Agency Stories #15 – Vertrauensarbeitszeit

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Miriam: Guten Morgen, Julia. Schön, dass wir uns mal wieder sprechen – hier live auf LinkedIn. Wenn wir uns sonst schon nicht im Büro sehen, dann eben hier (lacht). Da können dann auch ruhig andere zugucken dabei. Julia, schön, dass du nun schon zum zweiten Mal dabei bist. Wir haben ja immer schöne spannende interne Themen, die ich mit dir bequatschen kann. Und heute geht es ums Thema – Trommelwirbel – Vertrauensarbeitszeit, das heißt wir sprechen einfach mal so ein bisschen über unseren Weg dahin und unsere Erfahrung bisher. Als Einstieg dachte ich mir, tauschen wir uns doch gleich mal über die schönen Seiten davon aus. Was hast du denn zum Beispiel zuletzt privat mit deiner neu gewonnenen Flexibilität und Freiheit für einen Moment gehabt, wo du dachtest: „Ach guck mal. Das ist schön, dass ich das jetzt machen kann.“

Privatleben & Job: Flexibilität durch Vertrauensarbeitszeit

Julia: Ich glaube zuletzt – das sind irgendwie immer so total banale Sachen bei mir, die ich mir dann gönne – war ich tatsächlich bei meiner Mama einen Kaffee trinken, wozu man sonst viel zu selten kommt, vor allem wenn man wie ich zwei Kinder hat, dazu noch zwei relativ kleine. Und wenn man mit den Kindern bei der Oma ist, dann sind die natürlich voll auf der Oma drauf.

Aber es bleibt ja eben auch meine Mama und dann ist es einfach nett, auch mal ein Date mit ihr zu haben, beziehungsweise haben zu können, wenn die Kinder gerade in der Kita sind. Und so kam es zu diesem einen Tag – meine Tage sind sonst oft sehr bestimmt auch durch Meetings etc. – wo ich eben mal keine Kinder dabei hatte. In dem Fall konnte ich dann einfach ganz spontan sagen: „Ach, ich bleibe noch auf eine Tasse“, weil es halt der Tag zugelassen hat und das war echt sehr schön, eine schöne Entscheidung. Und bei dir?

Miriam: Ähnlich, ich glaube, das Thema Kinder ist hier wirklich sehr entscheidend, weil davor habe ich meine Freizeit eben auch am Abend ausgelebt, als man eben noch Lust hatte, abends auszugehen. Und ich hab ja jetzt diese neue Tradition, dass ich versuche, jeden Mittwoch quasi nur noch einen halben Tag zu arbeiten um dann, eben unter der Woche, wo alle anderen arbeiten, mit meinem Sohn und meinem Mann etwas zu unternehmen.

© Unsplash // Damian Zaleski

In Zeiten, in denen alles, z.B. das Aquarium, ein bisschen leerer ist, man nicht ganz so viel Eintritt bezahlt und alles einfach ein bisschen entspannter als am Samstag- oder Freitagnachmittag. Das schaffen wir leider nicht immer, weil manchmal ist dann ja doch irgendwas, was dazwischen kommt. Zumindest ist es aber schön, wenn solche Freizeitaktivitäten mit der Familie nicht immer nur am Wochenende stattfinden, wo dann gleich alle anderen auch in den gleichen Locations sind.

Julia: Ja, und auch wenn das echt ein total banales Thema ist: Im gleichen Zug putzen finde ich auch super. Da habe ich tatsächlich sogar auch schon von anderen Kolleginnen gehört oder auch Kollegen, die gesagt haben, alles ist so ein Luxus und wenn man einfach auch mal sagen kann „ich mach es jetzt noch schnell, ehe nachher wieder völlig das Chaos ausbricht“ fühlt man sich ja danach gleich viel wohler. Dafür nutzt es tatsächlich auch.

Miriam: Ja, und wenn ich wirklich merke, ich bin jetzt extrem unproduktiv, dass ich mir dann auch häufiger genehmige, mir nicht zu denken: „Ach, dann mache ich halt irgendeine stupide Fleißarbeit, recherchiere irgendwas und sitze halt meine Zeit ab“, sondern ich mache dann wirklich zu. Und das ist dann auch okay, wenn man mal für ein, zwei Stunden was anderes macht und dann wieder zurückkommt mit umso mehr Energie.

