s da irgendwas, irgendein Content aus deiner Geschichte, aus deiner Historie, der dich mit den 90er Jahren verbindet? Irgendwas Lustiges, was du erlebt hast? Also ich habe z.B., ich musste daran denken, dass als ich in meine erste eigene Wohnung gezogen bin mit 18, wollte ich unbedingt ein rotes Sofa haben wie bei VIVA Interaktiv. Hab das dann auch gekauft, wo ich heutzutage wahrscheinlich aus Interieur Geschmacksgründen eher eine andere Entscheidung treffen würde. Gibst bei dir irgendwas, wo die 90er Jahre noch so ein bisschen nachhallen?
Thomas: Ja so bisschen. Ich war tatsächlich früher ein East 17 Fan. Und East 17 war mein erstes Konzert, was ich mir glaube ich mit Zehn oder so mal reingezogen habe mit meinen Eltern zusammen. Das fand ich richtig gut. Die waren glaube ich so die Bad Boys Boyband. Ich habe die sogar, jetzt kommt nämlich die Story dazu, ich habe nämlich sogar in der Schule dann eine Art Mini Playback Aufführung damals in der Grundschule gemacht zu diesem Song. Irgendein von den Songs ich glaube „Everybody“ oder so was heißt er. Ich weiß es nicht ganz genau. Auf jeden Fall gab es dann so eine Mini Playbackshow Schulaufführung, wo ich das mit ein paar Klassenkameraden aufgeführt habe. Drei Minuten zum Klops gemacht. Ich glaube, da gibt es auch hoffentlich keine VHS Aufzeichnung mehr von.
Miriam: Ja, Gott sei Dank nur VHS. Da bin ich auch bei einigen Schulaufführungen von meiner Seite aus sehr froh drüber!
Thomas: Definitiv.
Miriam: Ok super Thomas, vielen vielen Dank! Und wir werden für Euch Zuhörer natürlich viele dieser Videos und Kanäle auch noch mal in dem Blogpost dazu verlinken, dass ihr euch das alles anschauen könnt und euch inspirieren lassen könnt. Und dann schauen wir mal in die Zukunft, was uns da für Themen erwarten. Vielen Dank auf jeden Fall.
Thomas: Ja danke dir, Miriam! Und alle, die zugehört haben und Lust haben mit uns mal zu sprechen, meldet euch gerne! Wir sind ganz umgänglich und entspannt.
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