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Planet Storytelling: Kenia

„Bereit machen für die Landung“, ertönte eine tiefe und sympathisch klingende Stimme aus den Lautsprechern des Flugzeuges. Die Klimaanlage strömte noch ein letztes Mal kalte Luft in die Gesichter aller Passagiere, während sich in den kleinen runden Fenstern ein Naturschauspiel der Extra-Klasse darbot. Je mehr sich der Flieger dem Boden näherte, desto schöner und klarer wurde das Zusammenspiel von Natur, Meer, Sand und Stadt. Hellblaues bis fast türkises Wasser, weiße lange Strände sowie beeindruckende Landschaften entlang der Küste Kenias. Mit aufgeregten und neugierigen Schritten verließ ich den Flughafen und begab mich in das bisher kulturell faszinierendste Abenteuer meines Lebens.

© Mona Khalil

Meine dreiwöchige Reise fühlte sich an wie eine Zugfahrt, die mich im Schritttempo an allen unverkennbaren Haltestellen des Landes vorbeiführte. An vielen stieg ich aus, nahm einen tiefen Atemzug und sog alle Erfahrungen ganz tief in mich ein. So kann ich noch heute von den drei für mich charakteristischen Geschehnissen erzählen.

Kenia: Die Wiege der Menschheit

Wir lebten in einem kleinen Haus nahe dem Strand, mit einem großen Strohdach, einer Outdoorküche, vielen Holzgiraffen und Elefanten. Wir hatten sogar eine Hausfrau, einen Koch und einen Wächter. Das war der Standard für alle touristischen Unterkünfte. Bereits am ersten Abend fiel mir auf, dass nur zwei der drei Angestellten miteinander redeten. Der dritte – der Wächter – schwieg. Getrieben durch meine Neugier fand ich heraus, dass sie einander schlichtweg nicht verstanden. In Kenia werden mehr als 50 verschiedene Sprachen gesprochen. Suaheli und Englisch zählen zwar zu den Staats-, Verwaltungs- und Geschäftssprachen, doch viele ältere Einwohner artikulieren und verstehen sich nur durch ihre eigene Sprache. Wie kommt eine solch länderinterne kulturelle Trennung zustande?

Dazu muss die Zeit „ein wenig“ zurückgedreht werden: Er war circa neun und 147cm groß: Das bisher älteste menschenähnlichste Skelett der Welt existiert seit etwa 1,8 Millionen Jahren, wurde nicht unweit eines kenianischen Sees gefunden und trägt die Bezeichnung Turkana Boy. Antworten auf die Fragen, ob dieses Wesen allein oder in Gesellschaft gelebt hat und warum es so früh gestorben ist, werden vermutlich immer im Dunkeln bleiben. Dennoch ist klar: Unsere frühsten Vorfahren scheinen sich in dem afrikanischen Paradies wohlgefühlt zu haben. Doch wirklich lange war das wohl kein Geheimnis. In der Zeit von 500 v. Chr. bis 500 n. Chr. wurde Kenia von unterschiedlichsten Kulturen eingekleidet, so dass sich mittlerweile auf über 50 Millionen Einwohner 42 verschiedene ethnische Gruppen verteilen. Bis heute ist das Land ein Vielvölkerstaat, der gleichzeitig vielfältig und bunt aber auch zu Teilen sehr konservativ religiös ist.

Ein Volk, so unverkennbar wie kaum ein anderes

Ich erinnere mich noch genau an mein erstes Zusammentreffen mit einem Menschen der Massai-Kultur. Er kam auf mich zu, barfuß, in seinem bunten Gewand, sein Kopf geschmückt, riesige Ohrlöcher, eine Halskette, die den kompletten Oberkörper bedeckte, und mit einem spitzen Stab in der Hand, der aussah wie ein Jagdutensil. Zuerst war ich erschrocken, begriff aber schnell, dass dieses festliche Erscheinungsbild zum traditionellen Gewand der Massai gehörte. Diese leben vermehrt im Süden Kenias und fallen nicht nur durch ihre Kleidung, sondern auch ihre halbnomadische Lebensweise auf. Ihre Hütten sind aus getrocknetem Kuhdung und meist verdienen sie ihren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft und dem Verkauf von selbstgemachten Schmuckstücken. Viele bunte Perlen, in unterschiedlichen Größen und Formen, als Ohrringe, aufgefädelt als Armbänder oder Ketten. Was genau verbarg sich hinter dieser Kunst?