Julia: Man ist dann ein Stück weit auch ehrlicher mit sich. Ich habe auch so Tage, wo ich so dasitze und mir große Sachen vorgenommen habe, und dann geht es einfach nicht. Und dann sitzt man da, das Blatt ist leer und man wollte eigentlich ganz viel schaffen, aber trotzdem geht es nicht, weil der Kopf einfach nicht will. Und an einem anderen Tag sitze ich dann wirklich von früh morgens bis ich zusammen klappe und bin total gehyped…

Miriam: Im Flow, ja.

Julia: … und das ist dann auch irgendwie schön, wenn man sich einfach sagen kann, heute gehts halt nicht, also klar – wenn man den Luxus hat, dass man es kann und einem keine Deadline im Nacken sitzt.

© Unsplash //
Antonio Gabola

Miriam: Jetzt haben wir ja schon einen schönen Einstieg über all die positiven Aspekte und die Frage, die da natürlich ist, bleibt: Warum ist das überhaupt so ein Weg dahin? Für uns war es ja auch ein Weg und nicht so, dass wir das jetzt schon seit zehn Jahren machen. Und ich habe auch noch mal so für mich überlegt, was sind denn so grundsätzlich so die Klischees, die damit verbunden sind, wenn Unternehmen das nicht machen? Natürlich ist es häufig der Aspekt Kontrolle, dass man irgendwie wissen möchte, wann jemand da ist oder nicht.

Und dann habe ich noch mal zurückgedacht, wie bei uns so der Prozess war und wir können ja gleich mal in unserem Journal schauen, was eigentlich so die Diskussion war.

Denn wir haben ja diese Fragen nach unseren Werten und nach der Flexibilität immer in Kontrast gesetzt zu dem, was dagegenspricht. Und es war bei uns Gott sei Dank nicht der Aspekt Kontrolle, sondern der Aspekt Zusammenarbeit.

Also der Punkt, dass wenn am Ende irgendwie jeder arbeitet, wann er möchte – ob um 20:00 Uhr abends oder sogar noch später und dann wiederum nicht zwischen zwölf und 16:00 Uhr. Wie ist das dann mit den Kunden? Wie ist das mit unserer Zusammenarbeit? Das war eigentlich der Hauptkonflikt, den ich gesehen habe, wo auch die Diskussion dann hingegen „Wie schaffen wir das, dass wir trotzdem nicht komplett asynchron arbeiten, sondern dass man auch mal sich treffen kann oder auch mal weiß, wann jemand da ist?“ lief.

Diskussionsstoff: Anfängliche Skepsis bei Freiräumen

Julia: Ja, das stimmt. Also durch Corona waren wir ja dann eh schon so ein Stück weit geschult, traurigerweise darin, dass man sich nicht immer sieht, und trotzdem glaube ich, war da schnell die Skepsis da. Es kam Fragen wie: „Wie macht man das, dann immer noch allen im Team gerecht zu werden?“ Weil es gibt ja einfach bestimmte Treffen, die man nur mal wahrnehmen muss in Anführungszeichen, z.B. die Teams, die sich einmal am Tag updaten, dieser Check-In Gedanke, wie auch unsere Wochen- und Kundenmeetings. Aber ich habe bisher das Gefühl, dass das Wesentliche dadurch gar nicht berührt wird.

Es gibt dann halt ein bisschen den Rahmen, den jeder für sich hat, aber man kann trotzdem auf die Bedürfnisse auch von Einzelnen eingehen. Wenn wir jetzt jemand haben, der eher ein Spätaufsteher oder eine Nachteule ist, dann sind die anderen glaube ich da auch total gewillt zu sagen: „Okay, dann machen wir unseren Check-In halt nicht um neun, sondern um elf.“ Am Ende findet man da immer irgendwie einen Weg. Zumindest habe ich bisher das Gefühl, dass es eigentlich so ganz gut geht.

