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Miriam: So, da sind wir live nach einer kleinen Pause – Nora und ich – [und] wieder mal zu einem ganz schönen Thema. Wir hatten gerade schon gescherzt, dass schon Urlaubsgefühle aufkommen, denn bei dir im Hintergrund sieht’s schon nach Frühling und Sommer aus mit dem Licht. Vertrauensurlaub! Unser Thema – im letzten Jahr ganz neu – [und] ich glaube auch dieses Jahr immer noch ein spannendes Thema. Ich fange mal einfach an, Nora. Vielleicht ist das ja so ein angenehmes Thema, wo man so ein paar Anekdoten erzählen kann. Wie sah dein letztes Jahr denn urlaubstechnisch so aus?
Nora: [Es] war abwechslungsreich. Also, ich war im Frühling […] in Deutschland unterwegs – wir haben ja immer noch Corona-Zeiten. Ich [war] im Elbsandsteingebirge, das war sehr schön und im Sommer war ich in Frankreich und auch in Caputh und im Herbst bin ich dann leider nicht verreist, wegen der Corona Erkrankung meines Sohnes. Aber auf jeden Fall habe ich genug [Urlaub] gehabt.
Miriam: Ja, ich war […] ja die meiste Zeit in Südafrika. Wir hatten dann einen langen Urlaub in Italien und Österreich und dann [gab es die] Kita-Pausen in Berlin. Sommer in Berlin ist auch schön. Aber vielleicht mal so vom Gefühl her: Denkst du denn, du hast letztes Jahr anders Urlaub gemacht – mit diesem ganzen Vertrauensurlaubs-Feeling, das wir so in der Agentur hatten – als die Jahre davor?
Nora: Nein, eigentlich habe ich genauso Urlaub gemacht wie die Jahre davor. Ich […] habe auch mal nachgezählt – tatsächlich – wie viele Tage das eigentlich waren und es sind schon ziemlich viele [gewesen]. Aber ich glaube, dass ist auch vom Gefühl her trotzdem vielleicht ein anderes [gewesen]. Also, ich hatte noch nie ein schlechtes Gewissen, weil ich ja weiß, wie viel ich arbeite, und ich bin zum Beispiel auch nie krank, und ich […] weiß auch, was zumutbar ist, beispielsweise auch für dich als Vertretung.
Aber ich glaube, dass es ein Gefühl ist, dass die anderen [Mitarbeitenden] eben auch das gleiche Recht haben, sich Urlaub rauszunehmen, wenn sie ihn brauchen. […] Ich glaube, das ist für die, die jetzt neu Vertrauensurlaub als Mitarbeitende bekommen haben, noch mal ein anderes Feeling als für mich.
Miriam: Ja, das ist natürlich immer eine andere Situation als Geschäftsführung, aber dann […] gehen wir doch mal ans Eingemachte: Also, wir haben ja letztes Jahr Vertrauensurlaub eingeführt. Wir haben das jetzt quasi ein Jahr lang mal gemacht. Vielleicht kannst du uns ja noch mal so ein bisschen einführen, wie wir überhaupt auf die Idee kamen und wie so auch das Team darauf reagiert hat, als wir das dann einführen wollten.
Nora: Ja, sehr gerne. Wir gehen noch mal ein Stück zurück in die Corona-Zeit. Ich muss es leider immer wieder sagen. Es ist ja nicht so, dass wir vor der ganzen Pandemie nicht schon […] offen waren und progressiv. Wir haben beispielsweise ja schon damals immer auch Homeoffice Regelungen gehabt. Wir haben ja auch schon Workation als Programm eingeführt. Also es war uns jetzt mit – sagen wir mal – flexiblerer Arbeitszeit auch nicht neu.
Aber das kam dann, glaube ich, so nach diesem ersten Corona Jahr, wo wir gezwungen[er Maßen] eben im Homeoffice waren, dass wir uns als KPI eigentlich für das kommende Jahr Gesundheit gesetzt haben. Da haben wir dann ja viel gesprochen im Team und haben über neue New Work-Möglichkeiten gesprochen. [Wir] haben wirklich mal so die Tüte aufgemacht und gesagt: „Wenn ihr euch in einer idealen Arbeitswelt vorstellen könntet zu arbeiten, was wäre dann eigentlich das Traumszenario?“ Da […] ging es um ganz viel Individualität, um Flexibilität, um eben diesen Ausgleich, und da sind wir dann relativ schnell auch auf flexible Vertrauensarbeitszeit gekommen.
