Manchmal wird es offensichtlich. Wenn Monas Augen verzaubern, Christina ihr glänzendes schwarzes Haar schwingt oder Sahriah wieder einmal die Sprache wechselt. In den drei Mashies fließt nicht nur deutsches Blut. Was es für sie bedeutet, mit mehr als nur einem kulturellen Einfluss aufgewachsen zu sein, wo ihnen Vorurteile über den Weg laufen und wie es sich auf ihren Alltag auswirkt, haben sie uns im Mashie-Interview verraten.
Christina: Meine Mutter kommt aus Perú. Geboren und aufgewachsen ist sie in Arequipa, im Süden des Landes und hat dann in Lima die Schule beendet. Nach Deutschland ist sie mit 20 gekommen, um zu studieren. Sie hatte und hat immer noch Verwandte in Schleswig Holstein und konnte bei denen wohnen. Dort hat sie dann meinen Vater kennengelernt.
Mona: Mein Vater kommt aus Palästina, Er ist dort in Jerusalem geboren, hat aber auch viel Zeit in Bethlehem und Ramallah verbracht, da meine Familie so riesig ist, dass man sie im ganzen Land finden kann. Er kam mit Anfang 20 hier nach Berlin, um friedvoller und freier leben zu können. Er hat angefangen zu studieren und relativ schnell meine Mutter kennengelernt. Es stand daher nie zur Debatte, dass er zurückkehrt.
Sahriah: Meine Mutter kommt aus Deutschland und mein Vater ist Indonesier. Sie trafen sich während ihres Studiums in Reading, England. Irgendwann merkten sie, dass ich auf dem Weg war und entschieden sich, 1997 gemeinsam nach Berlin zu ziehen, um mich dort großzuziehen.
Mona: Bis vor zwei Jahren habe ich immer gedacht, dass ich keine typischen Charaktermerkmale einer arabischen Frau in mir trage. Doch dann wurde ich Mutter und eines besseren belehrt. Ich knutsche meinen Noah in jeder möglichen Situation ab, ob er will oder nicht – das habe ich noch nie bei einer rein deutschen Mama gesehen. Außerdem bin ich relativ locker, was seine Erziehung angeht. Dann hat er eben mal ein bisschen zu viel Süßigkeiten gegessen.
Christina: Ich würde sagen, dass ich ein echter Familienmensch und sehr caring bin, was sicherlich auf meine peruanischen Wurzeln zurückzuführen ist. Und auch meine Liebe zum Essen liegt definitiv in der peruanischen Küche begründet. (zwinkert) Auch ich habe eine große Neigung zur lateinamerikanischen Musik und zum Tanz und bin ebenfalls recht emotional. Eine sehr deutsche EIgenschaft ist dagegen mein Organisations- und Planungstalent – da lebt man in Peru schon eher in den Tag hinein oder ändert auch spontan die Pläne, das ist nicht so meins. (lacht)
Sahriah: Wie ich mit meinem Familienleben umgehe, ist sehr in asiatisch-kollektivistischen Normen verwurzelt. Was mich allerdings selbst betrifft, habe ich doch eine sehr individualistische Lebenseinstellung und glaube fest daran, dass man sich selbst an erster Stelle setzen sollte. Ohne sich selbst im Leben zu verwirklichen, ist es schwer, glücklich zu werden und somit auch ein guter Einfluss auf andere zu sein.
Christina: Unpünktlich sein vielleicht?! Aber das versuche ich vor allem in Deutschland unter Kontrolle zu halten. Aber Prokrastination und last-minute-Aktionen sind auf jeden Fall meine Stärke. (grinst) Und ja, das mit dem Küsschen auch, aber das mache ich hier in Deutschland nicht, nur in Peru.