Miriam: In kleinen Teams ja, definitiv. Die ursprüngliche Frage war hier für uns vor allem: Wie vereinbaren wir möglichst viel individuelle Flexibilität bezüglich Arbeitszeiten mit gegenseitiger und den Kunden gegenüber geltender Verbindlichkeit? Und dann gab es viele Diskussionen. Ich meine, die Ausgangslage war ja so eine Art Gleitzeit, was wir schon immer hatten, bis hin zu unterschiedlichsten Neuinterpretationen von Gleitzeit bis hin zu jeder sollte doch machen können, was er möchte bis hin zu – na ja – für die Kunden muss vielleicht doch irgendwie immer einer erreichbar sein.

Wie findet man dann auf die Schnelle einen Stellvertreter und so? Dann hatten wir aber wiederum auch die anonyme Diskussion, wo dann auch Einwände kamen, wie: Wenn einer immer vertretbar sein muss, dann müssen ja ständig die Telefone weitergeleitet werden und so weiter und so fort. Das war dann immer eine lange Diskussion und ich hatte zum Teil das Gefühl, meine eigenen Mitarbeiter sind da manchmal gar nicht so progressiv, wie ich selbst bin. Also für mich war die Antwort eigentlich total klar. Aber es war ein langer Weg dahin.

© Unsplash // Harman Sandhu

Und ich glaube, ein ganz wichtiges Ventil ist eben auch diese nervige Zusatzaufgabe einen eigenen Kalender zu pflegen. Was waren denn so aus deiner Sicht die interessantesten Punkte der ganzen Diskussion? Sachen, die dich überrascht haben oder die jetzt selbstverständlich sind, wo wir aber zunächst länger drüber diskutiert haben?

Julia: Ich glaube, was ich tatsächlich immer irgendwie am überraschendsten fand, weil ich da dann eher so schon war wie du (was ich von mir selber auch gar nicht gedacht hätte übrigens. Ich bin ja auch eher der Typ für Rahmen und Raster in meinem Tagesablauf). dass ich als wir angefangen haben zu diskutieren, immer die war, die die Kommentare gemacht hat. Kommentare wie: „Wenn, dann machen wir es komplett flexibel und jeder legt sich seine Arbeitszeit so wie er will.“

Und was mich dann entsprechend überrascht hat, war dass da doch viel, ich will nicht sagen Gegenwehr, kam dass da doch auch viel zurückgerudert wurde in der Diskussion. Aussagen wie: „noch mal darüber nachdenken“ besonders in Bezug auf – nicht mal gegenseitiges Vertrauen, ich glaube, das ist schon da – aber schon so, dass viele Leute doch erst mal Angst davor hatten, dass wir kein System finden, wie das funktionieren kann. Das hat mich, glaube ich, am meisten überrascht, wie viel Skepsis da vorhanden war, auch wenn man ja eigentlich sagt: „Hey, ihr kriegt alle Freiheiten, die ihr wollt.“

Also wie viel Angst dadurch entstehen kann, dass man Freiräume gibt. Deswegen haben wir ja auch zum Beispiel den Kalender eingeführt. Das ist ja auch zum einen natürlich ein System zum Organisieren, dass man sich gegenseitig einfach zeigt, wann man verfügbar ist und wann nicht, aber ich glaube auch ein System, was ganz vielen Leuten wiederum auch ganz viel Sicherheit gibt.

Es gibt den Kalender, das heißt es gibt bestimmte Phasen, wo wir uns zusammentreffen. Das ist verbindlich. Da muss man dann keine Sorge haben, dass man plötzlich der oder die ist, der Sachen ganz alleine machen muss, weil alle sich denken, ich mach mir heute mal einen schönen Lenz, was eben nicht passiert, wenn der Kalender dann so ein Stück weit wieder Sicherheit und Struktur gibt. Aber damit hätte ich nicht gerechnet. Dass in dem Maße so ein hohes Bedürfnis nach eben dieser Sicherheit da ist, das hat mich überrascht.