Dann war es für uns eigentlich nur der nächste logische Schritt zu sagen, „Okay, wie sieht es denn aus mit Vertrauensurlaub? Und plötzlich – es war ganz erstaunlich – war da erstmal so eine… Wand! Also, es war nicht die gleiche Liebe, die uns entgegenkam, wie bei allen anderen Themen, sondern plötzlich war eher so Misstrauen da oder auch so Skepsis. „Ja, wie soll es denn gehen?“ und so weiter.
Da kam dann sowas auf wie: „Ja, das ist ja auch eine Verhandlungsgrundlage, so ähnlich wie beim Gehalt. Das ist ja auch etwas, was man sich erarbeitet hat als langjähriger Mitarbeiter/Mitarbeiterin und wenn dann andere Leute viel mehr Urlaub nehmen als man selber, ist es dann überhaupt gerecht?“ Also solche Fragen wurden auf einmal aufgemacht, sodass wir also erst mal noch mal ein Stück zurückgehen mussten, um Aufklärungsarbeit zu leisten.
Miriam: Ja, ich meine, rein administrativ war es ja eigentlich auch fast unumgänglich. Wir hatten ja diese Diskussion auch: [Wie unterscheidet man] jemanden, der zum Beispiel [in] Teilzeit arbeitet und dann den Freitag frei macht vs. jemanden, der aus Gründen der Vertrauensarbeitszeit den Freitag frei macht. Das gehört ja auch dazu, dass man auch sagen kann, „Ja, dann, ich habe halt alles [von meinen To Do’s] geschafft.“
Also, man kann ja auch so die Vertrauensarbeitszeit auslegen. Theoretisch: Wo schafft man dann auch die Grenze zwischen einem Urlaubstag, einem Teilzeittag, der frei ist an dem Tag, und jemanden, der vielleicht nur ein, zwei Stunden an dem Tag gearbeitet hat […]? Also, dass war für uns, glaube ich, auch rein administrativ ein Horror dann immer noch zu entscheiden, das ist jetzt ein Urlaubstag und das nicht!
Nora: Na ja, im Prinzip machen wir es ja trotzdem, […] weil es gibt natürlich gewisse administrative und auch gesetzliche Richtlinien. Insofern ist es schon noch einen Unterschied, [ob] es jetzt ein Urlaubstag ist, der geplant ist [oder] eben auch ein Tag, wo ich weniger Stunden arbeite. Einfach, weil ich schon fertig bin oder auch gerade nicht kann, oder ist es eben auch ein „Teilzeit-Tag“.
Also insofern muss man schon die Unterscheidung machen, und die machen wir auch ganz klar. Wir haben dann auch klare Regeln dafür eingeführt. Erst mal haben wir […] das Team überzeugen können. Einerseits durch […] mich und dich ja in dem Fall auch als Vorbildfunktion, weil ich gesagt habe: „Wir machen das schon immer so und schaut mal, wie wichtig das auch ist.“ Andererseits, ich glaube, ein Punkt, womit ich sie wirklich auch gekriegt habe, war tatsächlich das Thema Workation, weil ich gesagt habe: „Schaut mal nicht alle haben die Möglichkeit zur Workation – also im Ausland zu arbeiten – wenn sie halt Familie hier haben oder auch andere Verpflichtungen.
Aber niemand neidet es ja anderen Menschen, wenn die Workation machen. Also, ihr habt doch die Möglichkeit, und vielleicht nehmt ihr das eine Jahr nicht so viel [Urlaub] wie das andere. Aber einfach diese Möglichkeit, dieses Mindset zu haben, ist ja schon was ganz anderes.“ Da kam dann so ein Aha-Effekt tatsächlich und dieser Neid-Gedanke war dann, Gott sei Dank, nicht mehr vorhanden. Tatsächlich mussten wir dann eben Regeln einführen. Also, das heißt: […] Ein Vorurteil von diesem Vertrauensurlaub ist ja auch […], dass die Leute dann noch weniger Urlaub nehmen, als sie sowieso müssten, also als ihnen zusteht.
Deswegen haben wir definitiv einen sogenannten Pflichturlaub eingeführt, der eben der gesetzliche Mindesturlaub ist, und den müssen alle Mitarbeitenden tatsächlich schon am Anfang des Jahres, wenn sie bei uns regelmäßig arbeiten – sonst natürlich in den ersten Monaten [nach Arbeitsantritt] – schon angeben. Das heißt also, sie müssen diesen Urlaub schon verplanen. Was auch wichtig ist, weil man natürlich im Team auch gucken muss: Wo gibt es Überschneidungen? Wo könnte es vielleicht schwierig werden, gerade in den Sommermonaten mit Kita-Schließzeiten, Schulferien und so weiter? Das ist das eine, und dann gibt es natürlich auch Regelungen für den Vertrauensurlaub.