Sahriah: Indonesien ist das islamischste Land der Welt. Dementsprechend sehen viel alltägliche Dinge gänzlich anders aus als in Deutschland. Das Fasten wird zusammen gemacht, sobald die Fastenzeit zu Ende ist, wird „Idul Fitri“ gefeiert. Zu der Zeit gibt es in Jakarta zum Beispiel an den Straßenrändern lebende Ziegen zu verkaufen, die dann für das Fest des Fastenbrechens frisch erstattet werden können. Das habe ich so in Deutschland auf jeden Fall noch nicht gesehen. Eine indonesische Angewohnheit von mir ist es bei meiner Familie, anstatt ein Küsschen auf die Wange zu geben, stattdessen ein „Sniff Kiss“ kommt. Das bedeutet die Nase in die Nähe der Wange der Person zu halten und ihren Duft einzuatmen.
Mona: In Palästina wird überwiegend mit Händen gegessen und zu ziemlich jeder Mahlzeit gibt es Brot dazu, das als “Hülle” vom Essen dient. Ich liebe das total, muss aber sagen, dass ich das hier in Deutschland wirklich nur in arabischen Restaurants mache.
Sahriah: Das Essen. Indonesisches Essen ist ein Segen für unsere Welt. Leider hat es bei Weitem nicht die Anerkennung, die es verdient, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Was ich auch vermisse, ist der freundliche Umgang miteinander. Eine gewisse Herzlichkeit fehlt mir oft auf den Straßen Berlins. Natürlich ist jeder mit sich selbst beschäftigt aber es tut nicht weh, ein bisschen Wärme und Nettigkeit seinen Mitmenschen zu schenken.
Christina: Das geile, frische, (für Deutsche) exotische Obst und Säfte. Definitiv das Essen, aber zum Glück gibt es mittlerweile auch einige gute peruanische Restaurants in Berlin und das Essen meiner Mutter ist auch sehr, sehr lecker und oft peruanisch. (grinst) Und dann, auch wenn es zwar bei Familie rein zählt, aber die ganzen Familienfeiern und Zusammenkünfte – man ist immer mit vielen Leuten in großer Runde und bei viel Gelächter beieinander. Und die Musik! Egal welcher Radiosender, es läuft immer sooo tolle Musik, die sofort gute Laune macht.
Mona: Die Feigen! Ich liebe Feigen, ich könnt sie Tag und Nacht (ja wirklich!) essen – kein Spaß! Und alles, was es hier in den Supermärkten zu kaufen gibt, ist geschmacklich nichts dagegen. Außerdem vermisse ich im palästinensisch besetzten Gebiet die unbebaute Landschaft – der Anblick ist für mich immer wie Balsam für die Seele.
Mona: Wer wirklich Palästina sehen möchte, sollte sich trauen, durch die Mauer durchzugehen. Mittlerweile ist den Palästinensern ja wirklich nur noch ein kleiner anerkannter Teil des Landes geblieben, der von einer riesigen Mauer umzingelt ist und militärisch stark bewacht wird. Sobald diese Grenze aber überschritten ist, kommt man in den Genuss der arabischen Gastfreundlichkeit, der wunderschönen Natur, einzigartiger Kultur und verdammt leckerem Essen. Hier kann ich besonders Bethlehem empfehlen – die Stadt ist auf Hügeln erbaut und hat irgendwie einen magischen Touch (vielleicht durch die Geburtskirche Jesus).
Sahriah: Also was Indonesien betrifft, würde ich natürlich Bali vorschlagen. Klar, es ist schon ein beliebter Tourispot, aber auf Kuta, dem kulturellen Zentrum Balis, kann man eine wirklich schöne Zeit verbringen. Von traumhafter Natur, köstlichem Essen und stets umwoben von einer Meeresbrise, gibt es nichts Schöneres, als sich die Schuhe auszuziehen und bei Sonnenuntergang mit nackten Füßen am Strand entlangzulaufen.
