Storytelling in der Musik: Die richtigen Töne treffen

Auch wenn die Geschmäcker bekanntlich verschieden sind – Musik ist die Sprache, die alle Menschen verstehen. Und das scheint schon immer so gewesen zu sein. Denn wie weit die Geschichte der Musik zurückgeht, lässt der Fund einer aus Höhlenbärenknochen gefertigten Neandertalerflöte erahnen. Diese wurde in Slowenien entdeckt und soll mindestens 50.000 Jahre alt sein. Menschen suchen also bereits seit der Urzeit nach Wegen, sich unabhängig von ihren Stimmbändern auszudrücken zu können.

In meinem Blogpost gehe ich deshalb der Frage nach, hinter welchen Liedern, Alben und Soundtracks besonders interessantes Storytelling steckt. Von Rock über Rap und Pop bis hin zu klassischer Musik habe ich sämtliche Genres durchforstet und bin dabei sogar auf einen alten Bekannten gestoßen, dessen Werk die Grundlage unserer täglichen Arbeit bei Mashup Communications ist.

Auf ins (musikalische) Abenteuer: Joseph Campbells Heldenreise als Song

Das Zusammenspiel aus Klängen und Lyrik macht es möglich, Emotionen auf einzigartige Weise zu verpacken. Led Zeppelin beweisen dies mit einem ihrer größten Hits „Stairway to Heaven“ – ein Klassiker der Musikgeschichte. Hier kommt Joseph Campbell ins Spiel, dessen Heldenreise-Prinzip als Vorbild für Text und Musik diente:

Die erste Station der Reise der Protagonistin, die gewohnte Welt, wird im Intro durch harmonisches, gezupftes Gitarrenspiel im mittelalterlichen Stil angedeutet, was die Zuhörer:innen gedanklich ins alte England katapultiert. Ein abstrakter Songtext spiegelt den Ruf des Abenteuers wider:

There’s a feeling I get

When I look to the west

And my spirit is crying for leaving

Die rhythmische Gitarre signalisiert den Aufbruch der Heldin ins Unbekannte. Beim Überschreiten der ersten Schwelle setzt das Schlagzeug ein. Hier warten Feinde, Verbündete und Prüfungen, die es zu überstehen gilt. Im Liedtext von „Stairway to Heaven“ treten diese zum Beispiel in Gestalt eines mystischen Flötenspielers auf:

Your head is humming and it won’t go

In case you don’t know

The piper’s calling you to join him

Das Gitarrensolo, gespielt von Jimmy Page, ist der Höhepunkt des knapp achtminütigen Werkes und kann als die Krise der Heldenreise interpretiert werden. Sobald die Heldin diese alles entscheidende Prüfung überstanden hat, kehrt sie, begleitet von uns bereits vertrautem Gitarren- und Flötenspiel, in ihre gewohnte Welt zurück:

And as we wind on down the road

Our shadows taller than our soul

There walks a lady we all know

Who shines white light and wants to show

How everything still turns to gold

Punk am Broadway: Wie Green Day mit einer Rock-Oper den Mainstream für sich gewannen

35 Jahre und einige Rock Band-Generationen später veröffentlichten Green Day die Platte „American Idiot“. Lieder wie „Boulevard of Broken Dreams“ oder „Wake Me Up When September Ends“ waren damals fester Bestandteil eines jeden Radioprogramms. Doch nur die wenigsten wissen, das damals erschienene Album ein erzählerisches Konzept verfolgt – eine Punkrock-Oper mit zusammenhängender Geschichte vom ersten bis zum letzten Song.

Darin ist der jugendliche Anti-Held mit dem Namen Jesus of Suburbia in seinen Emotionen zwischen Wut und Liebe hin- und hergerissen. Ersteres drückt sich in seiner alternativen Persönlichkeit St. Jimmy aus, letzteres in der Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Whatsername. Das Album spiegelt die Desillusionierung einer Generation wider, die während verschiedener Krisen wie der Terroranschläge des 11. Septembers und dem anschließenden Irakkrieg erwachsen wurde. Die Platte wurde ein voller Erfolg, gewann einen Grammy Award und wurde später sogar als Musical für den Broadway adaptiert.

