Rheinland statt Hauptstadt: Mein Leben als Remote-Mashie

Ich bin ein Mashie und ein etablierter Teil des Teams. Doch eine Sache macht mein tägliches Arbeiten besonders: Zwischen mir und den anderen Mashies liegen rund 550 Kilometer. Statt im Berliner Büro arbeite ich aus Düsseldorf. Das bringt viele Vorteile mit sich – doch die Freiheit hat auch ihren Preis.

Perspektiven aus dem Abenteuerspielplatz „Remote-Office“

Die Arbeit aus einer anderen Stadt liegt in der DNA der Agentur

Zu einem der wichtigsten Werte bei Mashup gehören Flexibilität und Unabhängigkeit: Wir sind an mehreren Drehorten im Einsatz. Diesem Anspruch wird nicht nur das kürzlich eingeführte Workation-Programm gerecht, bei dem wir als Team die Möglichkeit haben, zweimal im Jahr für bis zu einem Monat remote, z.B. aus dem Ausland heraus zu arbeiten. Auch Langzeit-Fernbeziehungen schließt dies ein – Miriam macht dies seit mehreren Jahren mit ihrer zeitweisen Arbeit aus Südafrika vor. Das es prinzipiell dennoch möglich ist, trotz Wohnortswechsel ein Mashie zu bleiben, war damit schonmal bewiesen.

Remote Work ja – aber kein Home Office

Beim Thema Home Office gibt es ja zahlreiche Vorurteile: Bezahltes Rumhängen, körperliche und geistige Verwahrlosung, leichte Ablenkung. Nicht überraschend: Nicht alles davon ist wahr (oder der Punkt „geistige Verwahrlosung“ ist realer als ich reflektiere). Und dennoch: Arbeiten kann ich am liebsten in einem Umfeld mit Gleichgesinnten. Nicht nur, weil der Widerstand gegen die Verlockung kleinerer Aktionien im Haushalt (mal eben noch die Spülmaschine ausräumen, nur ganz schnell noch Staubsaugen) stark sein kann und man selbst standfest bleiben muss. Auch ist es acht Stunden alleine zuhause vor allem eines: ziemlich still.

Manchmal ist die Ruhe eine großartige Abwechslung, aber für die tägliche Routine für jemanden wie mich, der in einer Großfamilie aufgewachsen und somit an einen lauten Grundpegel gewöhnt ist, nicht schön. Aus diesem Grund sitze ich nicht am heimischen Schreibtisch und der Pyjama ist nicht meine Arbeitsuniform. Stattdessen zieht es mich jeden Morgen in eine Gemeinschaft, die aus einem bunten Mix aus kleinen Startups, Freelancern oder Unternehmern am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit besteht.

Die kleine Mashup-Kolonie im Startup-Reich

Mein Co-Working-Space Super7000 ist eine kleine Institution in Düsseldorf. Das Zentrum für „Coworker, Foodies, Marketer, Techies, Nerds und Maker“ ging aus zwei früheren Startup-Hubs hervor. Die Entrepreneur-Mentalität ist allgegenwärtig, was sich auch in der verspielten Gestaltung der Büroflächen widerspiegelt: Eine Schaukel und ein Bällebad sorgen für spaßige Arbeitsunterbrechungen. Immer neu zu entdeckende Memes und Schilder, die auftauchen und auf mysteriöse Weise wieder verschwinden, für kurze Lacher zwischendurch.

Mein Arbeitsplatz wechselt täglich und dementsprechend ist die Aussicht auf meine Sitznachbarn abwechslungsreich: Hier programmiert jemand in fremden Sprachen und haucht wie mit Magie Computerprogrammen Leben ein. Dort flucht jemand, weil Photoshop nicht das macht, was ihm aufgetragen wurde. Eine Gruppe ambitionierter Uniabsolventen versucht, auf dem Nahrungsergänzungsmittel-Markt einzusteigen, und ein anderer Gründer sucht sein kleines Team scheinbar nach Haarfarben aus (blond!). Kurzum: Man bekommt einen tollen Einblick in andere Arbeitsweisen, Firmen, Marken und Märkte. Irgendwer telefoniert immer gerade im Raum und wer würde da immer weghören wollen. Auch ich mache auf meine Bürobekanntschaften mit Sicherheit manchmal einen spannenden Eindruck: oft mit Cola am Platz, viel Zeit in den Telefon- und Meetingräumen verbringend oder zwischendurch auf der Schaukel sitzend, die mitten im Raum hängt.