Christina: Hmm, in Lima gibt es zwar auch schöne Sachen zu sehen, aber wesentlich eindrucksvoller und Must-Sees sind natürlich Machu Picchu, der Titicacasee (hier die floating islands, auf denen dort Menschen leben, das ist echt immer eins meiner Highlights), und Cuzco und Arequipa sind wirklich wunderschön aber auch der Regenwald ist einen Besuch wert. Also ja, es gibt so viel zu sehen und auch ich habe noch nicht alles abgehakt, also langweilig wird’s nicht (zwinkert) In Lima machen wir immer viel gastronomischen Tourismus, also hier gibts auch tolle Restaurants, wenn das zählt?! (lacht) Sonst ist die Küste in Lima und Barranco und el puente de los suspiros sehr zu empfehlen!
Christina: Also man muss schon schauen, wann man wohin geht und nicht unbedingt mit sehr auffälligen teuren Dingen durch die Gegend spazieren. Aber an sich, fühle ich mich eigentlich nicht unsicher, wenn ich mich in mir bekannten Gegenden aufhalte. Aber zum Beispiel sollte man nicht irgendein Taxi von der Straße nehmen, sondern nur bei bestimmten Taxi-Unternehmen welche rufen oder bestellen und eben nachts natürlich noch mal vorsichtiger sein. Gerade als Tourist – wenn das offensichtlich ist – also lieber vorsichtiger sein und sich vorher erkundigen, wo man relativ problemlos unterwegs sein kann.
Sahriah: Schon. Indonesien ist ein sehr korruptes Land. Mit dem richtigen Geld ist fast jeder bestechlich. Ich habe schon miterlebt, wie meine Familie und ich von einem Auto angefahren worden sind, ein Polizist dabei war und nach einem kuriosen Handschlag mit den Tätern plötzlich so tat, als wäre nichts passiert.
Mona: Nicht als Deutscher, nein. Wer nicht gerade in den Gazastreifen will (in den es eh sehr schwer ist hineinzukommen) braucht sich keine Sorgen machen. Die militärische Bewachung von israelischen Soldaten ist zwar irgendwie befremdend und angsteinflößend, aber das war’s dann auch schon. Meine Cousins und Cousinen hingegen haben es sehr schwer in dem Land. Sie dürfen sich politisch nicht positionieren, werden in israelisch besetzten Gebieten oftmals nicht geduldet und müssen von militärischen Soldaten hin und wieder Gewalt erfahren.
Christina: Hm, also ich habe ja dort überwiegend Kontakt zu meiner Familie , die natürlich alle wissen, dass ich aus Deutschland komme, aber Fremde erkennen mich nicht zwangsläufig als Deutsche. Er wird dann natürlich irgendwann Thema, aber wegen Akzent oder Aussehen wird mir eigentlich nicht gesagt, dass ich heraussteche (grinst)
Mona: Natürlich – allein meine Kleidung verrät schon, dass ich nicht von dort kommen kann. Trotzdem sehen mir alle an, dass ich arabische Wurzeln habe. Ich werde selbst in Berlin immer von Arabern auf arabisch angesprochen. Mir wurde mal von einem alten Mann gesagt, dass man es an der Farbe meiner Augen erkennt – grün-gelb-gold sind wohl die Farben von Palästinensern.
Sahriah: Ich werde in Indonesien mehr als Deutsche gesehen als in Deutschland tatsächlich. Das ist ja immer das Dilemma des Daseins als third culture kid. Aus der Mischung zweier Kulturen entsteht eine dritte. In keiner wirklich komplett daheim, aber doch daheim an mehr als einem Ort. Im indonesischen gibt es das Wort „Bule“, dass heißt „Weiße:r“. Jedes Mal, wenn ich dort mit dem Wort konfrontiert werde, betone ich, dass mein Vater Indonesier ist. Daraufhin folgt immer ein großes Staunen.
Christina: Ein Jahr und 3 Monate.
