Wer an B2B-Firmen denkt, dem kommen wohl selten direkt große Emotionen oder gar Storytelling in den Sinn. Oft sind die Produkte technisch oder kompliziert und damit auf den ersten Blick so gar nicht herzerwärmend oder mitreißend, wie man es von guten Geschichten erwartet. Dass allerdings auch in B2B-Brands absolutes Erzählpotenzial schlummert, haben wir in Teil 1 dieser Serie bereits gezeigt. Doch man kennt es von Partys, wer immer nur über sich selbst und seine Heldentaten spricht, der steht am Ende oft allein da. Deshalb verraten wir in Teil 2 in welche (sogar noch wichtigere) Rolle Unternehmen beim B2B-Storytelling schlüpfen sollten.
„Tu Gutes und rede darüber“ – seit 1961 wohl einer DER Leitsätze für Unternehmenskommunikation. Doch die (Medien-)Welt hat sich verändert, durch Social Media & Co. buhlen mehr Marken als je zuvor um die Aufmerksamkeit des Publikums. Das Problem: Natürlich erzählt jede:r, wie großartig er oder sie ist, wie revolutionär das Produkt, wie einzigartig die Herangehensweise. In der Masse nicht gerade glaubwürdig und für potenzielle Kund:innen quasi kaum eine Hilfe, um eine:n wirklich passende:n Partner:in auszuwählen.
Um sich vom Wettbewerb abzuheben, braucht es echte und nahbare Geschichten, die Identifikationspotenzial bei der Zielgruppe schaffen. Neben Corporate Plots, in denen das Unternehmen von seiner eigenen Heldenreise berichtet, ermutigt Storytelling auch B2B-Brands dazu, einen Schritt aus dem Rampenlicht zu treten und die wahren Held:innen ihrer Arbeit in den Vordergrund zu rücken: Ihre Kund:innen. Für sie werden sie zu Mentor:innen und machen ihr Business-Abenteuer überhaupt erst möglich!
Egal wie scheinbar kalt, komplex oder technisch eine B2B-Lösung ist, am Ende erleichtert sie den Alltag ihrer Nutzer:innen und unterstützt sie letztendlich dabei ihre individuelle Vision zu verfolgen oder schöner ausgedrückt: ihre Träume zu leben. Wenn das mal nicht emotional ist! Und mit wem könnten sich potenzielle Klienten besser identifizieren als mit jenen, die genau im gleichen Boot sitzen, denen die gleichen Herausforderungen begegnen und die für ähnliche Ziele kämpfen? Wir haben schöne Beispiele für B2B-Storytelling aus Mentorensicht gesammelt:
Wer hat es nicht schon einmal erlebt: Irgendwie steckengeblieben im Job, viele Träume, aber wenig Möglichkeiten. Und dann die große Chance, der Durchbruch ist zum Greifen nahe! Jetzt muss die Arbeit sitzen, die Zeit drängt, alles muss stimmen…Gut, dass unsere Truppe von liebenswerten Underdogs genau den richtigen Mentor an ihrer Seite hat: Ohne die unschlagbar smarten Apple-Produkte wäre dieses Arbeitsabenteuer vielleicht anders ausgegangen.
Und nicht nur ihre fiktiven Kund:innen setzt der Tech-Riese gekonnt in Szene. Unter dem Sammelbegriff „Apple at Work“ finden sich zahllose Geschichten waschechter Nutzer:innen aus den unterschiedlichsten Branchen. Natürlich schildern sie auch, warum gerade Apple die perfekte Begleitung für ihren Arbeitsalltag darstellt, aber stets über Themen, mit denen sich auch andere Firmen aus diesem Bereich identifizieren können. Wenn United Airlines das globale Team über iPhones, iPads & Co. miteinander verbinden, logistische Hürden meistern und Inklusion fördern kann, können das andere Transportunternehmen schließlich auch – Zeit in eine Apple-Ausstattung zu investieren!
Wer Teil 1 dieser Reihe gelesen hat, der weiß, dass Salesforce im Bereich B2B-Storytelling definitiv etwas draufhat. Schon ihre eigene Heldenreise haben sie zum 20-jährigen Jubiläum meisterhaft in Szene gesetzt. Ein Blick auf ihre „Customer Success Stories“ beweist, dass sie auch ihre Rolle als Mentor:in sowas von verstanden haben.
Neben vielen Informationen zu ihren Kund:innen, die man auch in einer klassischen Case Study finden würde, stechen besonders die kleinen, liebevoll gestalteten Trailblazer Storys im Videoformat heraus. Wie richtige Imagefilme starten die Geschichten zunächst so gar nicht werblich, wie hier im Beispiel des Traditionsunternehmens Zwilling. Dramatische Musik, Funken, das Klirren von Klingen…Wir sehen, wie Messer entstehen und hören einem echten Meister zu, während er seine Leidenschaft für seine Arbeit, für sein Handwerk, beschreibt.
