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Storytelling Close-Up Hello Kitty: Eine japanische Katze erobert die Welt

Kennt ihr das Wort kawaii? Es bedeutet so viel wie „liebenswert“, „süß“ oder „niedlich“ und kommt aus dem Japanischen. Eine Figur, die diesen Begriff wie kaum eine andere repräsentiert, ist Hello Kitty. Das kleine Katzenmädchen feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Ein guter Anlass, einmal genauer auf die Marke und ihre Entwicklung zu schauen.

Nicht nur bei Kindern beliebt! | © Sanrio Fandom

Es waren einmal ein paar Badelatschen

Shintaro Tsuji ist sicherlich den wenigsten von uns bekannt. Der Geschäftsmann gründete 1960 das Yamanashi Silk Center in Tokio, in dem er unter anderem Badeschuhe verkaufte. Dabei fiel ihm schnell auf, dass sich verzierte Schlappen viel besser verkaufen ließen als unverzierte. So kam ihm eine Idee, die einfach, aber sehr effektiv war: Um die Umsatzzahlen seiner Sandalen anzukurbeln, ließ er sie mit kleinen Blumen bedrucken. Das kam an, denn die Kund:innen liebten es kawaii. Tsuji war damit so erfolgreich, dass er das Geschäft schon bald auf weitere Produkte ausweitete und neben hübschen Blüten auch Erdbeermotive bedrucken ließ.

Der Ruf nach etwas Eigenem

Über die Zeit experimentierte das Unternehmen mit weiteren Mustern und Motiven. Da Obst sich bereits in der Vergangenheit bewährte, versuchte Tsuji es mit Kirschen und musste einen herben Misserfolg einstecken. Paradoxerweise kamen die roten Früchte im Doppelpack bei den Japaner:innen gar nicht gut an und es brauchte schnell eine neue originelle Idee.

Er bat bekannte japanische Künstler:innen darum, Figuren zu entwerfen, mit denen er dann Kaffeetassen, Teller und anderes Geschirr verzierte. Außerdem sicherte sich der Geschäftsmann die nötigen Markenrechte, um Produkte von Barbie, Snoopy und Grußkarten von Hallmark vertreiben zu können. Doch der Kampf um die Lizenzen nervte ihn und er war unzufrieden mit der Unternehmenssituation. Er wollte etwas Eigenes. Also rief er kurzerhand eine eigene Designabteilung ins Leben.

Kon’nichiwa Hello Kitty

Mittlerweile war das Unternehmen 14 Jahre alt. Der wenig einprägsame Name Yamanashi Silk Center musste weichen und wurde durch den wesentlich kürzeren Namen Sanrio ersetzt. Die angestellte Designerin Yūko Shimizu hatte eine große Schwäche für Katzen – besonders für das grinsende Fellknäul aus Lewis Carrolls Büchern „Alice im Wunderland“ und „Alice hinter den Spiegeln“. Nach ein paar Entwürfen hatte sie eine Figur zu Papier gebracht: Ein großer weißer Kopf, etwa doppelt so groß wie der Rest des Körpers, schwarze Punkte als Augen, eine gelbe Nase, aber kein Mund. Zudem eine schmückende Schleife am rechten Ohr.

Ihr Name ist Programm: ハローキティ, zu deutsch „Hallo Kätzchen“. Außerdem wird Kitty die meiste Zeit winkend abgebildet. Das ist kein Zufall, denn Shimizu orientierte sich bei ihrer Gestaltung an der Katzenrasse Japanese Bobtail, die in Japan als Glücksbringer gilt.

Keine Ähnlichkeit zur Inspiration: Wusstet ihr, dass die Vorlage für Hello Kitty die Grinsekatze war? | KI generiert

Ganz im Sinne der Kawaii-Kultur brauchte Kitty auch eine offizielle Charakterbeschreibung. Nach dieser ist sie an einem 1. November (Jahr unbekannt) in London geboren. Sie ist ganze fünf Goldäpfel groß, backt leidenschaftlich gerne leckere Kekse und liebt selbstgemachten Apfelkuchen. Ihre Biografie spiegelt die damalige Begeisterung der Japaner:innen für die westliche, insbesondere die britische Kultur wider und ist zudem ein cleverer Schachzug. So international und universell ausgerichtet, war Kitty bereit, weltweit die Herzen der Menschen zu erobern.

Hello Kittys Reise: Von der Geldbörse zur globalen Fangemeinde

Erste Bekanntschaft mit Hello Kitty machte die japanische Bevölkerung 1975, als sie sie auf einer kleinen Geldbörse entdeckten. Der Artikel lief so gut, dass das Unternehmen schnell weitere Produkte wie Schreibwaren oder Spielzeug auf den Markt brachte. Ähnlich wie bei Hasbro oder Lego wurde das Kätzchen in kürzester Zeit zum umsatzstärksten Lizenzprodukt, dass Sanrio zu bieten hatte. Weitere Charaktere wie My Melodie, ein kleines weißes Häschen, und Hello Kittys beste Freundin, Tuxedo Sam, ein kleiner pummeliger Pinguin oder Keroppi, der fröhliche Frosch, kamen schon bald hinzu.