Dann muss der eben auch rechtzeitig geplant sein, immer das Doppelte der Zeit, die man nehmen möchte. Es darf nicht länger als ein Monat Vertrauensurlaub [am Stück] genommen werden. Ja, das sind sozusagen so ein paar von den Rahmenbedingungen, die wir dann auch geschaffen haben.
Miriam: Ja, und die werden ja eigentlich soweit auch ganz gut angenommen und sich zumindest dran gehalten. Trotzdem [ist] in unserem ganzen Team-Organisatorischem natürlich das Thema Urlaub auf einmal so eskaliert, weil das halt immer ein Thema war. Also ständig gab es auch lange Urlaub – ich glaube, das ist auch eher das, was so disruptiv ist. […] Wenn jemand so zwei, drei Wochen weg ist und dann eben auch mehrmals im Jahr vielleicht oder [sich] dann die Klinke in die Hand gegeben wird.
Das war schon eine große Herausforderung, weil wir da, glaube ich, auch so ein bisschen blauäugig vielleicht auch rangegangen sind, was […] die Prozesse angeht. Also, vielleicht kannst du auch da noch mal so ein bisschen deine Sicht erzählen. Meine Sicht [ist ja], dass wir da viel draus gelernt haben, eben auch noch mal die Teams so ein bisschen in die Pflicht zu nehmen.
Auch zu schauen, dass es auch mal wieder Phasen gibt, wo alle da sind. Dass man auch mal wieder zur Ruhe findet, dass nicht die eine Übergabe zur nächsten Übergabe führt und man eben auch diese Überschneidungen eher versucht [werden], im Vorfeld zu vermeiden. Was sind so deine Eindrücke aus dem letzten Jahr? Was […] uns noch mal die Augen geöffnet hat. Woran wir denken und worauf wir mehr achten müssen bei den Prozessen.
Nora: Ja, ich glaube gar nicht, dass es jetzt [so] war, dass ständig Leute ganz, ganz lange Urlaub genommen haben. Also […] die Ausreizung dieser vier bis fünf Wochen haben ja tatsächlich nur zwei Menschen gemacht. Ich glaube, es ist durch diese Kita-Schließzeiten und Schulferien… [wobei, dass] betrifft ja eigentlich noch gar nicht so viele. Genau [genommen] nur zwei Leute: also mich und Julia. Aber ich glaube, was auch ein bisschen dazu kam, ist, dass wir natürlich immer noch in einer Pandemie leben und da auch noch mal viele Krankheiten eben dann dementsprechend kamen, und das summiert sich halt.
Eigentlich haben wir ja gehofft, dass dadurch auch weniger Fehlzeiten bei den Krankheiten auftreten, aber ich glaube, in dem letzten Jahr war das viel auch noch mal den Pandemie-Krankheiten geschuldet. Aber ja, die Planung ist definitiv wichtig. Es kann immer auch kurzfristige Änderungen geben, wenn wir [zum Beispiel] Teamkonstellationen ändern. Das kam tatsächlich dazu, dass plötzlich dieses geplante Konstrukt des Urlaubs, dass es alles irgendwie gut abgedeckt ist, plötzlich dann anders war. […]
Tatsächlich ist Planung das A und O und gerade bei einem richtig langfristigen Urlaub, über mehrere Wochen, ist eine Urlaubsvorbereitung und -übergabe an das Team sehr, sehr wichtig.
Also einerseits auch vorzuarbeiten und zu gucken, „Okay, was ist priorisiert? Was muss ich auf jeden Fall machen? Was sollte ich auch machen? Aber auch dann gut zu delegieren und das Team gut abzuholen. Dass da eben nichts schief geht, das ist, glaube ich, dass ganz Wichtige. Nicht einfach zu sagen „Jetzt habe ich ganz lange Urlaub. Tschüss, macht [ihr] mal!“, sondern das eben auch gut vorzubereiten.
