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Planet Storytelling: Australien
Planet Storytelling 6. September 2022

Planet Storytelling: Australien

Wüste, Schneegebirge und tropischer Regenwald, dicht besiedelte Millionenmetropolen und hunderte Kilometer lange Straßen durch unbewohnte Steppe – in Australien treffen Gegensätze der Superlative aufeinander. Das Land erstreckt sich über fünf Klimazonen, ist 21 Mal größer als Deutschland, beherbergt aber nur ca. ein Drittel so viele Menschen. Damit liegt Australien auf Platz 4 der Länder mit der geringsten Bevölkerungsdichte.

Auch die Mythologie der seit etwa 60.000 Jahren dort einheimischen Aboriginal People ist voll von Gegensätzen. Aber fangen wir vorn an: In unserer Reihe Planet Storytelling nehmen wir euch mit in die Geschichten unterschiedlicher Länder. Diesmal geht es nach Down Under. Weil das Land so gigantisch und vielfältig ist, konzentrieren wir uns im ersten Teil auf die Geschichten seiner Ureinwohner.

Uluru
Bild: Michael Crovetto via Flickr

Symbolik der Flagge – Grundlage des Lebens der Aboriginal People

Australien steht seit seiner Kolonialisierung noch immer unter britischer Krone und trägt auf seiner Flagge den Union Jack neben dem Kreuz des Südens. Mittlerweile haben aber auch die Aboriginal People im Land eine Flagge, die ihre eigene Geschichte erzählt: Sie ist horizontal geteilt, oben schwarz und unten rot und in der Mitte befindet sich ein gelber Kreis.

Das Schwarz symbolisiert die Aboriginal People selbst, der rote Teil steht für das sprichwörtlich rote Wüstenland Zentralaustraliens. Weitere Interpretationen sehen das Rot als Ocker, was von den Aboriginal People in Zeremonien verwendet wird oder als deren Blut, das sie vergossen haben, als die europäischen Kolonialisten versuchten, die Ureinwohner auszurotten. Die gelbe Scheibe in der Mitte symbolisiert die Sonne als Lebensspenderin. Häufig wird das dunkle Gelb auch als Farbton in traditioneller Kunst verwendet. Die Flagge als Gesamtkomposition erzählt somit die Geschichte ihrer Menschen, indem sie die Farben in Bezug zueinander setzt, die die Grundlage des Lebens der Aborigines bilden.

Aboriginal Flagge
Bild: Flickr

Traumzeit – Die Erschaffung der Erde

“Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde” – oder war es vielleicht nicht Gott, sondern die Regenbogenschlange? Die Traumzeit erklärt in der ethnischen Religion der Aboriginal People, wie alles entstanden ist. Sie ist dabei weniger eine Zeitspanne als der Begriff für die Ordnung des Kosmos – es gibt bei den Aboriginal People keine Vergangenheit und keine Zukunft. Alles passiert gleichzeitig und die Schöpfung ist, anders als im christlichen Glauben, kein abgeschlossener Prozess.

Eine der zentralsten Figuren in dieser Mythologie ist die Regebogenschlange. Sie ist ein zweigeschlechtliches Wesen und gilt als aktive Kraft bei der Erschaffung der Welt. Sie ist die Vorstellung eines Urwesens, das immer schon da war und auch immer da sein wird. Alles, was zum Leben und zur Fruchtbarkeit dazu gehört, findet seinen Ursprung in der Regenbogenschlange – von den Pflanzen bis zum Menschen.

Aus der Traumzeit und ihren Wesen stammen auch die zahlreichen Regeln für das Zusammenleben, Recht und Gesetz der Aboriginal People. Das ist ein Grund, warum die Kultur der Ureinwohner über die lange Zeit recht beständig blieb und sich kaum durch äußere Einflüsse veränderte. Die Traumzeit ist jedoch nicht unveränderbar, sondern lernt aus dem Diesseits. Nichts ist getrennt von der Traumzeit, alles hängt mit ihr zusammen, glaubt das indigene Volk.

Regenbogenschlange
Bild: Barbara Dieu via Flickr

Uluru – Der Heilige Berg in der Mitte Australien

In Australiens wüster Mitte thront eines der bekanntesten Wahrzeichen des Landes: der Uluru. Der Inselberg aus Sandsteinschichten ist Touristenattraktion und heiliger Ort zugleich. Der Ayers Rock, wie der englische Kolonialname für den Berg lautet, ist mitsamt des umliegenden Nationalparks ​​UNESCO-Weltnatur- und -kulturerbe. Natürlich kommt auch der Uluru in der Mythologie der Ureinwohner vor: Er ist das Zuhause der Regenbogenschlange und deshalb so heilig.

Nachdem ihn die ersten Europäer 1873 beschlagnahmten, dauerte es etwas mehr als ein Jahrhundert, bis den Anangu-Aborigines das Land wieder zugesprochen wurde. Fast ein weiteres halbes Jahrhundert mussten diese den Zwiespalt aushalten, vom Tourismus zu profitieren und gleichzeitig ihr Heiligtum geschändet zu sehen. Ihnen war es immer ein Dorn im Auge, wenn Touristen den Uluru bestiegen. Seit Oktober 2019 ist dies verboten. Was bleibt, ist der 9 Kilometer lange Rundweg um den roten Berg herum – ein guter Kompromiss aus Abenteuer und Respekt vor der Kultur der Aboriginal People.

Uluru im Rückspiegel
Bild: flok85 via Pixabay

Three Sisters – Versteinert vor Liebe

Ein weiterer Ort in Australien, der geprägt ist von der Traumzeit, befindet sich in den Blue Mountains bei Sydney: die Three Sisters. Sie sind eine Felsformation in der Form von drei Türmen, zu der es verschiedene Legenden gibt.

Eine von ihnen besagt, dass sich drei Schwestern des Katoomba-Stammes in drei Brüder eines anderen Stammes verliebten. Das Gesetz wollte ihnen ihre Liebe aber nicht erlauben, denn nur Hochzeiten innerhalb eines Stammes waren gestattet. So zogen die Brüder in den Kampf, um ihre Geliebten zu erobern und mussten sich in einer erbitterten Schlacht dem Vater der Mädchen stellen – einem Medizinmann. Damit seinen Töchtern nichts passiert, verwandelte der Vater sie in Steine, mit der Intention, sie nach dem Kampf wieder aufzuwecken. Nur leider überlebte der Medizinmann den Kampf nicht und der Bann blieb für immer auf den Schwestern – und zieht mittlerweile jährlich hunderttausende Touristen in das Gebiet. Über diese Seite Australiens wird es in einem zweiten Teil gehen.

Three Sisters Australien
Bild: Sinead Friel via Flickr

Wenn dich der Beitrag neugierig macht auf die Kulturen indigener Völker, kannst du im Planet Storytelling Neuseeland mehr über die Māori lesen.



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