Miriam: Ja, für mich war es auch überraschend Das sind auch Punkte, die in der schriftlichen Diskussion, in der anonymen Diskussion, auch von mir aus immer eingebracht wurden, eben diese Sorge. Weil ganz häufig wurde dann gesagt: „Na ja, es soll ja, kann ja jeder arbeiten, wann und wie er möchte.“ Aber dann sollte man schon mal zwischendurch seine E Mails checken. Da sollte man, wenn man jetzt mittags oder nachmittags nicht arbeitet zwischen 12:00 und 16:00 Uhr, weil man da z.B. was mit seinem Kind macht, vielleicht dann doch mal gucken.

© Pexels // Karolina Grabowska

Und dann hatte ich so ein bisschen die Sorge, das artet dann in so einer ständigen Verfügbarkeit aus, zwischen acht und acht Uhr irgendwie, wo man ja auch aufpassen muss, wie die Teams so einen unterschwelligen „Peer Pressure“, vielleicht auch ganz unbewussten, aufeinander ausüben oder auch jeder selber irgendwie die Grenzen nicht setzen kann und dann doch wieder so eingefahrene Muster reinkommen. Von wegen: Naja, aber Person XY legt ja schon sehr pünktlich über sein Schreiben seine Stifte wieder ab.

Vertrauen ausleben: Neu denken mit New Work

Julia: Diese ganze Denke in Stunden ist so krass, das ist so was, was uns so eingetrichtert wurde, womit wir quasi großgeworden sind: „Es ist so. So funktioniert Arbeit.“ Man arbeitet eine bestimmte Stundenanzahl in der Woche, was ja auch prinzipiell gut ist, weil das ja auch weiter so in den Verträgen drinsteht. Denn es muss ja auch irgendeine Basis geben, auf der man irgendwie miteinander handelt.

Aber dass man sich davon so schwer lösen kann, also dass ich oft noch das Gefühl habe, wenn sich jemand einen Freiraum einräumt, dass er dann denkt, okay, jetzt habe ich aber eine Stunde länger Mittagspause gemacht, daher muss ich heute Abend eine Stunde dranhängen, was aber ja so gar nicht gedacht ist und wo ich glaube, wo der Prozess sozusagen noch hinlaufen muss insgesamt beim Thema New Work.

Man führt dann immer irgendwelche neuen Dinge ein und guckt sich das so an, aber da muss eben noch ganz viel passieren, dass man sich davon löst, dass man immer in diesem Stundengedanken ist, mehr hin zu zum Beispiel Aufgaben.

Also Aufgaben, Projekte und dass man mit sich in einen Prozess kommt, wo man da guten Gewissens sagen kann: „Ich habe für heute alles geschafft, was ich schaffen wollte oder was ich schaffen kann“ – manchmal ist es ja auch ein „Ich kann heute einfach nicht mehr“ – dann muss ich jetzt nicht irgendwie zählen: Habe ich dann aber all meine Stunden gemacht oder habe ich mir jetzt irgendwie so ein Gedanken a la „womöglich hat denn irgendjemand ein Kontingent?“ Und überlegt, jetzt habe ich aber da zwei Stunden zu wenig und da zwei Stunden zu viel?“ Das ist ja völliger Blödsinn, das verkompliziert das alles so!

Aber da habe ich auch immer ganz oft das Gefühl, das ist für manche Leute dann noch sehr so dieses – ja auch ein Stück weit weg, glaube ich, das Gefühl, dass man sich ja auch nichts zuschulden kommen lassen will, weil man hat ja irgendwie diese Stundenanzahl. Und was passiert wohl, wenn ich jetzt irgendwie da viel zu wenig mache?

Und ich glaube, da können wir nur im Prinzip dafür plädieren, dass man auch wirklich dieses Vertrauen auslebt. Ich mach das mit den Leuten ja am ersten Tag schon. Ich mache dann das On-Boarding mit dem Neuen so, dass ich versuche, das da schon so mitzugeben: Ja, wir haben diese flexible Arbeitszeit, ihr dürft die auch nutzen. Ihr müsst hier keine negativen Folgen irgendwie befürchten. Und dann muss man, das glaube ich, über die Zeit einfach das Vertrauen aufbauen, dass man lernt, diese Strukturen auch für sich selbst zu nutzen.

