Airbnb ist die weltweit führende Online-Plattform zur Vermittlung privater Ferienunterkünfte. Doch die ganz starke Marke und der einzigartige Storytelling-Ansatz waren nicht von Anfang an gegeben.
2008 starteten die noch unerfahrenen Gründer mit einer klaren und vor allem einfachen Mission: Vergesst Hotels! Ihre Plattform für Kurzzeit- und Apartmentvermietungen für preisbewusste Reisende kam ganz ohne Schnickschnack und weitreichende Vision aus. Betont wurde vor allem ein starkes WAS-Argument, der Preis. Das wurde aggressiv kommuniziert, mit einem klaren Gegner, nämlich den Hotels. Daneben hatte das Unternehmen aber auch viel damit zu tun, Aufklärungsarbeit zu leisten und die Angst vor dem Wohnen bei oder Einladen von Fremden abzubauen. Erste Skandale von zerstörten Wohnungen lehrten Airbnb ebenfalls, nicht nur in der Kommunikation, sondern auch am Produkt selbst stark zu optimieren.
Das große Rebranding und der kontinuierliche Ausbau des Airbnb Storytelling begann etwa 2013. Mit „Belong Anywhere“ und einem neuen, symbolträchtigeren Logo schreibt sich das Unternehmen seit 2014 nunmehr eine neue Mission auf die Fahne. Diese geht über das reine Vermieten oder Buchen hinaus. Mithilfe von neuen Botschaften, wie dem Aufruf, die Welt zu entdecken, soll ein solcher Kult ums Reisen entstehen. Weg von schnöden Zimmern oder anonymen Hotels, hin zu dem Genießen von Vielfalt und der Zugehörigkeit an jedem Ort auf der Welt.
Die Gründer selbst kündigten das Rebranding in einem persönlichen Blogpost an. In diesem blicken sie auf ihre Gründungsgeschichte zurück und verbinden diese mit ihren neuen Werten. Auch dem neuen Logo geben sie eine passende Geschichte und sogar einen Namen. Ein dazugehöriges Erklärvideo leitet daraufhin ein, worum es in der zukünftigen Kommunikation des Reise-Portals gehen soll: Menschen, Orte und Liebe. Das Preisargument tritt komplett in den Hintergrund.
In den ersten Jahren der Gründung hat sich Airbnb also eher selbst als Held inszeniert. Dieser trat gegen einen konkreten Gegner an, nämlich die Hotelbranche. Aber auch gegen abstrakte Gegner, wie generellen Vorurteilen gegenüber dem Geschäftsmodell. Seitdem das Unternehmen jedoch Storytelling einsetzt, tritt es eher als Mentor auf. Dieser spricht die Wachstumsbedürfnisse nach Ganzheit und Reichhaltigkeit, also Teil einer Gemeinschaft zu sein und sich auf neue Pfade zu begeben, in seiner Zielgruppe an und motiviert. Auf dem Weg in eine neue Welt, in der man sich an jedem Ort der Welt willkommen fühlen soll, treten nun auch ganz andere Gegner auf, zum Beispiel Intoleranz. So verwundert es also nicht, dass sich das Unternehmen auch zu Themen wie der Flüchtlingskrise oder der Ehe für alle positioniert, die auf den ersten Blick nichts mit der Buchung von Reisen zu tun haben.
Doch zurück zum täglichen Geschichtenerzählen vom Airbnb Storytelling. Ein wichtiger Baustein, um die Botschaften und Werte mit der Zielgruppe zu teilen, ist hier Content-Marketing. Wenn wir uns die einzelnen Kanäle ansehen, stellen wir schnell fest, worum sich die Inhalte hier drehen: Menschen, Orte und Liebe.
Auf Instagram zum Beispiel lernt das Publikum zahlreiche Superhosts und ihre Unterkünfte in persönlichen Bilderserien kennen. Auf der Seite der Reisenden wiederum hat es Airbnb geschickt hinbekommen, sowohl die Community interaktiv einzubinden als auch immer frischen, hochwertigen Content zu bekommen. Indem Reisende ihre Erfahrungen mit Hashtags wie #airbnbphoto oder #airbnbexperience markieren, wird das Unternehmen auf diese Fotos aufmerksam. Sorgfältig kuratiert, mit schönen Beschreibungen unterlegt und natürlich nur mit Nennung des ursprünglichen Fotografen werden einige dieser Fotos auf dem offiziellen Instagram-Kanal von Airbnb gepostet. Die Nutzer freuen sich, dass ihre Bilder mehr Aufmerksamkeit bekommen, und das Unternehmen hat einen riesigen Topf an Content.
Schauen wir uns als weiteren Kanal noch YouTube an. Hier folgen immerhin über 200.000 Abonnenten den Video-Inhalten von Airbnb. Auf den ersten Blick sehen wir schon anhand der Playlisten wieder einen ähnlichen roten Faden: besondere Orte und Geschichten von Gastgebern und Reisenden. Dabei wird durch das Zusammenfassen verschiedener Videos zu einem Land der Community-Gedanke ebenso weiter gepflegt. Nur selten sehen wir Inhalte, die rein praktische Anleitungen zum Gastgeben oder Buchen geben. Stattdessen wird der Pionier-Mentor und das Wachstumsbedürfnis nach neuen Erlebnissen zum Beispiel mit der Serie „Not Yet Trending“ angesprochen. In dieser stehen Orte im Mittelpunkt, die für manche vielleicht eher die zweite oder dritte Wahl in einem bestimmten Land sind. Statt zum Beispiel Kapstadt oder Johannesburg zu hypen, wird der Reisende hier animiert, auch die weniger besuchte südafrikanische Stadt Durban ins Auge zu fassen.
Tagesaktuelle Events geben gerne einen Gesprächsanlass in den sozialen Medien. So nutzte Airbnb Storytelling zum Beispiel bei der Oscar-Verleihung 2016. Da sie als einer der Hauptsponsoren nicht im Rahmen der Veranstaltung werben durften, mussten sie dies durch die Hintertür probieren. Dafür haben sie auf ihre Twitter-Community zurückgegriffen. Mit dem Hashtag #LiveInTheMovies konnten Twitterer Airbnb mitteilen, in welchem Film sie gerne leben wollen. Das Unternehmen hat dann passende Reiseinspirationen dafür herausgesucht.
In der Pressearbeit hat Airbnb zum größten Teil immer noch mit einem anderen Gegner zu tun, nämlich der Gesetzgebung. In vielen Städten wird die Plattform als Ursache für steigende Wohnpreise und übermäßigen Tourismus angesehen und entsprechend rechtlich eingeschränkt. Eigens gegründete Initiativen, wie zum Beispiel Airbnb Citizen Berlin, versuchen auch hierfür wieder mit Gastgeber-Storys ein positiveres Image zu kreieren. Doch geht es einmal nicht darum, sich zu verteidigen, setzt Airbnb Storytelling auch in der klassischen Presse in Form von Musen-Inhalten zum Bedürfnis Reichhaltigkeit ein. Mit spektakulären Kooperationen und PR-Stunts inspiriert die Plattform dazu, bei der Suche nach einer Reiseunterkunft immer noch einen Schritt weiterzugehen. Ob mit einer Übernachtung in einem IKEA-Kaufhaus, im Louvre oder auf der Londoner Themse. Um das neue Angebot der Experiences bekannter zu machen, wurde ein 3-monatiger Aufenthalt in einem italienischen Dörfchen ausgeschrieben, Koch-, Olivenöl- und Töpferkurse inklusive. Ein Angebot, das weltweit in der Presse einschlug.
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