Es war mal wieder stressig morgens. Zwei Wirbelwinde von Kindern, die alles lieber machen wollen, als in die Gänge zu kommen, Frühstück, Klamotten, Zähneputzen, husch husch los! Nach der Kitarunde noch ein kurzer Stopp bei meinen Eltern, ein ausgedrucktes Dokument abholen (wir sind so ein Millenial-Haushalt ohne funktionierenden Drucker…). Ich war gedanklich schon halb wieder im illegal auf dem Spielstraßenbürgersteig geparkten Auto als meine Mama zu mir sagte: „Willst du noch nen Kaffee?“ Ich hielt kurz inne, ging im Kopf meinen Arbeitskalender durch und stellte fest: Warum eigentlich nicht?
Und obwohl dieser schöne Plaudervormittag jetzt schon wieder eine ganze Weile her ist und ihm seither noch viele weitere spontane Planänderungen gefolgt sind, ist mir diese Situation in Erinnerung geblieben.
Es war das erste Mal, dass ich bewusst Gebrauch von unserer flexiblen Arbeitszeit gemacht habe. Diese Freiheit, den Tag nicht um die Arbeit herum zu strukturieren, sondern selbst zu entscheiden, ist für mich perfekt, um meine vielen „Köpfe“ Head of Onboarding, Head of Familie, Head of Einkaufen, Head of Arzttermine etc. sprichwörtlich unter einen Hut zu bekommen.
Und damit bin ich nicht allein. Aktuelle Umfragen beweisen: Fast die Hälfte der Befragten würde heute sogar kündigen, wenn die ersehnte Flexibilität verwehrt bliebe.
New Work ist hier das Zauberwort, welches wohl spätestens seit der Pandemie durch die rauchenden Köpfe vieler CEOs und Personalverantwortlichen schwirrt. Im War for Talents gilt es schließlich auf die veränderte Bedürfnislage der Beschäftigten zu reagieren. Ein „one fits all“ gibt es dabei allerdings nicht. Was für uns flexible Arbeitszeit, Vertrauensurlaub und Workation ist, kann für andere Organisation völlig anders aussehen. Spoiler Alert: Auch für diese Herausforderung bietet Storytelling spannende Ansätze! Hier ein paar Tipps für euren New Work-Fahrplan:
New What? Zwar passiert die endgültige Entscheidung über Maßnahmen sowie die Implementierung meist auf Chef:innenebene, die Bedürfnisse nach Veränderung kommen aber aus dem Team. Workation ist in einem Kollegium aus Schul-Eltern wahrscheinlich weniger stark gefragt als unter jungen Unabhängigen. Remote Work eventuell nicht so spannend, wenn ohnehin alle in Laufdistanz zum Büro wohnen. Für Entscheider:innen gilt es also nicht, die gut gemeinten New-Work-Maßnahmen in Eigenregie festzulegen und dann wie ein Korsett über die Belegschaft zu stülpen, sondern vielmehr erstmal die Füße stillzuhalten und stattdessen die Ohren zu spitzen.
Eine wunderbare Möglichkeit, um herauszufinden, was sich die Mitarbeitenden eigentlich wünschen, bietet das so genannte Corporate Campfire. Dabei begeben sich Teammitglieder ans imaginäre Lagerfeuer und teilen Anekdoten und Geschichten aus ihrem Arbeitsleben miteinander. Was treibt sie an (oder morgens aus dem Bett)? Was schätzen sie besonders an ihrem Arbeitgeber? Was wäre ihr wildester Arbeitstraum? Und welchen Herausforderungen mussten sie sich zuletzt stellen? Wie ein Funke entfacht dabei jede Story ein kleines Feuer in den anderen Teilnehmer:innen und inspiriert sie, ebenfalls ihre Einblicke zu teilen. Dabei kommen nicht nur spannende Erkenntnisse ans Licht, ganz nebenbei wird auch noch das Teamgefühl und die Verbundenheit gestärkt.
