Wenn Unternehmen oder Organisationen uns mit ihren Geschichten zum Lachen, Weinen oder Staunen bringen, haben sie vieles richtig gemacht. Jeden Monat stellen wir hier einige unserer liebsten Brand-Storytelling-Kampagnen vor. Auch der Oktober bringt uns kreative Werbekampagnen, die durch starkes Brand-Storytelling überzeugen. Diesmal stehen Vielfalt und Individualität im Vordergrund, oftmals noch vor dem Produkt. Folgende Unternehmen und Institutionen setzen in diesem Monat auf berührende, witzige und authentische Geschichten, um ihre Botschaften eindrucksvoll zu vermitteln.
Die Polizei in Brandenburg braucht Nachwuchs. In der Zielgruppe der 18 bis 35-Jährigen haben jedoch weder die Polizei noch das Bundesland Brandenburg den besten Ruf, die Bewerbungen werden stetig weniger. Was also tun? Die Polizei Brandenburg hat deshalb beschlossen, der Zielgruppe beim Recruiting auf Augenhöhe zu begegnen und sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen. Dieses Rezept sorgt für sehr gespaltene Meinungen. Der Clip der neuen Kampagne startet ausgerechnet mit Rainald Grebes Lied „Brandenburg“ („In Brandenburg, Brandenburg ist wieder jemand gegen einen Baum gegurkt. Was soll man auch machen, mit 17/18 in Brandenburg?“).
Dann der musikalische Wechsel: Ein Herr, der gerade von zwei Polizistinnen festgenommen wurde und bäuchlings auf einer Kühlerhaube liegt, rappt über die Vorzüge dieses unbeliebten Teils der öffentlichen Verwaltung. Dazu sehen wir realistische filmische Einblicke in die vielfältigen Tätigkeiten, die es bei der Polizei gibt: von Mitarbeitenden bei der Hundestaffel über medizinisches Fachpersonal, die Wasserschutzpolizei bis hin zum SEK ist viel geboten. Zudem fährt die Kamera über das Gelände der Polizeihochschule in Oranienburg und zeigt dort Lernende. „Ein Job mit über 100 Möglichkeiten, fang an zu wachsen.“, heißt es. Und, versöhnlich: „Du bist unser fehlendes Puzzleteil“.
Die Slow-Mo-Einlagen erinnern, zugegebenermaßen, ein wenig an „Ich hab Polizei“ von POL1Z1STENS0HN a.k.a. Jan Böhmermann. Das hat 2015 auch schon verblüffend gut funktioniert, obwohl es sich nicht um ein Recruiting-Video handelte. Besonders schön im Clip der Polizei Brandenburg ist die schelmische Aufforderung: „Und wenn Berlin nichts für dich ist, komm nach Brandenburg“.
Eine Berliner Tageszeitung fand das allerdings wenig amüsant. „Cringe Rap“ wäre das, das Video sei veraltet, sexistisch und zelebriere toxische Männlichkeit. Die Kommentare auf YouTube zeigen jedoch, dass diese besondere Zielgruppenansprache ausgezeichnet funktioniert hat. Ob es demnächst tatsächlich voller in Brandenburg wird, wird die Zukunft zeigen.
Auch bei König Pilsener steht der Mensch im Vordergrund. Die neue Kampagne soll Leichtigkeit, Haltung und Selbstbestimmtheit vermitteln – und das wurde mit Nahbarkeit statt Hochglanz realisiert. Einer der bekanntesten Bier-Markenclaims, „Heute ein König“, bereits 2011 verwendet, wurde jetzt neu interpretiert. Im Clip „Beach Boys“ folgen wir zwei Männern mittleren Alters in Badehosen am Strand, wie sie zusammen durchs flache Wasser rennen und sichtlich Spaß am gemeinsamen Herumtollen und der Gesellschaft des jeweils anderen haben.
Das Besondere: Wir sehen ganz normale Menschen, mit denen sich jeder identifizieren kann. Nicht auf äußerliche Schönheit oder Perfektion kommt es hier an, sondern nur auf den Moment – tatsächlich sogar unabhängig vom beworbenen alkoholischen Getränk. Die Message: Jeder ist ein König, wenn ihm so ein „Marmeladenglasmoment“ passiert, also ein Erlebnis, das so schön ist, dass man es am liebsten für immer festhalten möchte. In einem anderen Clip widerfährt dies, ganz im Sinne der Vielfalt, sogar einem Hund.
