Wann ist es eigentlich Zeit für eine Auszeit? Wenn der Frust im Arbeitsalltag überzukochen droht? Das Immunsystem schlapp macht und das nicht nur einmal? Wenn der jährliche zweiwöchige Urlaub nicht mehr genügt, um im Job Spaß zu haben?
Unser Körper und Geist geben uns viele verschiedene Signale, wann es Zeit für eine längere Pause vom Job ist. In Deutschland haben Arbeitnehmer:innen im Durchschnitt 28,9 Urlaubstage im Jahr. Aber reicht diese Zeit, um der Arbeitswelt nicht nur körperlich, sondern auch mental zu entfliehen? Bei uns im Team stand 2021 das Thema Gesundheit ganz oben auf der Agenda und wir Mashies haben gemeinsam viel getüftelt und diskutiert, wie eine gesunde Arbeitswelt aussehen kann. Mit Vertrauensurlaub haben wir gemäß unserer Werte „Flexibilität und Unabhängigkeit“ ein Modell für uns gefunden, das uns allen die Freiheit ermöglicht, die wir benötigen, um wieder Schwung und Energie im Job zu haben.
Ich zögerte nicht lange und plante mir für den Sommer eine Auszeit von knapp fünf Wochen zu nehmen. Warum der Vertrauensvorschuss von Miriam und Nora keine Einbahnstraße ist und im Voraus einiges an Vorbereitung bedeutete – erfahrt es hier in meinen Learnings!
Als Teamlead versuche ich unseren Urlaub immer bestmöglich aufzuteilen und meine Kolleg:innen regelmäßig daran zu erinnern, frühzeitig ihre Auszeiten für das Jahr zu planen. Urlaube werden bei uns im Team immer von allen abgesegnet. Bei einer so langen Abwesenheit ist es umso wichtiger, alle an Bord zu wissen und mögliche Zweifel und Bedenken auszuräumen.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Als Teamleiterin mit gutem Beispiel vorangehen und regelmäßig Urlaub – egal ob es sich um ein verlängertes Wochenende oder um zwei Wochen Italien handelt – nehmen. Denn aus Erfahrung weiß ich, dass die Stimmung im Team schnell kippen kann, wenn jemand urlaubsreif ist. Die Konzentration lässt nach, Antriebslosigkeit und Müdigkeit hinterlassen Spuren und natürlich merken das auch unsere Kund:innen. Viele Mitarbeitende nehmen kaum oder gar keinen Urlaub, weil sie denken, unersetzbar zu sein. Oder weil sie befürchten, dass Arbeit liegen bleibt. Und damit komme ich zu meinem nächsten Learning.
Da ich wusste, dass meine Kolleg:innen während meines Vertrauensurlaubs viel Verantwortung übernehmen sollten, nahm ich sie frühzeitig mit in meine wöchentlichen Kundenmeetings. Zu den meisten unserer Kund:innen pflegen wir ein freundschaftliches Verhältnis. Wir duzen uns und sprechen in unseren Jour fixes auch über Themen abseits von Presse-Storys und Journalistenansprachen.
Dieses Vertrauen wollen wir natürlich auch während der Abwesenheit der jeweiligen Ansprechpersonen aufrechterhalten. Ich nahm mein Team daher schon im Frühjahr mit in die Kundenbesprechungen und gleichzeitig bekamen sie einen Überblick über anstehende Projekte.
Doch die eigentliche Arbeit wartete noch auf mich. Da ich knapp fünf Wochen Vertrauensurlaub vorplanen musste, machte ich eine detaillierte Übersicht. Diese beinhaltete nicht nur alle anstehenden Presse-Storys inkl. der jeweiligen Versände, sondern auch Organisatorisches. Ich hielt die Namen und Kontaktdaten von allen wichtigen Kontaktpersonen fest und informierte mein Team über den Ablauf interner Prozesse, die ich üblicherweise zu verantworten hatte. Jetzt wäre die Zeit gekommen, um endlich zu entspannen, oder?
Mein Team ist informiert, alle Übergaben sind gemacht, die Geschäftsführung ist im Loop. Eigentlich ist jetzt alles erledigt, oder doch nicht? Kurz vor Beginn meines Vertrauensurlaubs schlich sich bei mir das ungute Gefühl ein, etwas vergessen zu haben. Habe ich an alle Kund:innen gedacht? Sind sämtliche Aufgaben, die anstehen, in der Übergabe? Hat mein Team alle notwenigen Kontakte? Hier hat mir geholfen, tief durchzuatmen und meinen Kolleg:innen zu vertrauen. Erstens kann ich nicht an alles denken und zweitens, schaffen sie das notfalls allein.
Delegieren ist etwas, was auch ich erst lernen musste und noch heute ertappe ich mich hin und wieder dabei, dass ich Aufgaben selbst übernehme, um Verzögerungen zu vermeiden. Falscher Ansatz! Wer Aufgaben von seinem Team fern hält, spricht ihm die Mündigkeit ab und sorgt dafür, dass der eigene Schreibtisch nur voller wird. Als Teamlead weiß ich, dass meine Kolleg:innen nur dazu lernen, je mehr Verantwortung sie übertragen bekommen. Fehler sind dazu da, gemacht zu werden und eine gesunde Feedbackkultur fördert die eigene Motivation. Also, keine Panik kurz vor Start meines Vertrauensurlaubs! Und dann hieß es: Alles Berufliche vom privaten Handy verbannen, vom internen Messenger abmelden und Laptop zuklappen.
Nach fünf Wochen wieder einzusteigen, fiel mir nicht leicht. Zwar war mein Kopf herrlich schön frei, mental war ich entspannt und die Serotonin-Speicher aufgefüllt, allerdings wurde mir bei 1.500 ungelesenen Mails im Posteingang zunächst flau im Magen. Der erste Tag nach dem Urlaub ist für viele von uns erst einmal stressig.
Mein Tipp hier ist, sich genügend Zeit für das Lesen der Mails nehmen und sich vom Team auf den neuesten Stand bringen lassen. Meine Kolleg:innen haben noch für ein, zwei Tage die Kommunikation mit meinen Kund:innen übernommen, sodass ich genug Zeit hatte, mich in alles einzulesen, was in meiner Abwesenheit passierte. Mir hat geholfen, dass mein erster Arbeitstag nach dem Urlaub ein Donnerstag war. So nahm ich mir bewusst die letzten zwei Tage der Woche, um wieder anzukommen und nutzte das Wochenende danach, um meinen Kopf wieder auf Neustart zu polen.
Die Pandemie hat uns ausgelaugt. Das Büro ist oft verwaist, weil viele von uns das Homeoffice vorziehen. Digitale Meetings sind das New Normal. Unser Körper und Geist schreien nach Entspannung, Ruhe und Entschleunigung. Glücklicherweise war uns das im Team bewusst und wir gestalteten unsere Arbeitswelt neu. Das ging nicht von heute auf morgen und bis wir dahin gelangten, wo wir heute stehen, gab es viele Diskussionen, die geführt und viele Meinungen, die gehört werden wollten.
Meine Learnings zeigen, dass wir den Vertrauensvorschuss, den Geschäftsführer:innen uns schenken, ganz selbstverständlich auch zurückgeben müssen. Wie im privaten Leben auch, fußt eine Arbeitsbeziehung auf Respekt, Wertschätzung, Vertrauen und Mut zur Veränderung.
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