Miriam: Ja, und du hast es ja schon mal angesprochen, […] wie sich das ausgewirkt hat und eben nicht der versprochene oder der erhoffte Effekt war, dass wir eigentlich das Thema Gesundheit [fördern] und dadurch weniger Krankheitstage [bewirken wollten]. Aber vielleicht hast du ja trotzdem noch ein paar Insights ist für unsere Zuschauer, wie das generell so angenommen wurde. Also, […] gab es große Extreme in beide Richtungen oder hat sich das irgendwie für alle so in dem ähnlichen Maß eingependelt? Was waren so die Spitzen?
Nora: Ja, also, ich schau mal gerade in meine schlaue Tabelle. […] Erst einmal haben natürlich alle – was uns ganz, ganz wichtig war – ihren Pflichturlaub genommen. Dann gab es auf jeden Fall natürlich auch Unterschiede. Definitiv. Auch in dem, […] was an Vertrauensurlaub genommen wurde.
Aber alle haben definitiv mehr Urlaub genommen, als ihnen früher normalerweise zugestanden hätte. […] So im Durchschnitt – und dass passt dann auch – sind so 15 Tage Vertrauensurlaub von allen Mitarbeitenden [genommen worden], also insgesamt vielleicht 35 Tage. Also bei den Leuten, wo wir das jetzt auf ein Jahr bezogen messen konnten. Das war auch gut geregelt an sich und bei den Krankheiten gab es halt auch noch mal andere längere Ausfälle. Tatsächlich bei manchen dann doch relativ viel und bei anderen weniger.
Manchmal kommen ja auch noch mal Kinder-Krankentage dazu. Das muss man ja auch noch mal sehen als eine Agentur, die viele Mütter hat. Das ist halt [etwas], was wir dann gar nicht beeinflussen können, was [dann nicht] die Gesundheit unserer Mitarbeitenden angeht, sondern tatsächlich die der Familienmitglieder. So ein bisschen ist mein Gefühl aber auch, dass [sich die] Leute – was ja auch gut ist – auch mal so einen Tag krank schreiben [lassen haben], was sie vielleicht früher nicht gemacht hätten, weil sie dann kein schlechtes Gewissen haben. Das kommt vielleicht auch noch dazu.
Miriam: Nicht Krankschreiben, sondern Urlaub nehmen einfach?
Nora: Nein, gar nicht. […] Es ist ja ganz oft das Problem in Firmen, dass Leute sich da nicht trauen zu sagen, „Ich bin heute krank“! Dann arbeiten sie irgendwie halb krank [weiter], Stattdessen sagen sie dann doch mal, „Ich merke irgendwie meine Kopfschmerzen, die werden jetzt nicht besser. Ich ziehe das jetzt einfach nicht durch, sondern ich nehme mir krank.“ Ich glaube, das hat auch etwas mit Vertrauensarbeitszeit, mit Vertrauensurlaub auch zu tun. Insofern ist immer die Frage: Lieber einen Tag krank als dann ausgebrannt oder richtig krank [zu sein]? Es ist bisschen so diese Waage. Wir müssen beobachten, wie es im nächsten Jahr ist.
Miriam: Ja, wir hatten auch quasi in der Mitte des Jahres ungefähr oder [auch] noch mal irgendwann im Laufe des Jahres, […] ein Teamgespräch, [wo wir besprochen haben], wie das ganze Thema Vertrauensarbeitszeit und Vertrauensurlaub, eigentlich so angenommen wird. Wird das überhaupt so gelebt, oder gibt es da irgendwie auch noch so unterschwelligen Peer Pressure?
Dann sind da einfach so gewisse Muster, die so gelernt sind, die man auch erst mal wieder verlernen muss und auch Vertrauen ineinander haben muss und sich diese Freiheiten auch gegenseitig gibt.
So, und was wir da auch mal gesagt haben: Es ist wichtig, nicht erst Urlaub zu machen, wenn die Batterie leer ist, sondern vielleicht auch gerade mal in Phasen, wo es ein bisschen ruhiger ist. [Sich auch da frei zu nehmen], wo es vielleicht für die Kolleg:innen irgendwie weniger Aufwand ist, dass so abzufangen. Dann auch mal zu sagen, „Ich nehme jetzt mal ein verlängertes Wochenende.“
Sich auch diese kleinen Inseln zu schaffen [und nicht] immer nur auf die großen Reisen [zu warten], die ja irgendwie auch toll sind, aber auch positiver Stress. Am Ende bist du auch ziemlich geschafft von einer großen Reise mit Familie oder noch mit kleinen Kindern. Da ist man auch nicht unbedingt nur erholter. [Es ist wichtig], sich eben auch diese kleinen Inseln im Alltag zu schaffen. Das ermöglicht [der Vertrauensurlaub] dann vielleicht auch noch mal mit einem bisschen besseren Gewissen, weil ich glaube, das war auch das, was viele [uns] gesagt haben.