Die eigene Geschichte erzählen: Storytelling Rap gibt weniger privilegierten eine Stimme

Bei keiner Musikrichtung ist Storytelling so stark vertreten wie im Rap – so sehr, dass es sogar ein entsprechendes Sub-Genre gibt. Die Interpret:innen möchten ihre Zuhörerschaft dazu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen und Einblick in die Lebensrealität von denen geben, die im gesellschaftlichen Diskurs oft nicht gehört werden. So auch Rap-Künstler Kendrick Lamar.

In dem zweiteiligen, zur Hälfte autobiografischen Titel „Sing About Me, I’m Dying of Thirst“ berichtet Kendrick von seinem Aufwachsen in Compton, das geprägt war von Ganggewalt. Durch eine spirituelle Wiedergeburt entschloss er sich jedoch, diese prekären Verhältnisse hinter sich zu lassen und entkam seinem vermeintlichen Schicksal, als Krimineller zu enden.

What are we doin‘? Who are we foolin‘?

Hell is hot, fire is proven

To burn for eternity, return of the student

That never learned how to live righteous but how to shoot it

Tired of runnin‘, choirs is hummin‘

Von Whitney Houston bis Wagner: Musik, die die Filmlandschaft geprägt hat

Wenn wir uns unsere Lieblingsfilmszene ins Gedächtnis rufen, ist diese meist von emotionalen Klängen unterlegt, durch die wir erst so richtig ins Heulen, Lachen oder Staunen kommen. Kein Wunder, denn Musik kann eine ohnehin beeindruckende Darbietung eines Schauspielers oder einer Schauspielerin noch besser in Szene setzen. So geschehen zum Beispiel in der Thriller-Romanze „Bodyguard“ aus den 90er-Jahren mit Whitney Houston und Kevin Costner. Schließlich gehört „I Will Always Love You“ bis heute in jede Liebeskummer-Playlist.

Neben Pop kann auch klassische Musik epische Filmmomente unterstreichen und das Storytelling aufs nächste Level heben. In dem Antikriegsfilm „Apocalypse Now“ aus dem Jahr 1979 von Francis Ford Coppola begleiten die Zuschauer:innen zahlreiche Kampfhubschrauber, die ein vietnamesisches Dorf ansteuern, um dieses in Schutt und Asche zu legen. Die erschreckenden Bilder sind unterlegt mit dem „Walkürenritt“ von Richard Wagner, was die bedrohliche Stimmung ins Unermessliche steigen lässt – obwohl während der Szene fast kein einziges Wort gesprochen wird.

Werbespot ohne Worte: Wie das Konzerthaus Berlin die Hauptstadt vertont

Auch in der Werbung sind Spots zu finden, die rein musikalisch ganze Geschichten transportieren. Ein Beispiel stammt vom Konzerthaus Berlin, das der Hauptstadt in einer Serie von Kurzvideos Tribut zollt. Das Orchester ahmt darin mit ihren Instrumenten die einzigartigsten Klänge und Geräusche, die jede:r Berliner:in aus dem Alltag kennt, nach. Imitiert werden unter anderem der Signalton beim Schließen der S-Bahn-Türen, das Brutzeln einer Currywurst und das Stampfen der Elefanten im Berliner Zoo. Die außergewöhnliche Kampagne wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet und verlieh Berlin damit einen ganz eigenen Soundtrack.

Weil Storytelling genauso Emotionen transportiert wie Musik, ist es heutzutage nicht nur in Songtexten zu finden, sondern auch essenzieller Bestandteil einer jeden Marketingstrategie. Anhand des Beispiels eines Rucksacks erklärt Beraterin Mona in ihrem Blogpost, wie das Geschichtenerzählen im E-Commerce zudem gelingen kann.

Luisa Lamade

Luisa findet immer die richtigen Worte und den passenden Soundtrack zu jeder Story, denn ihr Herz schlägt auch für Popkultur und Musik.

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