V.I.K.I. aus I, Robot, GLaDOS aus Portal oder HAL aus Odyssee im Weltraum: Bösartige Roboter, die ihren eigenen Willen entwickeln und sich gegen ihre Schöpfer:innen richten, sind aus Geschichten der vergangenen Jahrzehnte kaum wegzudenken. Gleichzeitig ist künstliche Intelligenz in den letzten Jahren ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Wir entsperren unsere Smartphones per Gesichtserkennung, lassen uns von Netflix Filme vorschlagen und bitten Google Maps um Wegbeschreibungen.
Skepsis kam auf, als KI plötzlich anfing, zu sprechen: Der Release von digitalen Sprachassistenten wie Amazons Alexa oder Apples Siri, aber auch vom Chatbot ChatGPT des Unternehmens OpenAI war begleitet von kritischen Stimmen. Manche erinnerte das Ganze dann doch eine Spur zu sehr an ebenjene Roboter aus Büchern, Filmen und Videospielen. Durch cleveres Storytelling haben KI-Unternehmen dieses Misstrauen überwunden, ihre Produkte sind längst ein selbstverständlicher Teil unseres Lebens. Wie haben sie das geschafft?
Um nachzuvollziehen, wie Firmen wie Apple und Amazon Menschen durch Storytelling die Angst vor KI nehmen konnten, müssen wir erst verstehen, woher unsere Vorbehalte dagegen überhaupt stammen. Die Faszination mit menschengemachtem Bewusstsein ist nämlich bei weitem nichts Neues. Was durch Geschichten beendet wurde, begann auch durch Geschichten: Spätestens seit Mary Shelleys Roman Frankenstein aus dem Jahr 1818 ist artifiziell erschaffenes Leben ein wiederkehrendes Horror-Element. Im deutschsprachigen Raum taucht eine künstliche Intelligenz sogar bereits 1816 in E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann auf.
Wie Texten mit künstlicher Intelligenz funktioniert, erklären wir hier.
Es sollte noch bis 1966 dauern, bis die erste „echte“ künstliche Intelligenz das Licht der Welt erblickte: ELIZA hieß der vom Informatiker Joseph Weizenbaum programmierte Chatbot, der einer Psychotherapeutin nachempfunden sein sollte. Von ihr stammt der sogenannte ELIZA-Effekt: Teilnehmer:innen der Studie, in der ELIZA getestet wurde, behandelten sie wie eine menschliche Gesprächspartnerin. Vielen von ihnen fiel es schwer, anzuerkennen, dass ELIZA kein Bewusstsein hat – manche weigerten sich komplett, diese Tatsache hinzunehmen.
ELIZA ist damit das erste Programm, dem es gelungen ist, den Turing-Test (beinahe) zu bestehen: Ihre künstliche Intelligenz war einer menschlichen so weit ebenbürtig, dass die beiden von einigen Teilnehmern nicht mehr unterschieden werden konnten. Das warf schon damals unangenehme Fragen auf: Wenn KI alles kann, was wir können, und dabei intelligenter und effizienter vorgeht, was bewahrt uns davor, durch sie ersetzt zu werden? Und wenn selbst wir KI und Menschen nicht mehr auseinanderhalten können, was macht uns überhaupt menschlich?
Das unangenehme Gefühl, dass etwas erkennbar nicht-menschlich ist, aber trotzdem so tut, wird in Wissenschaftskreisen als Uncanny-Valley-Effekt oder Akzeptanzlücke bezeichnet. Unser Gehirn kann Roboter eindeutig einordnen, es kann Menschen eindeutig einordnen – alles, was dazwischen liegt, löst in uns Unwohlsein oder sogar Angst aus. Wenn eine neue KI vorgestellt werden soll, kommt es also ganz besonders darauf an, dem Uncanny-Valley-Effekt entgegenzuwirken.
Aus ebendiesem Grund kommen Unternehmen zunehmend weg von der Idee, KIs zu entwerfen, die – besonders visuell – möglichst humanoid sind. Vorreiter in der Branche wie Google, Apple, OpenAI etc. haben erkannt, dass es viel wichtiger ist, in ihrer Kommunikation mindestens einen von zwei Schlüsselfaktoren zu betonen: die Mensch-Maschine-Schnittstelle oder die technischen Aspekte, die dem Programm zugrunde liegen.
Apples Siri war der erste Sprachassistent , der sich auf dem Markt durchsetzte. Und nicht nur das: Siri war die damals Einzige ihrer Art. Kein Programm zuvor war in der Lage, sowohl gesprochene Befehle zu empfangen und Antworten auf die gleiche Weise wieder auszugeben. Als der Assistent 2011 erstmalig für das iPhone 4S veröffentlicht wurde, hatte Apples Kommunikationsabteilung also einiges zu leisten, um Siri der Welt vorzustellen. Kaum jemand hatte anfangs große Lust darauf, eine Anwendung, die an Samantha aus Her erinnerte, zu benutzen, geschweige denn, sie in seinen Alltag zu integrieren.
