In unserem heutigen Beitrag aus der Reihe Planet Storytelling reisen wir in das ferne Südamerika – nach Bolivien. Wer in La Paz, der ehemaligen Hauptstadt, auf 3.625 Metern Höhe entlang spaziert und sich mit Coca-Blättern in der Wange über die stufenreichen Märkte bewegt, stellt schnell fest, dass sich Bolivien seinen christlichen Eroberern niemals ganz gebeugt hat. Noch heute sprechen in dem andinen Land mit rund 12 Millionen Einwohnern zehn Prozent der Bevölkerung gar kein Spanisch und über 30 Prozent haben eine der drei indigenen Sprachen als Muttersprache. Dass uralte Inka-Legenden und Mythen unter diesen Umständen bis in unsere Zeit weitergetragen wurden und andine Gottheiten neben Jesus und Maria verehrt werden, liegt da nahe. Bolivien ist ein Paradebeispiel von Synkretismus, der Vermischung mehrerer Religionen.
In den andinen Kulturen gibt es kein Gut oder Böse. Dem Glauben der Inkas nach hat Alles alles in sich. Somit geht es lediglich darum, ein Gleichgewicht herstellen und halten zu können. Ursprünglich glaubten die Inkas an einen geschlechtslosen Kosmos, der auf dieser Reziprozität basiert und um dessen Gleichgewicht sich die Menschen zu kümmern hatten. Doch mit der Christianisierung durch die Spanier wurde dieser Kosmos im Laufe der Jahre personifiziert und in Anlehnung an die Mutter Gottes Maria als „Pachamama“ verehrt und mariengleich dargestellt. Ihr Name lässt sich auf „Pacha“, was auf Quechua und Aymara „Kosmos“ bedeutet und „Mama“, „Mutter“ zurückführen. Noch heute ist die „Erdmutter“ eine der wichtigsten andinen Naturgottheiten und allgegenwärtig. Als mächtige Göttin der Erde und des Kosmos schenkt sie Leben, nährt es und kann es auch wieder nehmen. In der andinen Kosmovision gilt die Pachamama als heiliges Wesen der Berge und Menschen, das nicht nur für alles Materielle, sondern auch das Geistige verantwortlich ist.
Der Legende nach, war Pachamama die Frau von Pachacámac, der als Gott des Himmels und der Wolken galt und auch mit Feuer und Erdbeben in Verbindung gebracht wurde. Die Vereinigung von Pachamama und Pachacámac sollte die Vereinigung von Erde und Himmel darstellen. Aus ihr entstanden Sonne (der Gott „Inti“) und Mond (die Göttin „Mama Killa“), welche später ebenfalls ein Paar wurden.
Pachamama gilt als gütiger Geist und Helferin, als Beschützerin der Natur und der Menschen, Spenderin von Wasser und Nahrung, als Förderin der Fruchtbarkeit. Doch kann sie auch feindselig gegenüber denjenigen sein, die die Natur nicht respektieren; ihr Groll zeigt sich in Dürren, Erdbeben oder indem sie das Klima für den Anbau von Nahrungsmitteln ungünstig macht. Daher brachten ihr die Inkas die größte Verehrung entgegen und viele Bolivianer machen ihr noch heute täglich Opfergaben. So gilt beispielsweise der erste Schluck von alkoholischen Getränken der Pachamama und wird auf der Erde vergossen. Auch wenn Pachamama mittlerweile als Maria dargestellt wird, unterscheidet sie sich durch diese Opferrituale von der christlichen Mutter Gottes, zu der lediglich gebetet wird.
Potosí ist ein Dorf wie kein anderes. Sein Name, Jahrhunderte lang ein Synonym für Reichtum. Im 17. Jahrhundert noch eine der größten Städte der Welt, hält es heutzutage noch eine Einwohnerzahl von knapp 175.000. Was das kleine Städtchen so besonders macht? In seinem Cerro Rico, dem „Reichen Berg“ lag die einst größte Silbermine des Spanischen Kolonialreiches. Der Cerro Rico, der kahl und groß über die koloniale Kleinstadt ragt, taucht jeden, nur wenige Meter nach dem Einstieg, gänzlich in seine Dunkelheit. In seinem Inneren wird Staub herumgewirbelt, zugleich ist es feucht und kühl. Bedingungen, die seit über 500 Jahren Arbeitsalltag für die meisten Bewohner:innen einer Stadt sind, die einst Paris und London mit ihrer Bekanntheit in den Schatten stellte. Noch heute steigen rund 10.000 Kumpel unter Tage und bauen die Reste des Silbervorkommens, sowie weitere Mineralien und Metalle ab.
Bevor die Männer ihre Wägen in die Tiefe rollen, statten die meisten von ihnen einer Pachamama-Figur am Mineneingang einen Besuch ab. Hier legen sie diverse Opfergaben wie Bier, Zigaretten und Coca-Blätter ab. Außerdem ist die Kapelle rund um die Figur mit blauem Gewand und Jesuskind im Arm über und über mit Blut bespritzt. Denn vor ihr werden einmal im Jahr junge Lamas geopfert, deren Fleisch die Minenarbeiter im Anschluss bei einer großen Feier essen.
Doch wer einen Arbeitsplatz hat, der „Berg, der Menschen frisst“ genannt wird, betet besser nicht nur zu einer Gottheit. Es wird gesagt, dass der Berg als Gegenleistung für seine Schätze, die er preisgibt, Menschenopfer fordert. Um sich also nicht nur Gottes und Pachamamas Segen zu sichern, sondern auch den Teufel auf seiner Seite zu haben, werden noch einer weiteren Gottheit Opfergaben gemacht: „El Tío“. Zu Deutsch „der Onkel“ sieht den christlichen Teufelsdarstellungen ebenfalls nicht unähnlich. Seine Darstellung geschweige denn Anbetung wurde schon vor vielen Jahren aus ketzerischen Gründen verboten. Man findet seine gehörnte Lehmfigur daher auch nur noch versteckt vor Gottes Augen, untertage. „Der Onkel“ verbringt seine Zeit nah dran am Geschehen, bei den Bergarbeitern. Er sitzt lebensgroß und nackt mit unübersehbarem Geschlecht in den Wänden, hält eine ihrer Zigaretten im Mund, ein Bier in der Hand und ist über und über geschmückt mit Luftschlangen und Coca-Blättern. Wer ihm huldigt, hat größere Chancen, das Tageslicht noch einmal zu erblicken, so sagt man.
Der wohl unchristlichste Ort ganz Boliviens ist jedoch der sogenannte „Markt der Zauberei“. Hier wird den Touristen all das präsentiert, was die Inka-Kultur an Aberglauben zu bieten hat. Eine aus Ton gefertigte dreiköpfige Figur wird Pachamama genannt und soll die Göttin mit zwei weiteren Gottheiten darstellen. Fällt diese auf den Boden, steht Unheil bevor. Für die nächste Klausur sollte die Figur einer „Eule der Weisheit“ nah bei sich gehalten werden und wer eifersüchtig auf die Geliebte seines Mannes ist, kann ihr auf dem Markt einen Zaubertrank brauen lassen.
Die Symbiose des Schamanismus der indigenen Völker mit europäischem christlichem Glauben ist in dem Andenland so selbstverständlich wie der Katholizismus im Vatikan. Vielleicht ist es genau das, was das Land so magisch macht. Wer nach Bolivien reist, über die Salzwüste „Uyuní“ an rosafarbenen Flamingos vorbei oder auf den Straßen des Dschungels entlangfährt, in dem einst Che Guevara Schutz suchte, kommt meist nicht umhin, in den Zauber einzutauchen.
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