Am Ende geht es irgendwie darum: Das Jahr ist um, und man bräuchte eigentlich noch so drei, vier Urlaubstage rund um die Weihnachtsfeiertage und man muss alles so zählen, umdrehen, vorrechnen und durchkalkulieren und [das Kontingent genau einteilen].
Es geht ja nicht darum, dass die Leute 60 Tage im Jahr Urlaub machen, sondern einfach nur darum, ihnen diese gewisse Last zu nehmen.
Man kann eigentlich [Urlaub nehmen], wenn man ihn braucht. Eben, weil man es gerade kann. Aber es ist nicht so, dass man dann jeden Tag, den man sich jetzt irgendwie gönnt für den eigenen Ausgleich, nach hinten raus wieder verliert.
Nora: Ja, ich glaube tatsächlich dieses Gefühl – dieses Tagezählen und dieses „Ich habe dann keine [Urlaubstage] mehr übrig“ und so weiter, [dass belastet]. Vielleicht dann eben einen [Urlaubstag] nicht zu nehmen, weil man das Gefühl hat, man kriegt dann die hinten nicht mehr wieder. Aber ich glaube, das muss auf jeden Fall auch gelernt sein. Ich habe auch schon [von Mitarbeitenden] gehört, „Ist es jetzt zu viel? Nicht, dass die anderen irgendwie denken, ich nehme jetzt ganz viel Urlaub“.
Also so ein bisschen ist es immer noch so dieses Mindset, was man aufbauen muss, dass man kein schlechtes Gewissen haben muss. Man muss es eben nur gut vorbereiten, dass die anderen nicht darunter leiden, wenn sie halt dann Aufgaben übernehmen müssen. Aber das ist, glaube ich, etwas, wo wir da langsam auch hinkommen können.
Miriam: Ja, wo man sich auch gegenseitig in die Pflicht nimmt. Wenn wir auch wissen, da ist jetzt jemand für drei, vier Wochen im Urlaub, dann schaut ja nicht nur das eigene Team darauf. Da schaut man ja auch generell, dass das alles wirklich gut vorbereitet ist. Denn währenddessen lässt sich eben nichts mehr klären und wir hatten ja auch schon ein paar Learnings, dass man eben auch darauf ein bisschen achtet und dafür dann eben auch die Strukturen schafft. Um eben auch zum Beispiel dieses asynchrone Arbeiten [zu ermöglichen] und alles irgendwie festzuhalten und für alles irgendwo die Information leicht verfügbar zu haben. Es ist ja auch ein Teil davon, um damit irgendwie gut arbeiten zu können.
Nora: Ja, und […] gerade dieses Vorbereiten und Abgeben, [dass] ist nämlich auch ganz wichtig fürs Loslassen, weil ich möchte auch nicht, – oder wir möchten auch nicht –, dass jemand noch im Urlaub denkt, „Klappt das jetzt?“, und dann checkt er doch noch mal seine E-Mails oder schreibt dann zwischendurch noch mal irgendwas rein, wo man [als Kolleg:in] denkt, „Entschuldigung, du bist im Urlaub!“
Für die eigene Erholung ist es auch ganz, ganz wichtig, dass man alles gut vorbereitet und abgibt. Damit man dann guten Gewissens wirklich auch nicht nur irgendwie physisch, sondern auch mental abschalten kann.
Miriam: Ja. Wir haben ja schon ein paarmal auf LinkedIn oder Instagram das Thema Vertrauensurlaub bespielt. Was natürlich auch sehr schön ist immer, ist, dass man sich zum Beispiel jetzt nicht mehr ärgern muss, wenn irgendwelche Feiertage auf ein Wochenende fallen oder so was. Das ist auch so ein Groll! Es ist ja manchmal echt so. Es gibt ja solche arbeitgeberfreundlichen und arbeitnehmerfreundlichen Jahre, wie man das früher so gesagt hat.
Aber ich meine, auch als Arbeitgeber ist einem ja damit nicht geholfen, wenn die Leute ausgebrannt sind.
Insofern kann man das jetzt irgendwie [lösen]. Das ist ja auch noch mal so: Da fallen manchmal vier, fünf Feiertage im Jahr weg, wenn die alle unglücklich fallen. Wo man sich eben auch noch mal gönnen kann, Montag darauf frei zunehmen zum Beispiel. Auf jeden Fall hat das viel angestoßen bei uns. Ich glaube auch, [dass hat] die ganze Zusammenarbeit – auch unabhängig von den Urlauben – auch noch mal geprägt.
