Fashion Storytelling – Wie Modemarken uns mit ihren Geschichten in den Bann ziehen
Es scheint nahezu ein „Match Made in Heaven“: Fashion und Brand Storytelling. Denn gerade in der Modebranche ist es besonders hilfreich, mit kreativen Geschichten Gefühle bei den Kund:innen auszulösen. Schließlich kaufen viele Menschen Kleidung aus mehr als nur funktionellen Gründen. Wie in kaum einem anderen Sektor spielen hier Traumwelten eine so große Rolle. Doch wie genau kann das Geschichtenerzählen strategisch sinnvoll in der Modeindustrie eingesetzt werden? In diesem Blogpost beleuchten wir zwei besonders gelungene Best Practice Unternehmen und geben Tipps, wie Fashion Storytelling am besten eingesetzt werden kann.
Geschichten in der Modebranche
Allgemein werden Geschichten in der Modebranche genutzt, um Produkten und Marken Charakter und Tiefe zu verleihen. Dies kann durch verschiedene Mittel erreicht werden, wie zum Beispiel:
- Das Erzählen der Markenhistorie und Hintergrundgeschichten zur Gründung
- Kollektionskonzepte und Behind-the-Scenes als Inspiration (z.B. Vision Boards)
- Visuelle Storytelling Kampagnen, insbesondere in sozialen Medien
- Kooperationen und Partnerschaften mit Künstler:innen, Musiker:innen oder Sportler:innen
- Kampagnen in sozialen Medien mit Influencer:innen
Es bestehen also eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Storytelling für Fashion eingesetzt werden kann. Insbesondere im hochpreisigen Segment gibt es viele Vorbilder, die einen gekonnten Einsatz zeigen. Ein Paradebeispiel dafür ist die Luxusmarke Chanel.
Chanel – Luxus und Inspiration von Coco bis Karl
Was wäre Chanel ohne Coco? Selbst Menschen, die sich nicht mit Mode beschäftigen, ist die schillernde Gründerin Gabrielle Chanel, genannt Coco, ein Begriff. Das ist zum einem ihrem außergewöhnlichen Charakter geschuldet. Zum anderen liegt es aber daran, wie das Luxusunternehmen Chanel ihre Lebensgeschichte immer wieder für ihre Kampagnen verwendet hat.
Das Ziel von Chanels Storytelling ist es, eine starke emotionale Verbindung zu ihren Kund:innen aufzubauen und ihre Marke als Inbegriff von Luxus, Eleganz und Kreativität zu positionieren. Eine Kampagne, die besonders zeigt, wie gut das Modelabel Storytelling einsetzt, heißt „Inside Chanel.“
In den verschiedenen Kapiteln werden die Heldenreisen von bedeutenden Personen erzählt, die die Marke geprägt haben. Dazu gehören vor allem Gabrielle Chanel und der spätere Chefdesigner Karl Lagerfeld. Aufhänger all dieser Geschichten ist der klassische Märchensatz „Once upon a time…“. Daran schließen sich animierte Illustrationen im für Chanel typischen schwarz-weiß Look an. Die Storylines beleuchten jeweils ein wichtiges Kapitel im Leben der Protagonist:innen, die Auswirkungen auf die Gründung und Weiterentwicklung der Marke hatten. In Bezug auf Coco Chanel werden ihre Kindheit, ihre große Liebe und ihre unternehmerische Vision erzählt, um die Marke mit einem emotionalen Wert aufzuladen.
Die Kampagne wirkt durch die Verwendung der kunstvollen Zeichnungen und fließenden Übergänge sehr kreativ. Die Zuschauer:innen werden durch die Schnelligkeit, in der die Zeichnungen während dem Verlauf der Geschichte voranschreiten, in den Bann gezogen. Auch der Aufbau der Storys ist professionell konzipiert und orientiert sich an erprobten narrativen Mustern, die an Masterplots erinnern.
So folgt die Erzählung, wie Coco Chanel vom Kind aus dem Waisenhaus zur gefeierten Designerin wurde, dem Masterplot „Vom Tellerwäscher zum Millionär“.
Geschickt konzentrieren sich die Videos auf die revolutionären und feministischen Aspekte in Cocos Leben, wie beispielsweise, dass sie durch ihre moderne Mode einen Gegenentwurf zu den Korsetts des damaligen Belle Époque Stils anbot. Weniger ansprechende Kapitel in ihrem Leben, wie ihre Kollaboration mit den Nationalsozialisten werden hingegen ausgespart. Dadurch wird sie als freiheitsliebende Vordenkerin ihrer Zeit inszeniert und dieses Image erfrischt die an sich eher klassische Mode der Marke der eher konservativen Tweed-Ensembles.
