Vor längerer Zeit bekam ich eine Workshop-Anfrage von einem Interessenverband aus dem Gesundheitsbereich, welcher unter anderem auch mehr über Storytelling in Verhandlungen wissen wollte. Auch wenn es logisch erscheint, hatte ich mir bis dato noch keine großen Gedanken über spezielle Erzählmethoden in Verhandlungen gemacht. Doch je mehr ich dazu recherchierte, um so spannender fand ich es. Wie auch bei anderen Formaten ist Storytelling in Verhandlungen eine wirkungsvolle Technik, mit der Informationen effektiv vermittelt, Beziehungen aufgebaut und Ergebnisse beeinflusst werden können.
Auch in Verhandlungen wollen wir die Aufmerksamkeit und das Interesse unseres Gegenübers wecken. Deshalb ist es wichtig, dass wir statt rein datengetriebener Fakten unsere Argumente so darlegen, dass sie zum einen einprägsam und nicht vom Fluch des Wissens gespickt sind und zum anderen als sympathisch und hilfreich wahrgenommen werden. Persönliche Anekdoten, Erfahrungsberichte oder Fallbeispiele untermauern die eigenen Vorschläge und unterstützen dabei, eine emotionale Nähe zum Verhandlungspartner zu schaffen.
Zudem trägt Storytelling dazu bei, den ganzen Verhandlungsprozess zu vermenschlichen. Am Ende sitzen nicht nur gesichtslose Parteien am Tisch, sondern reale Menschen, die im Grunde das gleiche Ziel verfolgen. Wenn man es also schafft, durch Geschichten eine persönliche Verbindung zur Person gegenüber herzustellen, ist diese beispielsweise viel eher bereit Kompromisse einzugehen und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen.
Natürlich ist es erstrebenswert, dass eine Verhandlung als Startschuss für eine gemeinsame berufliche Beziehung angesehen wird. Andererseits hat jede Partei konkrete Vorstellungen, wie die zukünftige Zusammenarbeit aussehen soll und was ihr dabei wichtig ist. Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, ist deshalb der Einsatz von beispielhaften Geschichten, welche die Vorteile und positiven Konsequenzen aufzeigen, ein gutes Mittel für eine zufriedenstellende Einigung. Die meisten Geschichten, die wir kennen, haben ein Happy End. Genau solch ein gutes Ende – also die Vision, wo es gemeinsam hingehen könnte – sollte auch im Mittelpunkt der Erzählung stehen.
Wie bei Präsentationen oder im Vertrieb, ist es auch in Verhandlungen wichtig, das Publikum bereits im Vorfeld möglichst gut zu kennen. Fragen, die man sich hier stellen kann, sind: Was weiß die andere Partei schon über mich und meine Ausgangposition? Welche feste Meinung oder welche Vorurteile hat mein:e Gesprächspartner:in bei dem Thema? Gibt es eventuell Gemeinsamkeiten oder Schnittstellen, die ich für meine Argumentation nutzen kann?
Kenne ich meine Zielgruppe, kann ich mir überlegen, welche Art von Plot für meine Situation am besten geeignet ist. Ähnlich der 7 Basic Plots von Christopher Booker gibt es für Verhandlungen passende Storys, die man je nach Anlass der Unterredung verwenden kann.
Beispiel: Statt weiterhin gegeneinander zu arbeiten und sich in Rechtsstreitigkeiten zu verlieren, entschieden sich die beiden erbitterten Konkurrenten Microsoft und Sun Microsystem gemeinsam an kreativen Lösungen zu arbeiten und erzielten dadurch ein besseres Ergebnis, von dem beide langfristig profitierten.
Beispiel: Auch zwei andere Zankäpfel aus der Technologiebranche – nämlich Apple und Samsung – verbrachten mehr Zeit mit Streitigkeiten zu Patentrechten als der eigentlichen Entwicklung ihres Produkts. Irgendwann erkannten sie die Notwendigkeit, einen Kompromiss einzugehen, und konnten sich danach wieder auf ihr Geschäftsmodell konzentrieren.
Beispiel: Bei einem geplanten Getränkedeal zwischen den zwei bekannten Brands McDonald‘s und Coca-Cola beharrte zunächst jede Partei auf ihre Standpunkte. Sie erkannten jedoch, dass sie Zugeständnisse machen müssen, wenn sie ihren Kund:innen das bestmögliche Erlebnis bieten wollen.
Beispiel: Walt Disney suchte für sein ehrgeiziges Projekt – seinen Freizeitpark Disneyland – einen finanziellen Partner. Der TV-Sender ABC war zwar interessiert, aber die Zahlen sprachen dagegen. Mit seinem visionären Auftreten und seinem festen Glauben an den Erfolg, konnte er aber das Vertrauen des Fernsehsenders gewinnen.
Beispiel: 1984 wollte Nike als aufstrebendes Unternehmen mit Michael Jordan einen jungen, talentierten Sportler als Testimonial gewinnen. Dieser zeigte aber mehr Interesse an einer anderen Marke. Der Berater Rob Strasser nutzte sein langjähriges Fachwissen, um das Potenzial für die Kooperation aufzuzeigen, und überzeugte so den Profisportler.
Solche kleinen Anekdoten sind hilfreich, um in Verhandlungen Vertrauen zu wecken und eine gemeinsame Ebene zu schaffen. Noch besser sind eigene persönliche Geschichten, die man im Repertoire hat. Wichtig ist auch, die Story mit einem Vorschlag zu verknüpfen und zu zeigen, wie diese die vorgebrachten Argumente unterstützt und dem Gegenüber nützt.
Um Geschichten in Verhandlungen erfolgreich einzusetzen, hilft es die grundsätzlichen Methoden des Storytellings zu beherzigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Storytelling ein wertvolles Instrument in Verhandlungen sein kann. Es hilft dabei, die andere Partei in die Geschichte einzubinden und damit zu fesseln, Beziehungen zum Gegenüber aufzubauen und die Ergebnisse in die gewünschte Bahn zu lenken.
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