[…] Es ist immer noch ein großes Thema, abgeben zu können, los[zu]lassen, [zu] delegieren und da sind wir auch dran, dass irgendwie noch besser transparent zu machen und die Leute dabei zu unterstützen, dass sie sich aufeinander verlassen und das gut vorbereiten. Aber ich glaube, [das Modell Vertrauensurlaub] hat da auch noch mal so viel ausgelöst, weil man ja auch [abgeben] muss, wenn man dann auch wirklich abschalten möchte.
Ja, und jetzt: Wenn wir so auf dieses Jahr blicken, hast du da ein Gefühl? Pandemie-bedingt kann man ja hoffen, dass es jetzt langsam ein bisschen abebbt mit den Corona-Erkrankungen und Erkrankungen allgemein. Was ist dein Gefühl? Auch vielleicht, weil wir jetzt viele neue Gesichter bei uns haben. Auch in den Gesprächen, die du vielleicht mit den Leuten hattest oder [mit] den Trainees: Wird das immer natürlicher für die Leute, sich [auch zum Beispiel] diesen Urlaub zu gönnen?
Nora: Ja, ich glaube schon, […] wenn man so anfängt, dass es auf jeden Fall natürlicher ist, weil man das ja vielleicht gar nicht anders kennt. Aber […] von der Tendenz her […] trauen sich [die Seniorberater:innen] doch noch mehr Urlaub zu nehmen als vielleicht noch die Jüngeren. Ich glaube, dass ist so ein bisschen auch bedingt dadurch, dass natürlich die, die jetzt auch lange bei uns sind, auch wissen, dass wir es so meinen, wie wir sagen, und dass sie dem auch vertrauen können.
Es ist ja tatsächlich auch noch mal [so]: […] man hat irgendwas, aber es traut sich eben niemand [Urlaub] zu nehmen, weil man denkt, vielleicht wird es ja doch irgendwie schlecht angesehen. Aber eigentlich ist es ganz gut so rum, weil dadurch sind [die Seniorberater:innen] eben auch Vorbilder für die Leute im Team. Wenn jetzt zum Beispiel die Teamleads trotzdem wenig Urlaub nehmen würden, dann würden vielleicht die anderen Teammitglieder denken, [dass es] vielleicht doch nicht so gern gesehen [ist]. Also insofern finde ich, ist es eine ganz natürliche Entwicklung und wird so generell angenommen.
Und ja, ich glaube, die jüngere Generation ist ja eh offen für flexiblere Modelle und hinterfragt sozusagen auch die alten Modelle, was gut ist. Insofern ist es jetzt an sich natürlich auch ein guter Benefit, um auch neue Mitarbeitende [zu gewinnen]. Wobei ich nicht das Gefühl hatte, dass das jetzt primär der Grund ist, warum Leute bei uns anfangen. Also, das ist dann eigentlich noch so eine nice-to-have und cool, aber gar nicht der Grund, warum sie sich jetzt für uns entscheiden.
Miriam: Zumindest würde das keiner im Bewerbungsgespräch sagen, aber es ist ein Mix, also ein Teil des Ganzen.
Nora: Ja, tatsächlich. Aber ich habe jetzt im Bewerbungsgespräch noch nicht [erlebt], dass Leute mich explizit noch mal nach dem Vertrauensurlaub gefragt haben, sondern da ging es tatsächlich um andere Dinge. Da geht es ja generell um das ganze Thema Zusammenarbeit und um Wertschätzung und so weiter – und Vertrauensurlaub ist eben ein Punkt, der da mit reinspielt.
Miriam: Ja, das ist doch ein schönes Abschlusswort! Wir werden ja in der nächsten Zeit noch ein paar Sachen von dir hierzu hören und lesen können. Also das [Thema] auch noch mal schriftlich quasi immer wieder aufgreifen, auch die Zahlen und die Learnings und so weiter. Aber danke erst mal für den Einstieg und den Überblick, den du uns hier auf LinkedIn noch mal gegeben hast.
Freuen wir uns auf alles Weitere und sind gespannt, wie dieses Jahr wohl läuft und das hoffentlich dann auch das Thema Gesundheit langsam auch dadurch [besser wird] und dass wir den Benefit dann auch so spüren werden. Wunderbar! Vielen Dank Nora und bis bald!
Nora: Sehr gerne! Tschüss!
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