Aber pssst, ein kleiner Tipp: Vorgesetzte sind in diesem intimen Setting meist eher störend. Die Leitung des Storylistenings sollte also eher an neutrale Kolleg:innen oder Externe übertragen werden. Möchten Geschäftsführer:innen selbst Zuhören, können anonyme Umfragen ein erster Schritt sein.
So haben wir Ende 2020 übrigens auch unsere New Work-Reise angeschoben!
Sind die individuellen Bedürfnisse im Team erst identifiziert, geht es an die Feinheiten. Denn auf dem Weg von A, wie alte Arbeitswelt zu B, wie Benefits, liegen noch ein paar Stopps, die Unternehmen nicht überspringen sollten. Jetzt geht es darum, das Wie zu klären.
Also was bedeutet Flexibilität ganz konkret fürs Team? Geht es darum, ortsunabhängig zu arbeiten? Immer oder trifft man sich auch im Büro noch? Müssen die Arbeitsstunden komplett frei sein oder wünscht sich die Belegschaft vielleicht nur einen flexiblen Arbeitsstart? Welchen Rahmen soll es vielleicht dennoch geben? Wie stellen wir sicher, dass die Vorteile des Einen nicht zu Nachteilen der Anderen werden? Im Idealfall finden auch diese Diskussionen im Team statt, damit die Entscheidungen von allen getragen werden und wirklich den Kern der Bedürfnisse treffen.
Und auch wenn am Ende des Prozesses natürlich lauter wunderbare Neuerungen stehen, sind die Veränderungen der oft schon ewig bestehenden Strukturen besonders bei langjährigen Mitarbeiter:innen meist auch mit Ängsten und Sorgen verbunden. Ein gutes Change Management, bei dem sich jede:r gehört und verstanden fühlt, ist deshalb Pflicht.
Auch hier kann Storytelling helfen, Beweggründe aufzuzeigen, die Wertewelt als sicheres Fundament des Unternehmens über gemeinsame Geschichten (wir erinnern uns ans Corporate Campfire) zu unterstreichen und den Übergang in die neue Arbeitswelt somit so sanft wie möglich zu gestalten. Führungskräften verhelfen persönliche Geschichten und Anekdoten übrigens auch zu mehr Nahbarkeit und Sympathie und unterstützen so dabei, alle Mitarbeitenden von den geplanten New Work-Vorhaben zu überzeugen.
Wir nähern uns der vorläufigen Endstation unserer New-Work-Reise. Die neuen Strukturen sind gefunden, die passenden Benefits fürs Team gewählt, bleibt nur noch die frohe Kunde in die Welt zu tragen. Denn seien wir mal ehrlich, im War for Talents brauchen Unternehmen alle Waffen, die sie kriegen können. Eine authentische, mitreißende und vor allem vom Team gestaltete Arbeitswelt kann dabei ein unschlagbarer Vorteil sein, den Organisationen für potenzielle Talente sichtbar machen sollten.
Mithilfe von gutem Storytelling wird die Karriereseite zum Aushängeschild und die Mitarbeiter:innen zum besten Beweis, warum sich die Bewerbung lohnt. Denn: die attraktivsten Vorteile sind nur halb so überzeugend, wenn sie kalt und unpersönlich präsentiert werden. Ein paar Bullet Points mit Leistungen lockt heutzutage schließlich niemanden mehr. Alle öffentlichen Kanäle einer Firma müssen stattdessen das Unternehmensgefühl, die einzigartige Brand Voice, transportieren, die es von den Konkurrent:innen abhebt.
Warum also nicht die Mitarbeitenden erzählen lassen, was die New-Work-Maßnahmen für sie bedeuten und wofür sie die Flexibilität nutzen? Welche Vorteile sie ihnen in ihrem Alltag bringen und welche Werte das Miteinander prägen? Schließlich können sich potenzielle Kolleg:innen mit dem Kaffeeklatsch bei Mutti dank flexibler Arbeitszeit viel stärker identifizieren als mit bloßen generischen Aufzählungen 😉
Also haucht euren Bemühungen Leben ein und zeigt, wie ihr ganz individuell euren gemeinsamen neuen Arbeitsalltag gestaltet.
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