Es begab sich im Jahr 2007, als ich relativ zu Beginn meiner PR-Karriere als Kunden ein frisch gegründetes Startup begrüßte, das gegen einen fast übermächtigen Goliath antrat. Die Rede ist von TopTarif, damals ein Winzling im Vergleich zum Platzhirschen Verivox, der sich jedoch zum ernsthaften Konkurrenten mauserte, bis er sogar von dem Marktführer übernommen wurde. Wann immer es in der Presse um Strom- oder Gasanbieter ging, war Verivox quasi fast automatisch als Experte zitiert. Wie konnten wir da mithalten und innerhalb weniger Monate gleichberechtigt neben dieser Übermacht in der Tagesschau genannt werden?
Mit Daten, möglichst frisch gelieferten Informationen für die Verbraucher:innen, wann sich wo welche Strom- oder Gaspreise ändern würden. Heute ein No-Brainer, war es damals für mich die lehrreichste Erfahrung, wie man mit wenig Extra-Honorar und trotz geringer Bekanntheit in den größten Medien Erwähnung findet. Der Einsatz von Daten ist und wird immer mehr ein Grundpfeiler der PR. Doch woher nehmen Unternehmen aussagekräftigen Zahlen?
Repräsentative Umfragen unter Verbraucher:innen sind die Basis aussagekräftiger Statistiken, wie sie Journalist:innen am meisten lieben. Dafür können Unternehmen mit etablierten Instituten zusammenarbeiten, insofern das nötige Budget vorhanden ist. Wichtig ist dabei aber, dass am Ende keine werblichen Aussagen dabei herum kommen à la „40 Prozent aller Deutschen bevorzugen bei Unternehmen X für ihre Versicherungen“. Stattdessen dienen Verbraucherumfragen aus Markensicht eher dem Agenda Setting und der Awareness für bestimmte Themen, z.B. „XY Prozent der Deutschen planen, in den nächsten 12 Monaten ihre Versicherung zu wechseln“.
Für große Firmen, die Tausende von Mitarbeitenden über alle Kontinente hinweg beschäftigen und so Zugriff auf erhebliche Daten-Quellen haben, bewähren sich quantitative Befragungen aber auch in den eigenen Reihen. Gleiches gilt für Umfragen unter Endkund:innen. Hieraus können ebenso spannende Werte und Aussagen erhoben werden, die der Kommunikation nutzen. Dafür können selbst schon jüngere Unternehmen auf ihren Kundenstamm zurückgreifen und mit selbst durchgeführten Umfragen spannende Insights entdecken.
Kleiner Tipp am Rande: Manchmal lohnt es sich, schon bestehende quantitative Studien auch ausfindig zu machen, die
So geschehen 2014 bei unserem Kunden ProvenExpert.
Befragungen müssen nicht immer eine vierstellige Zahl von Teilnehmer:innen vorweisen, um als nützliche Daten-Quellen zu dienen. Wenn das Ziel der Umfrage sein soll, ein detailliertes Feedback zu einem bestimmten Thema oder Problem zu erhalten und dies von einer hochqualifizierten, aber nischigen Zielgruppe, so kann und sollte diese mit einer kleineren Anzahl von Teilnehmenden geführt werden. Besonders beliebt sind zum Beispiel CEO-Umfragen zu Trends oder Brancheneinschätzungen. Hierbei geht es weniger um die statistische Repräsentativität, sondern um die Reputation der Meinungsgeber:innen, die am besten in knackige, zitierfähige Statements verpackt werden.
Zusammen mit unseren Kund:innen geben wir zum Beispiel regelmäßige Trendreports zu Marketing-, Tech- oder HR-Themen heraus.
Bei Firmen, die Apps, Online-Plattformen oder Shopping-Portale betreiben, eignen sich in erster Linie anonymisiert aggregierte Nutzerdaten als Daten-Quellen. Diese können entweder mittels Analytics oder ebenso durch freiwillige Auskünfte ermittelt werden. Vorteil bei dieser Erhebungsform ist, dass die Angaben üblicherweise ohnehin online gesammelt werden. Die Herausforderung liegt hier in der Flut an Zahlen. Das Auswerten bzw. Herauskristallisieren von interessanten Zusammenhängen und reizvollen Insights kann zusätzlichen Aufwand bedeuten. Doch will dieser belohnt werden!
Die Analytics-Plattform App Annie wertet unter anderem regelmäßig Download-Zahlen oder die Nutzungsdauer von Apps aus. Diese Rankings und Insights, die wir den Journalist:innen pitchen und über Pressemitteilungen versenden, genießen große mediale Aufmerksamkeit. Um solche Daten zu gewinnen, muss man aber nicht zwangsläufig Analytics-Expertise im Namen tragen. Auch verspieltere Themen bieten sich dafür an. Für den Online-Dessous-Shop Enamora entwickelten wir zum Beispiel eine Auswertung der Kaufdaten um daraus eine Landkarte der regional am häufigsten gekauften Körbchengrößen zu generieren. Der sogenannte Dessous-Atlas war – wenig überraschend – zum Beispiel bei der BILD ein Riesenhit.