Remote-Office bedeutet, einen außergewöhnlichen Arbeitsplatz zu haben

„Remote Office“ hat Vorteile…

„Remote Work“ bedeutet den Genuss vieler Vorzüge: Ich kann mein Ding machen. Niemand lenkt mich ab. Ich bin nicht an Berlin gebunden, sondern kann auch andere schöne Ecken entdecken. Manche Kunden sitzen direkt um die Ecke und auch zu Workshopterminen im Rheinland und Ruhrgebiet ist es nicht mehr allzu weit. Das „Super7000“ hat dabei noch einige Extra-Bonbons parat: Die Internetverbindung ist wahnsinnig gut und schnell. Es gibt eine Slack-Gruppe, über die sich die Coworker austauschen und im Bedarfsfall nach schneller Hilfe für sämtliche Probleme fragen können, sei es benötigte Unterstützung bei einem Projekt, technischen Schwierigkeiten, fachlichen Fragen der einfach nur Begleitung zum Mittagessen. Bei allen Vorzügen vom Mashup-Büro in Berlin – ein Bällebad gibt es dort nicht.  Und dennoch: All diese Vorteile fordern auch ihren Tribut.

…aber auch seinen Preis

Ganz einfach ist die Arbeit in meiner kleinen Kolonie nicht immer. Dass ich von vielen Mitarbeiter-Incentives im Berliner Büro, wie den kostenlosen Massagen, dem Obst oder Getränke, nicht mehr oft profitiere, ist dabei nur ein kleines Übel. Zudem wird dieses durch die Tatsache ausgeglichen, dass mir mein Arbeitsplatz im Düsseldorfer Büro sowie monatliche Besuche in der Hauptstadt bezahlt werden. Ich habe jedoch gemerkt, wie wichtig ein harmonisches Team ist, mit dem man nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern zwischendurch auch scherzen, lachen und dann und wann abends auch nochmal weggehen kann. Viele Insider-Gags und Erlebnisse bekommt man aus der Ferne kaum noch mit, oft frage ich nach. Und natürlich sind die Kollegen aus Berlin andersrum auch diejenigen, bei denen man sich zwischendurch über dies und das beschweren oder mit denen man seine Erlebnisse oder Gedanken teilen möchte.

Es ist daher wichtig, nicht zu vergessen, wer auf der anderen Seite des Laptops sitzt. Meine regelmäßigen zwei- bis dreitägigen Besuche in Berlin tragen auf jeden Fall dazu bei, das Team zu festigen. Gleichzeitig wird das Team Zeitgeist, aber auch bestätigen können, dass zumindest meine – mal mehr, mal weniger geist- und sinnreichen – Wortmeldungen in der internen Chatgruppe häufiger geworden sind.

Immer in Kontakt bleiben – auch wenn es einen Mehraufwand bedeutet

Einfach wegfahren und mit der Arbeit beginnen – so einfach ist es nicht. Eine dauerhafte „Remote Work“-Situation verlangt ein Mehr an Kommunikation und Organisation. Auch wenn ich räumlich alleine sitze, bin ich noch immer Teil eines Teams und muss mich mit diesem abstimmen. Was früher über den „kurzen Dienstweg“ als schnelle Frage zwischendurch einfach innerhalb weniger Sekunden erledigt war, erfordert nun – je nach Komplexität des Anliegens – eine Chatnachricht, eine E-Mail oder manchmal auch einen Anruf. Hier ist es für mich wichtig, klare Traditionen zu finden. Deshalb begrüße ich unser kleines Team morgens und lasse sie somit wissen, wann ich bei der Arbeit und erreichbar bin. Und – ganz, als wäre ich selbst im Büro – verabschiede ich mich abends natürlich auch wieder.

Die Koordination wird dabei nicht nur für mich schwieriger. Das ganze Team muss an einem Strang ziehen, damit es durch die räumliche Trennung nicht auseinanderbricht. Ich weiß, dass es manchmal nerven kann, Insider-Witze aus der Agentur im Chat oder Meeting nochmal erklären zu müssen. Dementsprechend dankbar bin ich dem Team Zeitgeist, aber auch allen anderen, dass auch sie den Mehraufwand tragen und mich immer wieder an Bord holen. Und vor allem: Dass sie sich zuweilen verwundert, zuweilen begeistert darauf einlassen, wenn sie in den internen Chats mal wieder mit kleinen Nachrichten überhäuft werden. Aber seien wir ehrlich: Wäre ich persönlich im Raum, würde das Ganze wohl einfach mündlich passieren. Am Ende ist alles eben vor allem eines: eine Sache der Gewohnheit.

Redaktion

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