© Pixabay.com / APHKPHOTOGRAPHY

Nachdem es üblich war, Ketten aus alten Knochen, Schnecken oder Tonkugeln anzufertigen, gelangten ab dem 7. Jahrhundert Glasperlen aus anderen Ländern an die Ostküste Kenias. Die daraus angefertigten Schmuckstücke wurden schnell zum Markenzeichen vieler in Afrika lebenden Kulturen. Tatsächlich nutzten einzelne Aktivisten wie Nelson Mandela 1962 die Perlenketten als Protest gegen das Apartheim-Regime und Abgrenzung zu weißen Kolonialisten. Eine weitere Tradition sieht vor, für jeden neuen Lebensabschnitt ein kennbares Schmuckstück zu tragen. So verzieren kleine Holzpuppen mit Perlschnüren den Hals von verlobten Frauen, bis das erste Kind geboren wird.

Immer nachts und meistens nackt: Von Mythen und Sagen

Alles begann mit einem Stein. Er knallte in einer Nacht mit voller Wucht auf unsere Veranda und ließ uns aufschrecken. Es sind viele freilaufende Affen in Kenia unterwegs, so dass wir nicht weiter darüber nachdachten. Am nächsten Morgen wurden wir aber eines Besseren belehrt. Night Runners sind der Legende nach von Dämonen befallene Einwohner, die Nacht für Nacht Unheil anrichten, nackt durch die Straßen rennen und besonders Menschen in ruhigeren Gegenden erschrecken. Sie scheinen eher die Erklärung für unser nächtliches Erlebnis gewesen zu sein. Solche Mythen sind keine Seltenheit in dem Land.

Es haben sich viele eigene Überzeugungen, Erklärungen, Einstellungen und Praktiken durchgesetzt, die uns bisher unbekannt waren. Ich traf eines Tages auf ein Ehepaar in einem kleinen Dorf Nähe Mombasa, die mir mit weit aufgerissenen Augen davon erzählten, wie sie beide eines Nachts den Drang verspürten loszurennen und auf die Dächer anderer Menschen zu steigen. Eine genauere Recherche ergab, dass es echte Videoaufnahmen von diesen Gestalten gibt und allein in Nairobi rund 700 registrierte aktive Night Runners vermerkt sind. Sind das Menschen, die sich aus der gesellschaftlichen Angst einen Scherz machen? Oder verfestigen sich Mythen so stark in den Köpfen, dass diese einst zur vermeintlichen Realität werden? Bisher gibt es keine eindeutigen Antworten darauf.

© Mona Khalil

Eine Fahrt durch fremde Lebenswelten: Aussteigen lohnt sich

Mein Ritt durch das 111km nördlich vom Äquator liegende Land war anders als erwartet, aufregend und vielfältig schön. Jede Station überrascht aufs Neue. Das Zusammenspiel mehrerer Völkergruppen, die hier einst aufeinandertrafen, zeigt sich im Essen, dem Schmuck, den Gewändern, den Häusern und den Sitten. Wer sich auf eine Reise in fremde Lebenswelten begeben und gleichzeitig in den unvergesslichen Genuss von Naturschauspielen der Extraklasse kommen möchte, ist in Kenia wohl genau richtig. Dann heißt es „Karibu“ – zu deutsch „Herzlich Willkommen!“

Du möchtest noch tiefer eintauchen in das Storytelling aus aller Welt? Dann lies hier weiter und lass dich nach Rumänien – genauer gesagt nach Transsilvanien – entführen.

Redaktion

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