© Unsplash // Seyfettin Dincturk

Miriam: Ja, ich glaube, das mit den Stunden, das ist natürlich so ein bisschen ein hausgemachtes Problem, weil wir eine Agentur sind und wir verkaufen Stunden und Zeit. Daher drehen sich viele Diskussionen um Kapazitäten um irgendwelche Zeiteinheiten. Aber es ist auch in anderen Unternehmen, wo es vielleicht weniger darum geht, wo eben nur Produkte verkauft werden, wo man an Projekten arbeitet, manchmal schwierig, weil wenn du sagst: Ja, manchmal geht eine Pressemitteilung eben schnell von der Hand und du brauchst halt nicht irgendwie wie einkalkuliert fünf Stunden dafür, sondern nur drei, wär das ja irgendwie natürlich auch dein kleiner Produktivitätsbonus. Warum nicht? Den kann man sich ja auch dann mal einräumen.

Wobei wir ja jetzt auch nicht für jede Leistung eine feste Stundenzahl irgendwie drauf schreiben. Es geht ja am Ende auch um die Ergebnisse. Wenn ich merke, wir sind da bei einem Kunden ein bisschen hinterher, da gibt man vielleicht auch mal einen Monat mehr Gas und dann zahlt sich das im nächsten Monat aus und die Ergebnisse flattern rein und man kann alles ein bisschen gelassener angehen.

Also oft sind ja auch Faktoren, wie Druck und Stress, die da mit reinspielen, die nicht immer nur mit dem Erledigen einer Aufgabe abgehakt sind, sondern natürlich auch mit gewissen Erwartungen und Zielen einhergehen.

Ich glaube viel umdenken ist, was da generell passieren muss, weil wie du schon gesagt hast: ich glaube, man wächst halt mit so einer gewissen Einstellung auf, was Arbeit ist, was du genau richtig gesagt hast und was jetzt irgendwo die Challenge, ist. Weil New Work jetzt auch nicht das komplette Gegenteil von allem und trotzdem Arbeit ist. Und persönliche Erfüllung in seiner Arbeit zu haben, hat ja auch trotzdem immer was mit dem Erreichen von Zielen und mit Aufgaben, Projekten wie auch Sachen, die man verwirklicht, zu tun.

Und das kostet ja auch Zeit und Anstrengung und man hat ja auch noch ein Leben dazu. Und mit vielen Rechten kommen auch viele Verpflichtungen hinzu und ich muss auch sagen. für mich ist es schon so mit dieser Kalendergeschichte – klar, das ist natürlich die naheliegendste Lösung, dass man da jetzt sagt: „Jeder hat seinen Kalender, ich kann in jeden Kalender reinschauen und ich sehe jetzt natürlich nicht, was du mit deiner Freizeit machst, aber ich sehe, du bist jetzt gerade nicht available, oder du bist jetzt irgendwie out of office und so“ – aber es ist natürlich so. Das hängt dann natürlich auch davon ab, wie jeder diesen Kalender pflegt, was auch eine Typfrage ist – dann auch wieder so ein bisschen nerviges Mikromanagement. Auch dann kommst du wieder in so einen Kontrollmodus, aber da musst du auch deinen Kalender pflegen.

Und wenn das dann nicht so ist, dann ist es ärgerlich, wenn du dann Termine buchst für ein Meeting und dann heißt es „ja, aber ich bin ja gar nicht da“ zum Beispiel. Also das sind natürlich wieder so kleine Kleinigkeiten im Alltag, die dann vielleicht manchmal auch ein bisschen frustrieren. Gibt es denn für dich so Punkte, wo du noch denkst: Als Team oder du für dich alleine oder von uns als Geschäftsführung gibt es vielleicht noch so kleine Schrauben, wo wir noch alle ein bisschen dran arbeiten könnten?