Zusammengefasst nutzt Chanel die Gründungsgeschichte des Unternehmens und die Verbindung zu Gabrielle „Coco“ Chanel, um ein Bild der Eleganz und des Glamours zu vermitteln. Das französische Label verwendet auch die langjährige Tradition im Haute Couture-Segment und die Verbindungen des Modehauses zu Kunst und Kultur, um eine tiefgreifende Markenpersönlichkeit zu schaffen. Dieses Narrativ hat dazu beigetragen, dass Chanel eine der bekanntesten und begehrtesten Luxusmodemarken weltweit ist.
Levi’s – Living the American Dream
Nicht nur für Luxusmarken lohnt es sich, Brand Storytelling für ihre Kommunikation einzusetzen. Auch wenn diese häufig durch höhere Marketingbudgets und die Verbindung von Couture Mode zur Kunst besonders prädestiniert scheinen, besteht auch bei weniger hochpreisige Modelabels ein großes Potenzial im Storytelling.
Ein Beispiel für eine etwas bodenständigere Marke mit starkem Storytelling ist Levi’s. Die Marke nutzt ihre lange Historie und ihre Verbindung zu den Ursprüngen der „Blue Jeans“, um die Geschichte vom amerikanischen Erbe, Arbeiterstolz und innovativen Designs zu erzählen. Dies zeigt sich beispielsweise in der aktuellen Kampagne, die Levi’s zum 150-jährigen Jubiläum der berühmten 501-Jeans im Februar 2022 gestartet hat.
Schon der pathetische Titel „The Greatest Story Ever Worn“ unterstreicht den Storytelling-Ansatz. Um die Bedeutung der Hose als ikonisches Kleidungsstück zu manifestieren, werden in mehreren Videoclips unterschiedliche Kurzgeschichten erzählt. Allen Storys gemeinsam ist, dass die Protagonist:innen eine starke emotionale Verbindung zur 501-Jeans haben. In den insgesamt 13 Videos werden Erlebnisse von Menschen mit der Jeans geteilt, die auf wahren Begebenheiten aus der ganzen Welt basieren.
Die Erzählungen wirken durch das sympathische Auftreten der Protagonist:innen authentisch. Es wird ein bodenständiger Eindruck vermittelt, als würde es sich um die Erlebnisse von Menschen „Wie du und ich“ handeln. Auch wenn beispielsweise der Plot über einen Bauern aus Georgien, der seine Kuh gegen eine Levi’s 501 tauscht, nicht direkt mit unserem Alltag zu tun hat, erinnert er manche Betrachtenden vielleicht daran, wie sehr sie sich über ihre erste Jeans gefreut und das Geld dafür aufgetrieben haben. Anders als bei den „Inside Chanel“-Videos dreht es sich in diesen Berichten nicht um bedeutende Personen oder die Gründungsgeschichte. Stattdessen steht hier das Produkt, die 501-Jeans, im Vordergrund, die emotional aufgeladen wird durch das Erzählen der persönlichen Heldenreisen von Fans der Marke.
Über die Kampagne hinaus veröffentlicht Levi’s zudem regelmäßig Geschichten über ihr Engagement für Nachhaltigkeit und ihre Partnerschaften mit gemeinnützigen Organisationen. Insgesamt hat ihr Storytelling dazu beigetragen, dass Levi’s eine starke Markenloyalität und eine breite Kundenbasis aufbauen konnte.
Tipps für Fashion Storytelling
Zusammenfassend lernen wir aus den Beispielen folgende Tipps für Fashion Storytelling
- Am wichtigsten: Storytelling muss zur generellen Kommunikation der Marke passen (Tonalität, Stilmittel, passender Plot)
- Daran anknüpfend ist es wichtig, dass die Protagonist:innen für die Zuschauer:innen Identifikationspotenzial bieten und die Handlung nachvollziehbar ist. So kann Authentizität erreicht werden.
- Besonders wichtig bei Mode ist, dass die Geschichten Inspiration liefern und die Kund:innen zum Träumen in fabelhafte Welten eingeladen werden
- Luxuslabels punkten mit einer gewissen Unnahbarkeit, Perfektion und fein auf die Mode abgestimmte Ästhetik
- Casual Modebrands hingegen überzeugen mit authentischen und coolen Geschichten rund um spannende Persönlichkeiten, die die Marke lieben und der Kleidung so Leben einhauchen
- Inspirierende Geschichten von Gründer:innen eignen sich gut, wenn sie selbst eine spannende Heldenreise wiedergeben
Das Erzählen von mitreißenden Geschichten ist eine schöpferische Fähigkeit an sich und hat auch eine enge Verknüpfung zu anderen Künsten. Wie genau es in Liedern verwendet wird, hat Luisa in ihrem Artikel über Storytelling in der Musik beleuchtet.
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25. November 2024