„Am Handwerk ist das Besondere, das man was erschaffen kann. Man sieht, dass man etwas produziert und hinterher ein fertiges, schönes Produkt in der Hand halten kann.“
Martin Schlöndorf, Messerschleifer
Die Kommunikationsverantwortliche erläutert dann die traditionsreiche Geschichte des klassischen Einzelhändlers: Erste Ladengeschäfte 1818, den Ruf als eines der ersten deutschen Unternehmen über den großen Teich nach New York zu gehen…Aber auch die Hürden, denen eben diese klassischen Anbieter im Internet-Zeitalter begegnen sind Teil ihrer Reise. Vertriebskanäle müssen digitalisiert, das Angebot auch online verfügbar gemacht werden. Da braucht es eine:n gute:n Mentor:in, der oder eben das möglich macht und die alte und neue Welt auf individuelle Weise verbindet. Wenn das mal nicht genau die Inspiration ist, die die zahlreichen deutschen Traditionshäuser brauchen, um auch auf ihre Heldenreise ins digitale Abenteuer zu starten…
Natürlich braucht es nicht immer zwangsläufig einen hollywoodreifen 3-Minüter, um Identifikationspotenzial bei potenziellen Kund:innen zu stiften. E-Commerce-Software-Hersteller Shopify nutzt zum Beispiel seinen Instagram-Kanal, um das Spotlight auf ihre Held:innen aka ihre Nutzer:innen zu richten. Das Team nennt sich selbst „The Entrepreneurship Company“, was könnte da näher liegen, als eben diese so vielfältigen und kreativen Unternehmer:innen und ihre individuellen E-Commerce-Träume mit Stolz zu präsentieren?
Frei nach dem Motto „short & sweet“ lesen wir von Christina aus Toronto, die ihr Startup aus einer Krise heraus gegründet hat und heute einen Shop für kuratierte asiatische Produkte leitet. Wir hören den sympathischen deutschen Gründern der Seifenprodukte Duschbrocken dabei zu, wie sie gemeinsam an ihre Backpacking-Reise zurückdenken, die ihren Unternehmertraum ins Rollen bringen sollte – und lernen nebenbei, dass die beiden Männer zuvor gar nicht so genau wussten, wo eigentlich der Unterschied zwischen Shampoo und Duschgel ist.
Apropos hören: Neben ihrem schönen Instagramkanal, hat Shopify übrigens auch einen Podcast, in dem die Shopify-Händler:innen eine weitere Bühne für ihre beeindruckenden Gründerstorys bekommen. Die Kanäle für B2B-Storytelling sind also vielfältig!
Und wer jetzt denkt: Wer soll das denn alles bezahlen? Dem sei gesagt, keine Sorge! Gutes B2B-Storytelling ist nicht unbedingt eine Frage des Budgets! Dass es auch völlig ohne großen Schnickschnack funktioniert, beweist nämlich das letzte Beispiel:
Cloud-Pionier Dropbox hat seinen Kund:innen einen eigenen Blog gewidmet und zeigt hier, dass sich auch auf kleiner Flamme große Wirkung erzielen lässt. Auf „work in progress“ stellt das Team die unterschiedlichsten Nutzer:innen vor und präsentiert mit ihren individuellen Geschichten geschickt, wie vielfältig das Produktportfolio des vor allem für Cloud-Speicher bekannten Unternehmens inzwischen ist.
Da ist zum einen Videoproduzent Matthew, der Dropbox Replay nutzt, um Feedback in Videos zu bearbeiten. Gründerin einer Marketing-Agentur JinJa unterstützen die Dienste Dropbox Capture dabei, Screenshots zu machen und Dropbox Sign, digitale Unterschriften für Verträge zu setzen. Die Zeiten, in denen das Unternehmen mit der blauen Kiste einfach nur eine Cloud-Ablage war, sind definitiv vorbei.
Was alle Beiträge eint: Wir lesen nicht einfach eine Werbeshow für Dropbox. Die Produkte treten zurück hinter die authentische Heldenreise der Nutzer:innen. Witzige Anekdoten, ehrliche Einblicke in die Stolpersteine des Alltags, aber auch motivierende Happy Endings schaffen Sympathie und Mitgefühl. So wollte Matthew beispielweise mal Zauberer werden und JinJa wurde als Kind noch dafür bestraft, so viele Fragen zu stellen, während sie heute dafür bezahlt wird. Davon können sicherlich viele Kreative ein Lied singen…
Und darauf kommt es am Ende beim B2B-Storytelling an. Während sich sicher nur ein Bruchteil potenzieller Kund:innen mit der eigenen Heldenreise identifizieren kann, macht es bei denen der Mitstreiter:innen meist sofort Klick. Ähnliche Probleme erfordern in der Regel eben auch ähnliche Lösungen und warum dann nicht auf die guten Erfahrungen der Anderen setzen? Also findet euer Medium und dann schreit sie heraus, die Geschichten eurer Held:innen!
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