© Unsplash //
Claudio Schwarz

Planung: „Es ist schwierig, alle Leute an einen Tisch zu bekommen“

Julia: Hmm, da muss ich grad mal drüber nachdenken. Ich glaube eigentlich Folgendes: Ich glaube, wir machen das eigentlich gut, wie wir es machen. Klar, das mit dem Kalender hat so ein bisschen Anlauf gebraucht. Ich habe aber das Gefühl, mittlerweile wird er eigentlich ganz gut gepflegt. Ich glaube generell, ich habe immer das Gefühl, es wird insgesamt halt so zaghaft noch genutzt.

Also irgendwie habe ich das Gefühl, es könnte jeder einfach noch viel stärker sich auch Dinge einräumen für sich. Aber andererseits muss man ja auch sagen, das ist ja genau das, worum es geht, dass jeder eben die individuelle Freiheit hat, sich genau die Freiheit einzuräumen, die er eben braucht.

Ich meine z.B. ich durch die Kita, das kennst du ja auch, ist man ja auch schon in so einem fertigen Tagesablauf. Hier kann ich ja jetzt auch nicht völlig wild meine Stunden so irgendwie planen. Dementsprechend verstehe ich es auch total, dass andere Leute halt auch sagen „Nö, ich bin aber genau der Typ für feste Arbeitszeiten. Ich mache trotz der Freiheiten gerne von morgens bis nachmittags abends und danach gehe ich halt – und das ist dann ja auch gut. Aber insgesamt: für mich wäre das was, wo ich das Gefühl habe, da könnte jeder noch mutiger sein. Aber vielleicht braucht es auch keiner.

Also vielleicht ist es auch total der Irrglaube von mir, dass ich denke, hey, ihr könnt mutiger sein, dabei ist es eigentlich völlig okay für alle und alle nutzen es in dem Maß, wie sie es brauchen. Strukturell aber glaube ich haben wir da alle Möglichkeiten geschaffen. Man könnte sicherlich noch mal – keine Ahnung, wir sind immer auf der Suche nach dem einen Supertool, du besonders, von wegen ob man nicht doch nochmal irgendwas findet, was es noch leichter macht, sich da miteinander zu strukturieren. Aber ansonsten läuft es ja.

Miriam: Ich glaube, eine Challenge, die ich jetzt schon so merke und ich glaube, das wird immer schlimmer, ist: Es wird halt immer schwieriger, drei Leute an einen Tisch zu bekommen, physisch mal schon gar nicht. Aber ich merke das manchmal so, dass ich denke: Wann kann ich mich jetzt mit Person X und mit Person Y austauschen? Und ja, ich bin jetzt auch kein Meeting-Freund, der für jeden Kram Meetings braucht, aber wenn man sich mal so kreativ über eine Strategie austauschen möchte, muss man schon mal miteinander reden.

Und dann merke ich langsam, dass die Person irgendwie nicht da, bzw. wenn doch, dann bin ich nicht da. Und dann ist die Person schon wieder ihre Kinder abholen und wo findet man ein Zeitfenster? Dann sind dann schon schnell mal zwei Wochen vergangen. Also ich habe manchmal die Befürchtung, dass es uns etwas langsamer macht. Bisher ist es noch nicht so eingetreten, aber man muss schon sagen: Es ging schon mal ein bisschen synchroner. Aber das ist halt auch ein spannendes Thema, dieses asynchrone Arbeiten, was wir, glaube ich, noch ein bisschen lernen müssen. Da gibt es ja auch Möglichkeiten und Tools, dass z.B. wenn wir Gespräche haben, wir die eben auch aufnehmen und dann kann sich Person zwei das später anschauen.

Man kann da natürlich keine Fragen mehr stellen oder sich einbringen. Aber es geht im Prinzip nichts verloren von den Informationen her. Und das ist glaube ich eine Challenge, dass wir noch mehr üben könnten oder wo wir uns auch noch mal mehr austauschen könnten in puncto: Wo sind die Punkte, wo wir wirklich synchron zur gleichen Zeit miteinander sprechen müssen? Und was sind eigentlich, auch wenn es inhaltlicher Austausch ist, Punkte, wo man auch das irgendwie schriftlich oder per Aufnahmen oder eben in Kommentaren, in Chats und so weiter, nachverfolgen kann und sich dann auch noch nachträglich einbringen kann?