Mona: 3 Monate
Sahriah: Ich war insgesamt 5 Jahre in Indonesien und am längsten waren es 4 Jahre am Stück. Als ich acht wurde hieß es plötzlich wir ziehen wieder um. So kam es, dass ich von der vierten bist zur siebten Klasse in Jakarta zur Schule ging.
Christina: Ich könnte es mir schon vorstellen, aber eher nicht für immer. Also wahrscheinlich wieder so für ein bis zwei Jahre, oder eben noch flexibler durch Workation, mal einige Monate hier und dort.
Sahriah: Ich schließe mich da Christina vollkommen an.
Mona: Hätte ich kein Kind – auf jeden Fall. Nicht für immer – aber für ein Jahr oder so. Ich fühle mich nach jedem Besuch dort wie neu geboren, als hätte mir jemand die Augen geöffnet, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich wertschätze dann alles hier in Deutschland so viel mehr. Demnach wäre so ein Jahr dort drüben bestimmt der Wahnsinn für die persönliche Entwicklung.
Christina: Dass in Peru zwei der besten 50 Restaurants der Welt sind – und ich in beiden schon gegessen habe (lacht). Ich sage ja, das mit der Gastronomie ist auf jeden Fall ein Ding in Peru! Zu recht!
Sahriah: Wenn Kinder älteren Familienmitgliedern zur Begrüßung oder zum Abschied die Hände schütteln sollen, ist es kein Händeschütteln wie in Deutschland. Um ihnen Respekt zu zeigen, macht man „Salim“, indem man die Hand desjenigen nimmt und sie für einen Augenblick an seine Stirn hält.
Mona: Ich glaube das mit der Mauer wissen viele gar nicht. Die ist 9 Meter hoch, also mehr als doppelt so hoch wie die Berliner Mauer damals und umkreist das Westjordanland. An strengen Grenzkontrollen werden die Pässe kontrolliert, ggf. Befragungen durchgeführt und gecheckt, was man alles bei sich trägt.
Mona: Wenn ich jetzt an so typisch arabisch Klischees denke, dann muss ich wirklich sagen: Die stimmen alle! Es gibt jeden Tag Falafel oder Reis, fast alle Familien haben Ziegen oder Hunde und man wird jeden Morgen mit dem Moscheengesang geweckt. Das märchenhafte Bild von Palästina ist also wahr (grinst)
Christina: Hm, gute Frage… also ich würde denken, dass in der heutigen Gesellschaft das Bewusstsein angekommen sein sollte, dass natürlich nicht alle in den traditionellen Trachten rumlaufen oder lange schwarze Zöpfe tragen, aber ich weiß tatsächlich gar nicht so genau, was für Klischees Deutsche über Peru haben (lacht).
Sahriah: Zu viele. Einzig und allein der Fakt, dass so viele Indonesier:innen Moslems sind, bringt schon viele Stereotypen mit sich. Viele kenne Indonesien nicht einmal, haben aber schon von Bali gehört. Es gibt auch noch Menschen, die glauben, dass Indonesien ein Drittweltland sei.
Christina: Essen, Familienzusammenhalt, Optimismus, Partys und Feiern (egal ob Geburtstag, Silvester, Hochzeit oder Babyshower)
Mona: “Dein Vater kommt aus Jerusalem? Also bist du Israeli und nicht Palästinenserin!” oder “Krass und warum bist du nicht mit dem Vater deines Kindes verheiratet? Was sagt denn deine Familie dazu?”
Christina: Dass ich mich mit dem Latina-Blut in mir ja wohl ausgezeichnet bewegen und tanzen können muss – was aber im Vergleich zu 100% Peruanerinnen natürlich nicht der Fall ist. Maximal im Vergleich zu Deutschen, aber auch da würde ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, es ist ja für mich auch just for fun.
Sahriah:
„Du siehst aber gar nicht indonesisch aus.“
„Indonesierin wirklich? Aber guck mal, ich bin sogar brauner als du.“
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