Storytelling im E-Commerce: Es war einmal…. ein Rucksack
Es ist eines der schönsten Gefühle. Wie verliebt sein – in sich selbst und das eigene Leben. Einen Urlaub zu buchen fühlt sich an, als hätte man etwas gewonnen. Das Herz pocht schneller, ein Lächeln breitet sich im Gesicht aus und erste Tagträume schleichen sich in den Alltag.
Nun fehlt nur noch der passende Rucksack – groß genug muss er sein, komfortabel und ästhetisch. Im besten Falle sollte er aber auch das verkörpern, was auf der Reise gefühlt werden soll. Von „sich selbst finden“ über „Adrenalin pur“ könnten die angestrebten Emotionen unterschiedlicher kaum sein. Online-Shops tragen hierbei die ehrenvolle Aufgabe, ihre Produkte sprechen zu lassen und dadurch den Weg zum passenden Besitzer oder der passenden Besitzerin zu ebnen.
Kurz gesagt: Durch Storytelling wird E-Commerce zum Dating-Portal – aus den schönsten Geschichten ergeben sich die besten Kundenbeziehungen. Storys schaffen eine emotionale Verbundenheit und Identifikationspotenzial mit dem Produkt und der Marke. Ideale Voraussetzungen für die Verwirklichung von Tagträumen.
Du bist die Geschichte und ich das passende Produkt
Ein schwarzer schlichter Rucksack für 369,90 Euro – Was ist so besonders an ihm, dass dieser Preis gerechtfertigt werden kann? Künstlich intelligent ist er nicht, das nimmt der Online-Shop Heldberg direkt vorweg. In einer humorvollen Produktbeschreibung wird jedoch klar, für wen sich das Geld definitiv lohnt:
“…gehört den Minimalisten. Und den Leuten, die bei Kratzern im Leder nicht den Verbraucherschutz anrufen und lieber den gesunden Menschenverstand einschalten. Spuren aus dem U-Bahn-Gedränge oder vom Schlehenbusch sind wertvolle Signets deines Lebens“
Der Anbieter für #richtigguteszeug hat mit dieser kurzen Beschreibung dem leblosen Produkt und seinen potenziellen Besitzer:innen eine Identität verschafft. Manch einer wird sich selbst darin wiederfinden. Andere werden erkennen, dass der Rucksack einfach nicht das widerspiegelt, was sie sind. Wieder andere lieben vielleicht die Vorstellung, das zu werden, was der Begleiter aus ihnen machen könnte. Fakt ist: Wer hier kauft, will genau der Mensch sein, den dieser Rucksack verkörpert.
Die Marke muss sprechen lernen
„Ich will es haben/Ich brauche es.“ – „Will ich es wirklich haben?/ Brauche ich es?“ – „Ja/Nein“
Diese Abfolge von entscheidenden Aussagen und Fragen spielt sich in Sekundenschnelle im Gehirn jedes und jeder Käufer:in ab. Marken, die sich dessen bewusst sind, versuchen am inneren Dialog teilzunehmen, indem sie ausschlaggebende Argumente vorbringen, warum ihr Produkt definitiv gebraucht wird oder begehrenswert ist.
Genau hier setzt Storytelling ein Ausrufezeichen und antwortet mit Emotionen auf den inneren Kampf der Verbraucher:innen. Das menschliche Gehirn speichert besonders diejenigen Informationen ab, die ein bestimmtes Gefühl erwecken und vielleicht sogar schon die ein oder andere Geschichte im Gedächtnis entstehen lassen. Onlinehändler haben durch die Macht der Digitalisierung viel Spielraum, ihre Käufer:innen zu inspirieren, zu unterhalten und zu berühren.
Dabei sollte das Unternehmen als Stimme sprechen und produktübergreifend den gleichen Humor, eine Einheitlichkeit beim Wording sowie der Erzählform beibehalten. So überzeugt Storytelling nicht nur vom Kauf eines Rucksacks, sondern schafft Identifikation und Liebe zum gesamten Online-Shop beziehungsweise zur Marke.
„Der Kunde ist König“ wird zu „Der Kunde ist Held“
Drei Wörter, die mit einer geballten Ladung an Emotionen die Welt erreichten, erwiesen sich als absolute Geheimwaffe der Weltmarke Nike. „Just Do It“ hat jede:n erreicht, Mut gemacht, Ziele gesetzt und das Gefühl von „Ich kann alles schaffen“ übermittelt.
Genau die gleiche Macht hat sich der Rucksack-Hersteller aus unserem Beispiel zunutze gemacht. Die Käufer:innen können laut der Produktbeschreibung zu einem unabhängigen, gelassenen Menschen werden, der das Leben liebt und das gerne zur Schau stellt. Sie werden zu Held:innen, die sich vom Konsumwahn des 21. Jahrhunderts lösen, Stress und Perfektionismus hinter sich lassen und von nun an mit Leichtigkeit und Lebenslust voranschreiten. Der schwarze Rucksack sowie die Marke Heldberg sind dabei das Sinnbild des Mentors, der sie auf der Reise in die neue Welt begleitet. Die Held:innen können ihre Träume verwirklichen, weil ihnen das Unternehmen mit dem hilfreichen Produkt zur Seite steht.