© Unsplash //
Marisa Howenstine

Julia: Ich wollte gerade sagen, ich habe das Gefühl, dass Challenges eher die Art und Weise sind, wie wir uns bisher organisiert haben, was zum Beispiel Meetings angeht. Da werden dann halt mal Fragen aufgeworfen wie: Brauchst du wirklich alle drei Personen, um sich darüber auszutauschen? Oder reicht es eben auch, wenn zum Beispiel der Kernansprechpartner dabei ist und der trägt es dann an sein Team weiter oder die schauen sich eben wie gesagt die Aufzeichnung an und so, das habe ich halt auch schon gemerkt, dass man solche Sachen dann einfach auch mal in Frage stellt. Fragen wie z.B.: „Ach Mensch, da ist der nicht da, aber brauchen wir sie wirklich oder kann sie auch nachträglich wieder ins Projekt reinkommen?“

Ich glaube, da wächst man sozusagen an seinen Aufgaben mal wieder, insofern, dass man sich auch so ein bisschen löst davon, dass immer alle alles mitmachen müssen. Du bist da ja eh sowieso schon immer sehr effizient gewesen und hast da auch nicht oft so Meetings veranstaltet, wo dann gleich zwölf Leute pünktlich an Ort und Stelle sein müssen. Aber ich glaube, das ist bei allen noch so ein Prozess, dass man halt auch wirklich sagt: „Naja, dann trefft euch halt erst mal zu zweit, stoßt das an und dann könnt ihr ja auch an einem späteren Punkt auch noch mal jemand anderen mit reinholen. Und dann könnt ihr da sozusagen das Gehirn noch mal anzapfen“ Es muss ja nicht immer alles zur gleichen Zeit passieren. Es ist ja irgendwie auch so ein Kopfding.

Mindset is key: Es ist alles Kopfsache

Miriam: Ja, aber es ist halt auch wieder verbunden auch mit so nervigen Admin-Sachen, wie, dass man die Informationen dann ja auch wieder irgendwo festhalten muss. Es ist halt auch sehr viel Informations- und Wissensverlust die Gefahr, wenn man eben nicht miteinander direkt gesprochen hat, sondern Person X das an Person Y weitergibt und so weiter. Da sollte man dann irgendwie möglichst auch die wichtigsten Sachen schriftlich festhalten für die Ewigkeit, dass man das auch rückversichern kann. Was haben wir eigentlich besprochen? Sollte man ja eigentlich sowieso auch machen, weil auch drei Leute in dem gleichen Meeting unterschiedliche Sachen verstehen können aus einem Gespräch.

Aber das sind einfach auch noch mal so neue Arbeitsweisen, dass man eben nicht sagt „ja, wir haben uns da drüber unterhalten, somit ist ja alles klar.“ Sondern da muss man eben auch Möglichkeiten schafft, das irgendwie effizient zu protokollieren und dann nachträglich auch noch kommentieren zu können, auch um nachträglich noch eine Stimme z.B. bei wichtigen Entscheidungen zu haben.

Auch wenn man jetzt nicht dabei war, trotzdem zu sagen ihr habt das jetzt zwar alles durchdiskutiert, aber ich habe da trotzdem mit Punkt X noch Bauchschmerzen und würde da gerne noch was dazu sagen. Das hat natürlich viel mit den Tools zu tun, denn das kann man eben nicht alles in einem Word-Dokument abbilden oder auch in einem Projektmanagement Tool., Da muss man halt schon Wege schaffen, wie das dann eben auch festgehalten wird.

Julia: Ja, das stimmt, diese Langfristigkeit. Ich finde das Direkte funktioniert meistens noch gut, dass man einen Weg findet, sich nicht zwangsläufig persönlich über irgendwas auszutauschen, aber dass es dann irgendwo gespeichert ist, wo man es auch vielleicht in zwei, drei oder vier Wochen wiederfindet und nachvollziehen kann, das ist da, glaube ich, die größte Herausforderung.