Welche Entwicklungen machen Betriebe einer bestimmten Branche durch? Was für branchenübergreifende Veränderungen lassen sich aus Langzeitstudien erkennen? Um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Mehrwert der eigenen Marke hervorzuheben, eignet sich eine Einordnung im entsprechenden Marktsegment. Ein gutes Beispiel liefert hierfür die Plattform Freelancermap. Das Unternehmen veröffentlicht jährlich einen „Freelancer-Kompass“ in dem sie die Ergebnisse ihrer Marktstudie anschaulich präsentieren. Solche Informationen werden von den Medien gerne aufgenommen, da sie den Fokus nicht nur auf die Daten eines Unternehmens legen und somit mehr Allgemeingültigkeit besitzen. So können das Wachstum der relevantesten Player oder auch die Verkaufszahlen in einem bestimmten Sektor spannend sein und Einblicke liefern.
In unserem Blogpost „Data Storytelling für die Überholspur: Pressearbeit bei Studien“ erfahrt ihr noch mehr über die PR-Auswertung solcher Insights.
Ob die Wetteraufzeichnung, das Verkehrsaufkommen oder Inhaltsstoffe in Lebensmitteln: Diese Faktoren steuern unser Verhalten im Alltag gleichermaßen. Da diese Daten außerdem meist frei einsehbar sind, lassen sie sich für die Erklärung von Schwankungen oder Besonderheiten zur Hilfe ziehen. So fördern verregnete Tage etwa das Onlineshopping und Veröffentlichungen von Dokumentationen wie „Seaspiracy“ beeinflussen den Konsum von Fisch. Die rasant angestiegene Nutzung von Daten-Apps wie Codecheck, die u.a. Auskunft über den Mikroplastikanteil in Produkten gibt, können so mitunter erklärt werden.
Bevor jedoch Fragen formuliert, Analysen durchgeführt und Auswertungstools getestet werden, solltet ihr klären, welche konkreten Erkenntnisse spannend sind. Was soll am Ende herauskommen? Welche Headline soll über den Ergebnissen stehen? Diese Fragen sind eine ideale Möglichkeit, um sich ausschließlich auf Angaben zu konzentrieren, die ihren Antworten dienen. Dies vermeidet, sich in einem Zahlenmeer zu verlieren und unnötige Ressourcen zu verschwenden. Zu beachten gilt dennoch, dass ihr auch bei großen Datenmengen eine möglichst vielseitige Grundlage schafft, um die aussagekräftigsten Ergebnisse zu präsentieren. Das Einverständnis der Datenauswertung und -nutzung sollte ebenfalls sichergestellt werden. Sobald Forschungsziel, Fragen und Zielgruppe feststehen, kann die Umsetzung der Studie und die Erhebung der Werte beginnen.
Genau wie bei allen anderen Themen, die in der PR eingesetzt werden, ist die Relevanz ausschlaggebend. Redakteur:innen haben stets im Hinterkopf, welchen Mehrwert sie ihrer Leserschaft bieten können und inwieweit die Umfrage-Ergebnisse oder Reports dazu beitragen. So ist es für sie besonders interessant zu wissen, woher die Daten-Quellen stammen, ob die Auswertung repräsentativ ist und die Ergebnisse nicht nur als Werbemittel im eigenen Interesse eingesetzt werden.
Wie ihr ein Narrativ um eure Daten aufbaut und welche „Plots“ ihr dafür einsetzen könnt, erfahrt ihr in unserem Artikel „The Big Picture: Storytelling mit Daten„.
Um diesem Vorurteil entgegenzuwirken, könnt ihr bereits vor der Umsetzung einer Studie mit den Medien zusammenarbeiten. Gemeinsam werden so die spannendsten Inhalte und Aussagen für eine Untersuchung festgelegt. Journalist:innen haben die Möglichkeit, sich auf diese Weise von Beginn an einzubringen und sicherzugehen, dass die gewünschten Erkenntnisse zutage kommen. Herausforderung bleibt immer, möglichst neue Ansätze und Aussagen zu treffen, die noch nicht von anderen Unternehmen aufgezeigt wurden. Vor allem bei zeitkritischen Themen und sich stark verändernden Angaben ist die Geschwindigkeit das A und O. Bei einer schnellen Umsetzung könnt ihr mit Aktualität punkten und so eine Veröffentlichung erzielen.
Die Vielfalt an Datenerhebungsmethoden zeigt, dass jedes Unternehmen die Möglichkeit hat, relevante Zahlen zu erfassen und für die eigene Kommunikation und Expertenpositionierung einzusetzen. Statistiken, die eine Aussage bestätigen, wirken immer glaubwürdiger als bloße Behauptungen und lohnen sich daher allemal für eine größere Relevanz. Daten-PR ist dementsprechend unabdingbar und sollte von jeder Marke im Rahmen der eigenen Mittel angewandt werden. Im Zeitalter von Fake News ist es entscheidend, sich auf Fakten zu stützen und diese für sich zu nutzen. Die Ressourcen solltet ihr für Studien, Reports oder Whitepaper einplanen, um einen möglichst großen Nutzen aus der Pressearbeit zu ziehen.
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