Ein weiteres Beispiel, wie Storytelling auch in der Automobilbranche funktioniert, liest du hier.
In 5 Schritten zum Storyteller im E-Commerce
Es ist der Traum jedes Unternehmens: Kund:innen erleben beim Anblick des Online-Shops einen Wow-Moment, klicken sich fasziniert durch die Seite, kaufen etwas und kehren im besten Falle wieder. Die eigene Marke soll durch ihre Online-Präsenz nachhaltig in Erinnerung bleiben und Käufer:innen berühren. Doch wie kann die Magie des Storytellings auch für den eigenen Shop genutzt werden?
1. Welcher Mentortyp ist das Unternehmen?
Zuallererst muss sich eine Marke fragen, warum es ihre Produkte überhaupt geben soll und wer ihre Zielgruppe dafür ist? Dabei sind emotionale Werte ausschlaggebend, produktspezifische Aspekte werden außen vor gelassen. Welchen Charakter soll die Brand tragen? Was ist das Besondere am eigenen Online-Shop? Wie und unter welchen Aspekten können die Produkte dabei helfen, die Marke zu emotionalisieren und damit den Kund:innen einen Traum aufzuzeigen?
Warum das Finden des eigenen Markenkerns so wichtig ist, liest du hier.
2. Brand Voice formulieren
Damit die Kommunikation einheitlich bleibt, muss der Charakter der Marke – die sogenannte Brand Voice – definiert werden. Wie ist das genutzte Wording, soll es humorvoll oder sachlich zugehen, Slang oder Fachsprache gebraucht werden? Was sind die Wiedererkennungsmerkmale des Unternehmens?
Ausführlicheres zur Brand Voice findest du hier.
3. Das Lagerfeuer entfachen
Mit Hilfe der Brand Voice können Online-Shops direkt auf der Landingpage anfangen, eine Geschichte zu erzählen und damit potenzielle Käufer:innen emotional einzufangen. Wer etwas fühlt, verweilt länger auf der Homepage. Dabei sollten die Messages einfach und kurz gehalten werden, sodass die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen nicht verloren geht.
Starke Kurzgeschichten holen Anwender:innen dort ab, wo die Frage nach dem „Brauche ich das?“ aufkommt. Hierbei können die ganz großen Emotionen am ehesten überzeugen: Humor, Positive Gefühle oder auch Traurigkeit – das sogenannte Sadvertising. Danach kann jedes einzelne Produkt und/oder jede Dienstleistung mit einer eigenen Story präsentiert werden und so teils spezifischere Zielgruppen ansprechen.
4. Visuelles Storytelling einsetzen
Eine gute Geschichte braucht neben Gänsehaut-Wörtern ausdrucksstarke und qualitativ hochwertige Bilder, um nachhaltig Eindruck zu hinterlassen. Sobald die Bildsprache passend zum Gesagten aufbereitet wird, intensivieren sich die Emotionen beim Anblick des Produktes. Da Visuelles einfacher und schneller im Gehirn verarbeitet werden kann, schaffen Fotos den ersten Sinneseindruck. Die Wörter reihen sich daneben auf, vervollständigen die Geschichten und geben Interpretationsraum für die eigene Anwendung – die Tagträume erwachen zum Leben!
5. Fortsetzung folgt: Geschichten müssen weitergehen
Blockbuster und Bestseller reagieren auf den Zuspruch des Publikums meist mit einer Fortsetzung. Ähnlich kann im E-Commerce gehandelt werden. Eine Prise Storytelling in Newslettern, Rechnungs- oder Feedback-Mails sowie Werbebannern im Internet machen das Bild der Marke noch authentischer und lebhafter.
Ein Beispiel, wie Storytelling auch in Apps angewandt werden kann und welche Unternehmen das bereits erfolgreich anwenden, findest du hier.
Mit E-Commerce gen Selbstverwirklichung: Storytelling schafft Einzigartigkeit
Schon immer war das Geschichtenerzählen ein mächtiges Werkzeug, mit dem die Aufmerksamkeit von Menschen eingefangen werden konnte: Gute Storyteller besitzen das Werkzeug, extrinsisch Gefühle und Illusionen auch abseits des nächtlichen Träumens entstehen zu lassen. Online-Shops, die sich der altbewährten Methode bedienen, schaffen genau das: Potenzielle Käufer:innen, die Bilder vor Augen haben, wie sie Abenteuer mit den jeweiligen Produkten erleben und welche Auswirkungen das auf ihr menschliches Sein hat.
Das Zusammenspiel von visuellem Storytelling und starken Kurzgeschichten vervollständigt den mit Emotionen bepackten Sinneseindruck, so dass beim E-Commerce immer auf beides geachtet werden sollte. Anschließend kann sich die Marke zum Mentor und zum guten Freund entwickeln – mit passenden Produkten oder Dienstleistungen, um die eigene Identität zu untermalen.
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