Über den Köpfen der glücklichen Protagonist:innen erscheint jeweils der Schriftzug: „Heute ein König“. Die Biermarke lässt verlauten, dieser Claim sei eine Lebenseinstellung und eben keine bloße Werbebotschaft. Es gehe um das Feiern der Individualität – darum, seinen eigenen Weg zu gehen und das Leben nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, unabhängig von Konventionen oder gesellschaftlichem Druck.
Ein anderer König, nämlich Burger King, zeigt Haltung und startete zum Tag der deutschen Einheit in den Oktober mit einer eindringlichen Message: Vielfalt ist King. Etwa 25.000 Menschen aus 120 Ländern arbeiten nämlich in Deutschland bei der weltweit zweitgrößten Fast-Food-Hamburger-Kette. Die Restaurants sollen dementsprechend als ein Ort für alle wahrgenommen werden. In der aktuellen Kampagne stehen daher die Mitarbeitenden im Mittelpunkt – ohne die es die Burger gar nicht gäbe. Im dazugehörigen Video gehen die vielfältigen Protagonist:innen mit uns in intensiven Blickkontakt und schaffen durch ihr Lächeln eine persönliche Verbindung zu den Zuschauenden.
Oxana, Gonzo, Benni. Der Clip endet mit der Beschriftung der fertigen Burger – unterschiedliche Namen erscheinen in verschiedenen Handschriften auf dem Einwickelpapier – und resümiert: „Made in Germany. Von unserem Team aus 120 Ländern.“ Die Kampagne soll zum Nachdenken anregen und ins Bewusstsein rufen, dass Diversität stark macht und zum Fortschritt in der Gesellschaft beiträgt. Das traditionelle Qualitätsmerkmal „Made in Germany“ sei aber eben nur dadurch möglich. „Vielfalt ist King“ ist eine wichtige und schöne Botschaft. Und der Burger König hat sie stark und genau zum richtigen Zeitpunkt vermittelt – und mit einer Authentizität, die nicht gequält daherkommt oder anbiedernd ist.
Jamie Dornan, bekannt aus den „50 Shades“-Filmen, in denen die Figur, die er verkörpert, einen…, sagen wir, besonderen Geschmack hatte, ist der neue Markenbotschafter für Diet Coke. Eine klassische Wahl möchte man meinen und glaubt, sich den Werbefilm dazu bereits vorstellen zu können – insbesondere, da Diet Coke in den vergangenen Jahrzehnten traditionell als typisches Frauenprodukt beworben wurde (neben dem sehr maskulin vermarkteten Geschwisterprodukt Coke Zero). Jedoch schafft Coca-Cola es jetzt, erfrischend unsexistisch und humorvoll mit genau diesen Erwartungen der Zuschauenden zu spielen – um sie dann gekonnt auf den Kopf zu stellen.
Jamie Dornan zeigt eben keine Haut. Er springt in einem Ganzkörperanzug zum Trainieren in einen Kaltwasser-Pool – um später entspannt mit einer Diet Coke auf einem Schwimmring in Form eines rosa Einhorns an uns vorbeizufloaten und über Individualität zu sinnieren. Ein anderer Protagonist im Clip, ein Koch in einem Imbiss, richtet das Frühstück auf dem Teller wie in einem Sterne-Restaurant an. Die neue Kampagne soll die Zuschauenden dazu ermutigen, stolz auf ihren einzigartigen Geschmack und ihre persönlichen Interessen zu sein und ihre Cola-Pause so zu gestalten, wie auch immer sie sie gestalten wollen.
„This is my taste“, lautet der passende Claim, der viel Raum für Identifikation lässt. Sogar multimedial – denn wer seine eigenen Vorlieben noch nicht so gut kennt, kann auf einer passenden Landingpage den Diet Coke Taste Test machen, der aus vier kleinen Persönlichkeitstests besteht, und so mehr über sich herausfinden.
Mehr Inspiration zu gelungenem Brand Storytelling zeigen wir zum Beispiel in unseren Blogposts mit den besten Kampagnen aus dem August und dem September.
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