Das wohl gängigste Mittel, um Menschen Skepsis vor etwas zu nehmen, ist starke Emotionalisierung. So war auch für Apple die Betonung der Mensch-Maschine-Schnittstelle die mit Abstand wichtigste Komponente der Kommunikation bei der Vorstellung von Siri. Sie sollte kein Ersatz sein, sie sollte niemanden überflüssig machen – als Assistentin sollte sie iPhone-Besitzer:innen unterstützend im Alltag zur Seite stehen.
Dass Emotionen bei Siris Welt-Debüt stark in den Vordergrund gerückt werden mussten, war also klar. Untermalt von seichter, hoffnungsvoller Musik zeigt der erste Siri-Werbespot in raschen Cuts Menschen in verschiedensten Lebenslagen: eine Mutter, die Hilfe bei einem geplatzten Reifen braucht, um die erwartungsvoll in ihrem Auto wartenden Kinder rechtzeitig zur Ballett-Vorführung zu bringen; ein junger Mann, der sich für ein wichtiges Event ankleiden muss, aber vergessen hat, wie man eine Fliege bindet; ein Kind, das wissen möchte, wie ein Wiesel aussieht…
Bemerkenswert ist, dass jede Einstellung nur einen Satz benötigt, um ihre Geschichte zu erzählen. Was diese Sätze gemeinsam haben: Sie sind allesamt Befehle an Siri, die per Spracheingabe getätigt werden. Jede kleine Story nimmt dank ihrer KI-Unterstützung ein Happy End. Und so ist Siri plötzlich kein bedrohlicher, gefühlskalter Roboter mehr, sondern eine nahbare Assistentin, die in den unterschiedlichsten Situationen stets sofort zur Stelle ist.
In den letzten Jahren ist – nicht zuletzt dank sprachgesteuerten digitalen Assistenten wie Siri – die Akzeptanz und das Wissen für künstliche Intelligenz, Sprachgenerierung und KI-unterstützte Umgebungen enorm gestiegen. Als OpenAI 2022 seinen Chatbot ChatGPT veröffentlichte, hatte die Firma also das Glück, an das anknüpfen zu können, was Apple 2011 mit Siri begann.
Das Programm ist allerdings weder sprachgesteuert, noch ist es dafür konzipiert, Informationen aus dem Netz für seine User:innen konzise aufzubereiten. Stattdessen sind ChatGPT und seine kleine Schwester GPT-4 in der Lage, auf einem bisher nicht dagewesenen Niveau Konversationen zu führen, Texte zu generieren, Codes zu schreiben – alles aus sich selbst heraus, nicht auf Basis einer Suchmaschine.
Das Interface und Nutzungsgefühl der Anwendung fühlt sich extrem sleek an – sie ist elegant und simpel, jedoch trotzdem auf dem technisch absolut neuesten Stand. An Komplexität musste das Programm also im UI-Design nichts einbüßen. Und komplex ist es in der Tat: ChatGPT ist ein generatives Sprachmodell, das auf Basis von einem neuronalen Netzwerk mit 175 Milliarden Parametern durch Deep Learning trainiert wurde, möglichst natürlich zu kommunizieren.
Einfacher gesagt: Open AI hat ein Computer-Gehirn nachgebaut, und diesem Gehirn sprechen beigebracht, indem es ihm anhand von sehr vielen Beispielen gezeigt hat, wie Sprache funktioniert. Dieses Konzept lässt sich also so weit herunterbrechen, dass es für die breite Öffentlichkeit verständlich ist – und was man verstanden hat, fürchtet man nicht mehr. Die Kommunikation von OpenAI setzt demnach einen klaren Fokus: die Technik hinter ihren KIs so darzustellen, dass selbst Menschen, die nicht wissen, was ein Proximal-Policy-Optimization-Algorithmus oder Reinforcement Learning ist, ein Verständnis dafür bekommen, wie sie funktionieren.
Das Feld der künstlichen Intelligenz boomt. Auf OpenAIs ChatGPT folgten Googles Bard, GitHubs Copilot und viele mehr. Wohin das Ganze führen wird, ist schwer abzusehen – insbesondere, da noch unklar ist, ob und welche Auflagen bezüglich KI von Seiten der EU in den kommenden Jahren in Kraft treten werden. Eins ist jedoch klar: Die Programme sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, und das nächste KI-Phänomen kommt bestimmt. Wir dürfen gespannt abwarten, welche Geschichten es uns mitbringt.
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