Miriam: Du hattest im Vorgespräch noch gesagt, du hast dich neulich mit einem Coach auch zu dem Thema ausgetauscht. Diese Coaches, die ja auch viel über New Work weitervermitteln, kennen ja viele Erfahrungen. Hast du da noch spannende oder beruhigende Insights bekommen, wie z.B., dass unsere Probleme wahrscheinlich auch sehr ähnlich sind wie die vieler anderer Unternehmen, oder?

Julia: Jein. Also erst mal war sie sehr stolz, quasi auf uns. Also – der Hintergrund ist, dass ich mich mit ihr ausgetauscht habe, was wir gegebenenfalls mit ihr für Coachings noch machen könnten. Und ich hatte ihr aber so einen kleinen Background gegeben, was wir alles schon so machen, was wir schon für Strukturen eingeführt haben. Und man sah immer nur in ihren Augen, wie …

Miriam: Sie dachte: Wow, wow!

Julia: … also dass wir da schon sehr fortschrittlich sind. Und sie hat mir dann aber auch noch gesagt, dass es halt, dass sie als Coaches aus der Erfahrung auch merken, dass vieles wirklich Mindset ist.

Also die Strukturen, die können alle funktionieren, aber vieles ist halt im Kopf. Und da hatte sie mir noch das das Bild mitgegeben, was ich eigentlich ganz cool fand. Die Idee, dass man halt so ein bisschen ist wie ein Vogel oder ein Kaninchen im Käfig. Man ist so an seine Strukturen, an dieses, was einen so umgibt, in der Arbeitswelt gewöhnt, obwohl die Tür offen steht.

Man könnte auch rausgehen, aber man ist halt noch so: „Hmm, ich gucke es mir vielleicht besser noch hier drin aus meiner sicheren Komfortzone an“ und da habe dann auch gedacht: Ja, Stimmt, irgendwie ist es so. Man kriegt dann die Freiheiten zugespielt, aber irgendwie bleibt man doch immer in der Nähe seines Käfigs und das braucht, glaube ich, einfach Zeit. Das war so das, wo wir uns dann auch voll einig waren. Aber insgesamt glaube ich, war sie von uns schon sehr beeindruckt. Aber ich glaube, wir können trotzdem auch noch Impulse einholen, wie man solche Muster vielleicht noch auf anderen Wegen aufbrechen kann.

Miriam: Muster auf jeden Fall. Ja, sehr schön. Ich freue mich, dass wir uns jetzt ausgetauscht haben. Ich freu mich auch nachträglich auf Kommentare, die wir auch gerne, auf die wir gerne noch eingehen. Und nicht beim nächsten Mal, aber sicherlich noch in diesem Jahr – vielleicht auch wieder mit dir – sprechen wir dann auch mal über das Thema Vertrauensurlaub.

Julia: Was auch nicht mit weniger Skepsis gesehen wird (lacht).

Miriam: Ja, da gibt es ja fast noch mehr Widerstand. Aber das eine ergibt sich ja logisch irgendwie aus dem anderen, weil wenn ich nicht mehr drauf gucke, welcher Tag jetzt irgendwie freigenommen wird, weil ich mir das freigeschaufelt habe, oder welcher Tag freigenommen wird für Urlaub und welcher Tag freigenommen wird für Teilzeitarbeit, dann kann man vielleicht auch da vertrauen. Und das, das ist ein sehr spannendes Thema, worüber wir uns ja auch noch mal ausgetauscht haben.

Aber vielleicht warten wir da noch ein bisschen ab, bis wir mal gucken können, wie sich das jetzt über das ganze Jahr, das erste Jahr, in dem Fall 2022 mal so aufgebaut und ausgewirkt hat. Und ob man sieht, dass die Leute mehr Urlaub nehmen, anders Urlaub nehmen oder weniger im Zweifel. Das wäre ja mal ganz spannend, dann in die Statistik zu schauen, vielleicht mit Nora und dir zusammen, aber danke dir erst mal. Und bis dahin hoffe ich, dass du viele schöne weitere Kaffeedates mit deiner Mama haben hast. Oder auch mal kitafreie, also kinderfreie schöne Freizeitmomente für dich. Und ja, dann sehen wir uns bestimmt bald wieder.

Julia: Auf jeden Fall. Danke dir. Ciao.

 

Redaktion

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