Die Marke Hello Kitty schaffte es in den 1980er-Jahren, ihre Anhängerschaft über Japan hinaus auszuweiten und die Menschen weltweit von sich zu begeistern. Der Grund dafür lag in der Flexibilität ihres Designs: Durch die Einfachheit der Figur ließ sich jedes erdenkliche Produkt mit der ikonischen Katze bedrucken – vom Bleistift bis zum Modeaccessoire. Dank der Entscheidung, ihr keinen Mund zu geben, konnten sich Fans weltweit mit ihr identifizieren.

Nachdem die Designerin Yūko Shimizu das Unternehmen verlassen hatte, übernahm Yuko Yamaguchi die Betreuung der Brand. Keine leichte Aufgabe, schließlich war die Figur bereits fertig entworfen und etabliert. Für einen kreativen Menschen bedeutete das wenig Handlungsspielraum. Doch Sanrio arbeitet anders als die amerikanischen Firmen, in denen Formen, Größe und andere Merkmale ihrer Charaktere strengen Reglements unterliegen. Yamaguchi bekam Freiheiten, auch mal neue Wege zu gehen und so begleitet sie die Katze in der Rolle der Mentorin noch bis heute.

90er Retrofeeling und Pop-Sternchen

Die letzten Jahre wurden ruhig um das weiße Kätzchen. Die Kinder, die mit der Marke Hello Kitty groß wurden, waren mittlerweile erwachsen und hatten eigenen Nachwuchs in die Welt gesetzt. Disney und Co. waren globale Big Player und die Konkurrenz auf dem Merchandise-Markt entsprechend stark. Doch Mitte der 1990er-Jahre erlebte sie ein Comeback – und was für eines! Eigentlich war die Zielgruppe der Marke immer eindeutig: Kinder! Doch Hello Kitty wurde zunehmend von Erwachsenen übernommen – entweder, weil sie selbst während ihrer Kindheit mit der Figur aufgewachsen sind oder weil sie von dem Hype angesteckt wurden.

Schwestern im Geiste: Lady Gaga mit Hello Kitty zu deren 40. Geburtstag | © IBTimes

Plötzlich „outeten“ sich Prominente wie Paris Hilton und Popstars wie Mariah Carey oder Gwen Stefani als Fans der japanischen Katze. Auch in den 2000er-Jahren riss das Phänomen nicht ab. Zum 40. Geburtstag der Kawaii-Ikone, zeigte sich Lady Gaga stolz mit ihrer plüschigen Freundin auf dem roten Teppich. Hello Kitty wurde mehr und mehr zu einem Symbol für Popkultur und Lifestyle. Designer-Marken wie Swarovski produzierten Dekorationen mit der Lizenz; Modelabels wie Levi’s, Vans oder der Kultschuh-Brand Converse: Sie alle bildeten das Katzenmädchen ab!

Statement-Schuhe! Hello Kitty und Converse | © Sanrio

Vom Spielzeug zur Subkultur

Heute ist die Marke in über 60 Ländern bekannt und auf mehr als 50.000 Produkten vertreten – mehr als die Konkurrenten Barbie oder My Little Pony. Hello Kitty hat damit etwas geschafft, was neben ihr nur Produktherstellern wie Lego gelungen ist: Sie erschuff mit den sogenannten „Kidults“ eine völlig neue Zielgruppe. Also Erwachsene, die zwar älter, aber eben nicht erwachsen werden und ihre kindlichen Vorlieben bewusst beibehalten. Mittlerweile gibt es mehrere Fernsehserien, zahlreiche Computer-, Konsolen- und Handyspiele, zwei Erlebnisparks in Japan, ein weiterer ist in China geplant. Für viele Menschen geht ihre Liebe zu der Kawaii-Figur sogar bis unter die Haut und sie ist ein beliebtes Tattoo-Motiv geworden.

Mehr als ein Kawaii-Icon – Von der Heldin zur Mentorin

Hello Kitty schafft es, mehrere Generationen von Fans anzusprechen und erfindet sich ständig neu, bleibt dabei aber immer kawaii und sich selbst treu. Könnte sie damit nach all den Jahren die niedlichste Mentorin sein, die sich eine Zielgruppe wünschen kann? JA! Denn auf ganz subtile Art und Weise befähigt die kleine weiße Katze ihre Anhängerschaft dazu, Freundlichkeit, Empathie und Offenheit zu leben.

Obwohl Hello Kitty keinen Mund hat, übermittelt sie nonverbal wichtige Botschaften, die uns daran erinnern, dass manchmal Gesten viel mehr bedeuten als Worte. Als universelle Figur ohne spezifische kulturelle oder sprachliche Barrieren bringt sie uns bei, dass sie nicht an eine bestimmte Nationalität, Ethnie oder Gruppe gebunden ist und weltweit von unterschiedlichsten Menschen geliebt wird. Sie steht für die Idee, dass Gemeinschaft und Verbundenheit durch Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt geschaffen werden können.

Wenn Ihr jetzt Lust auf weitere Abenteuer und Heldengeschichten eurer liebsten Kinderserien und Filmfiguren habt, schaut doch auch einmal bei der Heldenreise von Disney*Pixar rein.

Michaela Bönsch

Michaela sucht immer neue Geschichten. Inspiriert durch den passenden Soundtrack im Ohr, sind ihrer Kreativität keine Grenzen gesetzt.

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